Giuliana Kiersz ist Stipendiatin der Akademie Schloss Solitude. Foto: Antú Martín

Das Linden-Museum hat einen neuen Audioguide in Betrieb genommen, der feministisch sein will. Konzipiert hat ihn die Künstlerin Giuliana Kiersz. Wir haben getestet, was er taugt.

Stuttgart - Museen haben es derzeit nicht leicht. Immer häufiger gibt es Kritik an dem, was Jahrzehnte selbstverständlich war. Das Linden-Museum weiß, dass es in seinen Vitrinen manch heikles Objekt stehen hat, das während der Kolonialzeit unter unschönen Bedingungen nach Stuttgart kam. Höchste Zeit, über die Institution Museum an sich nachzudenken, meinte die argentinische Künstlerin Giuliana Kiersz. Sie ist derzeit Stipendiatin an der Akademie Schloss Solitude und hat einen Audioguide für das Linden-Museum entwickelt, der aufhorchen lässt, denn „Un museo“ sei ein poetischer, feministischer Audioguide. Das macht neugierig.

Es geht nicht um die Ausstellungsstücke

Es gibt ihn kostenlos zur Eintrittskarte dazu – und die Künstlerin hat den zwanzigminütigen Rundgang selbst eingesprochen in Deutsch, Englisch und Spanisch. Kiersz begleitet das Publikum hinauf in die Ausstellung. Erste Station: der orientalische Bazar. Doch schon bald stellt man fest, dass es offenbar nicht um die Handwerksgeräte und kleinen Werkstätten geht, es geht überhaupt nicht um die Objekte selbst, sondern um die Institution Museum an sich.

Fragen über Fragen

„Warum sind Sie hier?“, fragt Giuliana Kiersz aus dem Off, „Was sagt das Museum durch die Architektur?“ Es folgen zahllose Fragen, die zum Nachdenken anregen wollen – um dann Thesen nachzuschieben: „Der Ausstellungssaal ist eine Form von Gewalt ... Der Ausstellungssaal ist ein Spiegel der Gesellschaft“. Kiersz arbeitet mit Wiederholung, als wolle sie dem Publikum die Gedanken ins Hirn hämmern. „Eine Stimme ist ein Forum, eine Welt zu sehen ... Eine Stimme ist eine Haltung ... Eine Stimme ist ein Privileg.“

Gemeinplätze helfen nicht weiter

Das ist alles richtig und wichtig, aber weder poetisch und schon gar nicht feministisch, sondern nur ein weiteres der zahllosen Angebote im Museum, die nur sich selbst und nicht die Rolle des Publikums im Blick haben. Ein Audioguide sollte wenigstens im Ansatz darauf abgestimmt sein, dass man mit ihm durch die Räume geht, um der Ausstellung näherzukommen. Das Linden-Museum selbst versucht ja seit Jahren, den Spagat hinzubekommen, Exponate so zu vermitteln, dass das Publikum die heiklen Fragen zur Institution Museum zugleich bedenkt. Das ist eine enorme Herausforderung, die man mit Gemeinplätzen nicht bewältigen kann, auch wenn sie noch so gut gemeint sein mögen.