Windkraft: Stadt Neuenbürg versagt Einvernehmen und stellt Zurückstellungsantrag, um Pläne für Windpark zu verzögern

Schon lange ist bekannt, dass die Firma "BayWa r.e." einen Windpark auf Neuenbürger und Schömberger Gemarkung errichten möchte. Die Stadt nutzt jedoch alle Möglichkeiten, um die Errichtung der Windräder zumindest zu verschleppen.

Neuenbürg. Das Thema Windkraft polarisiert – nicht nur in den politischen Gremien. Insbesondere Anwohner in Windkraft-Reichweite sind besorgt. Darum war der Gemeinderatssaal am vergangenen Dienstagabend, als Entscheidungen zum geplanten Windpark am Standort Langenbrander Höhe/Hirschgarten auf der Tagesordnung standen, auch voll wie lange nicht. Insbesondere Anwohner aus Waldrennach sind gekommen, auf deren Gemarkung drei der fünf geplanten Windräder errichtet werden sollen.

Bürgermeister Horst Martin stellte klar, dass es relativ schwierig sei, sich als Stadt gegen Windparks zu wehren. Bestes Beispiel sei die Gemeinde Dobel, die beim Versuch den Straubenhardter Windpark zu verhindern, gescheitert ist. "Offensichtlich will die Politik das momentan, um dem Klimawandel zu begegnen", erklärte Martin in der Ratssitzung. "Heute konzentrieren wir uns auf unsere Möglichkeiten, aber wir werden es nicht abwehren können."

Worum geht es?

Das Landratsamt Enzkreis befasst sich seit Mitte Januar mit dem von der Firma "BayWa r.e. Wind GmbH" eingereichten Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen (WEA). Zwei von ihnen sollen auf Schömberger, drei auf Neuenbürger Gemarkung stehen. Die Windräder des Typs Nordex N149 könnten insgesamt 22,5 Megawatt Energie pro Jahr liefern. Jede der Anlagen wäre knapp 240 Meter hoch. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens muss das Landratsamt den zuständigen Gemeinden, auf deren Gemarkung die Windräder errichtet werden sollen, die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen.

Was will die Stadt Neuenbürg?

Die Stadtverwaltung möchte die Errichtung der WEA im Bereich Hirschgarten zumindest so lange verzögern, bis eine abschließende Teilflächennutzungsplanung (FNP) "Windenergie" ausgearbeitet ist. Grund dafür ist, dass man die "gemeindliche Planungshoheit uneingeschränkt gewährleistet" sehen und nicht durch vollendete Tatsachen in diesem Recht beschnitten werden möchte. Martin sagte dazu: "Entweder die Kommune legt fest, wo sie Windkraft substanziell Raum gibt, oder Projektierer können überall dort Windkraftanlagen bauen, wo sie genehmigt werden." Um diesen "substanziellen Raum" zu erschließen, ist der FNP notwendig.

Welche Möglichkeiten hat die Stadtverwaltung?

Zum einen kann die Stadtverwaltung das "gemeindliche Einvernehmen" für das konkret vorliegende Bauprojekt versagen, das für die Errichtung der Anlage pro forma notwendig ist, um der Stadt die Mitwirkung am Genehmigungsprozess zuzusichern. Das Versagen muss jedoch sachlich begründet sein – in diesem Fall möchte man "bauplanungsrechtliche Gründe" anführen. Im Anschluss prüft das Landratsamt, ob das "gemeindliche Einvernehmen" zu Unrecht versagt wurde und könnte das Einvernehmen in diesem Fall ersetzen. Zum anderen kann die Stadtverwaltung einen Zurückstellungsantrag für ein Jahr stellen, um den eigenen FNP abzuschließen. Ein erster Zurückstellungsantrag wurde jedoch 2017 vom Landratsamt abgelehnt. Damit der neuerliche Versuch erfolgreicher abläuft, hat die Stadt anwaltliche Hilfe von der Karlsruher Kanzlei Nonnenmacher hinzugezogen.

Wie hat der Gemeinderat entschieden?

Der Gemeinderat ist mehrheitlich den Vorschlägen der Stadtverwaltung gefolgt und hat beschlossen, sowohl das "gemeindliche Einvernehmen" zu versagen als auch den Zurückstellungsantrag zu stellen. Außerdem solle die Stellungnahme der Stadt zum Sachverhalt auch weiterhin die ablehnende Haltung gegenüber dem geplanten Windpark unterstreichen. Gegenstimmen und Enthaltungen gab es lediglich aus der Grünen-Fraktion und vereinzelt aus der Fraktion der Unabhängigen Wählervereinigung. Peter Kreisz (Grüne) hätte die Entscheidungen gerne zurückgestellt, wie es zuvor bereits in Engelsbrand geschehen war, und vorab eine Infoveranstaltung mit Experten abgehalten, um die emotional aufgeladene Debatte auf eine sachliche Ebene zurückzuführen. Alfred Gerwig (UWV) begrüßte die Entscheidungen: "Ich finde das gut, dass wir dagegen halten." Ob es aber einen Wert habe, denke er nicht, da man gesehen habe, was in Straubenhardt passiert ist. Die Gemeinde Dobel habe gekämpft und 130 000 Euro für Gutachten und Anwaltshonorare "für die Katz" investiert.

Was bedeuten die Entscheidungen für den weiteren Prozess um die Windräder?

Das Landratsamt Enzkreis, dem nach den jüngsten Entscheidungen wieder der Ball des Handels zugespielt werden dürfte, äußert sich derzeit nicht zum Thema. Auf Anfrage heißt es, man wolle sich "grundsätzlich nicht zu Ablauf, Erfolgsaussichten und möglichen Rechtsmitteln, beziehungsweise dem Inhalt von Stellungnahmen und Anträgen der beteiligten Gemeinden, die noch nicht einmal gestellt sind, äußern". Fest steht jedoch, dass diese Entscheidungen den Prozess um die Windräder noch einmal verzögern könnten. Denn zunächst sind der Antrag auf Zurückstellung sowie das Versagen des "gemeindlichen Einvernehmens" vom Landratsamt zu prüfen. Wird dem stattgegeben wird das Verfahren ohnehin für ein Jahr auf Eis gelegt. Wenn nicht, muss die Stadt noch einmal angehört werden und Stellung zu den Anträgen nehmen.

Wann sollen die Windräder stehen?

Der Windpark soll laut Antragsangaben für die "immissionsschutzrechtliche Genehmigung" im Mai 2021 ans Netz gehen. Rund 32 Millionen Euro lässt sich die Firma "BayWa r.e. Wind GmbH" das Projekt kosten. Ob der Zeitraum mit den Verzögerungen allerdings eingehalten werden kann, bleibt fraglich.

"Ein Verfahren läuft entsprechend lange, das können wir Ihnen nicht ersparen, liebe Bürgerinnen und Bürger", sagte Neuenbürgs Bürgermeister zum Ende der Debatte. Man werde jedoch Stellung beziehen und die vorgelegten Gutachten entsprechend prüfen, gegebenenfalls auch ein eigenes erstellen. Außerdem versprach er, in die Prüfung besonders die Bedenken der Ratsmitglieder und der anwesenden Bürger zu den Themen Abstände, Artenschutz und dem Infraschall mit einzubeziehen.

Auch der Gemeinderat von Schömberg, der am vergangenen Dienstagabend zu demselben Thema tagte, hat das gemeindliche Einvernehmen zu den Plänen von BayWa und Landratsamt versagt. Bis der Windpark kommt, könnte es also noch ein langer Prozess werden.