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Soziales: Das Begegnungszentrum Neuenbürg wird ein Jahr alt / Hier gibt es Beratung, offene Treffs und die Möglichkeit einzukaufen

Im April vergangenen Jahres hat das Neuenbürger Begegnungszentrum seine Pforten geöffnet. Die Betreiber und Ehrenamtlichen sind bislang zufrieden mit der Entwicklung. In manchen Bereichen gebe es aber durchaus noch Luft nach oben.

Neuenbürg. Es ist Donnerstagnachmittag, kurz nach 14 Uhr. Seit einer halben Stunde hat das Café im Unterwässerweg geöffnet und ganz allmählich beginnt es sich zu füllen. An mehreren Tischen nehmen einsame Rentner neben Familien mit Kindern Platz. Ehrenamtliche servieren leckere, selbst gebackene Kuchen zum Kaffee. Wer möchte, kommt miteinander ins Gespräch, wer nicht, lässt sich einfach nieder und genießt den Trubel, anstelle der tristen Einsamkeit zu Hause.

Nur noch wenig erinnert an den Supermarkt, der hier einmal beheimatet war. Die große Ladenfläche wirkt durch mehrere Raumteiler wesentlich kleiner, das Sortiment mit Lebensmitteln, Kleidung und Spielzeug ungewöhnlich breit. Zudem sehen die Regaleinheiten und die Einrichtung unterschiedlich, auf eine Art untypisch aus. Man fühlt sich eher, als würde man in einem großen Wohnzimmer stehen – irgendwie gemütlich und einladend.

Und genau das ist es auch, worum sich die vielen, überwiegend ehrenamtlichen Frauen und Männer bemühen: Dass die Leute, die hier her ins Begegnungszentrum kommen, gerne kommen und sich wohlfühlen. Dafür legen sich die Betreiber vom Diakonieverband Nordschwarzwald, dem Netzwerk Asyl und der Erlacher Höhe mächtig ins Zeug. "Wir wollen so ein Miteinander erreichen", erklärt Anne Pfrommer vom Diakonieverband, "dass die Leute kommen und einkaufen und dass sie im Anschluss dableiben und bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch kommen." Zu kaufen gibt es im Begegnungszentrum so einiges: Neben frischem Obst und Gemüse gibt es verschiedenes Brot, Konserven, Milch und Joghurt, Wurst und Käse sowie Lebensmittel von Supermärkten aus der Region Calw. Man müsse allerdings schon ein wenig ideenreich sein, erklärt die Sozialberaterin, da die Auswahl eben geringer als im Supermarkt sei: "Es ist ein ergänzendes Versorgungsangebot, das die Menschen hier bekommen." Dafür aber sind die Preise auch sehr viel moderater – ein Brot kostet um die 50 Cent, Wurst und Käse ähnlich. Nach Preisen, die die Ein-Euro-Marke überschreiten, muss man lange suchen.

Preiswerte Kleidung und Lebensmittel

Ähnlich günstig sind direkt nebenan auch Kleidung, Schuhe, Spielsachen, Geschirr und andere praktische Haushaltshelfer aus zweiter Hand zu haben. Herren und Damen T-Shirts gibt es ab zwei Euro, eine Hose ab vier Euro. "Wir wollen, dass auch Leute, die nicht viel haben, sich mal ein schönes Marken-Shirt oder eine schöne Jacke kaufen können", erklärt Kathrin Frenzel von der Sozialeinrichtung Erlacher Höhe.

Und wer nach dem Einkauf noch ein wenig gemütlich sitzen möchte, kann das eben im angeschlossenen Kaffee tun. Das Kaffee- und Kuchenangebot basiere dabei auf Spendenbasis, berichtet Pfrommer: "Jeder der kann, darf etwas in die Kasse legen, es gibt aber keinen Zwang."

In regelmäßigen Abständen finden im Begegnungszentrum auch offene Treffs wie das Trauercafé statt, zu denen jeder kommen kann, der mag – ohne Anmeldung. Außerdem sind zu den Öffnungszeiten meist auch Sozialberater des Diakonieverbands da, die Menschen mit Problemen gerne unterstützen – egal, um welche Art von Problemen es sich handelt. Die diakonische Beratungsstelle hilft bei Einsamkeit, finanziellen Problemen, Problemen mit dem Partner oder sich selbst, Behörden oder Integrationsschwierigkeiten. "Wir wollen einen Raum für Begegnung schaffen und diesen Raum mit Leben füllen", sagt Pfrommer. Die offenen Treffs wollen sie und Ihre Kollegen an der Nachfrage in ihrer Beratungstätigkeit orientieren.

Dieses umfassende Angebot unterscheidet das Begegnungszentrum und Sozialkaufhaus Neuenbürg von Tafelläden. Ein weiterer Unterschied ist, dass das Haus für jedermann offen steht. Man muss seine Bedürftigkeit nicht nachweisen, um im Laden einkaufen zu können. Damit wollen Pfrommer und Frenzel vor allem die Hemmschwelle für die Menschen senken. "Natürlich wäre es nicht schön, wenn das System missbraucht wird, aber bislang haben wir keine schlechten Erfahrungen gemacht", so Pfrommer.

Rund 30 ehrenamtliche Helfer engagieren sich im Begegnungszentrum. Einige von ihnen sind Langzeitarbeitslose, die man in das Projekt integriert hat, damit sie wieder einer geregelten Tätigkeit nachgehen und soziale Kontakte knüpfen können. "Wie ich das mitbekomme, kommen die Maßnahme-Teilnehmer gerne zu uns", berichtet Frenzel, "die sinnvolle Beschäftigung ist sehr förderlich für ihr Selbstbewusstsein, sie lernen Teamfähigkeit und Zuverlässigkeit und werden von uns auch sozialpädagogisch betreut." So klappe die Zusammenarbeit im Team sehr gut.

Im April wird das Begegnungszentrum ein Jahr alt. Ein Grund zum Feiern. Denn während Bedürftige früher häufig lange Wege nach Pforzheim in Kauf nehmen mussten, können sie sich jetzt sehr viel bequemer im Ort versorgen. Zwar wünschen sich die beiden Frauen, dass das Angebot noch besser angenommen wird als bislang. Doch die, die kommen, vermitteln ein gutes Gefühl: "Viele Gäste sagen, dass sie sich freuen, dass es uns gibt. Das zeigt uns, dass es gut ist, dass wir da sind."