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Seit Jahren betreibt die Deutsche Post keine Filialen mehr mit eigenem Personal. Einzelhandelspartner sind günstiger.

Straubenhardt/Neuenbürg/Bonn - Zum 1. Juli hebt die Post das Briefporto seit mehr als drei Jahren Preisstabilität wieder an. Auch der Paketversand boomt dank Online-Handel weiterhin. Doch was bekommen die Partner der Post in den regionalen Einzelhandelsfilialen vom Kuchen ab?

"Seit Jahren betreibt die Deutsche Post keine Filialen mehr mit eigenem Personal in eigenen Räumlichkeiten", erklärt Gerold Beck, Leiter der Pressestelle Süd der Deutschen Post. Stattdessen sucht sich die Post geeignete Partner – häufig Einzelhändler mit bestehendem Ladengeschäft – und überlässt diesen Annahme und Verkauf von Postdienstleistungen.

Ein Modell mit dem die Deutsche Post nicht schlecht fährt. Innerhalb der vergangenen 20 Jahre konnte das Unternehmen seinen Umsatz auf rund 61,6 Milliarden Euro (2018) etwa vervierfachen. Der operative Gewinn des Konzerns ist im selben Zeitraum sogar fast um das zwölffache angewachsen. Dass die Rentabilität der Deutschen Post in den vergangenen beiden Jahrzehnten enorm angestiegen ist, ist zwar nicht nur, aber nicht zuletzt auch auf den Strategiewechsel zurückzuführen.

Dieser Trend hin zu Partnerfilialen, berichtet Beck, habe vor etwa 25 Jahren begonnen. "Natürlich gab es damals erst mal einen Aufschrei von Postkunden und Kommunalpolitikern", so der Pressestellenleiter weiter. Sehr schnell sei dann jedoch klar geworden, dass dieser Weg sehr erfolgreich würde. "Die Zusammenarbeit mit Einzelhändlern ist eine Kooperation, von der alle Beteiligten – Einzelhändler, Postkunden und auch die Deutsche Post profitieren." Die Kunden hätten dadurch weiterhin eine Anlaufstelle vor Ort – meist bei "deutlich verbesserten" Öffnungszeiten – und gegebenenfalls die Möglichkeit, weitere Dinge im Geschäft zu erledigen oder zu besorgen.

Die Post, auf der anderen Seite, muss sich bei den Ladengeschäften nicht mehr um steigende Miet- oder Immobilienpreise oder hohe Personalkosten sorgen. Dadurch konnte die Netzdichte der Filialen in den vergangenen zehn Jahren sogar noch ausgebaut werden: Von rund 17 000 (2008) auf etwa 27 000 (2018).

Und die Einzelhändler hätten von Anfang an von Kundenzuwachs, einer höheren Kundenfrequenz und zusätzlichen Einnahmen profitiert, berichtet Beck: "Viele konnten nur dadurch ihr Geschäft vor Ort erhalten." Grundgedanke sei, dass die Partner "ergänzend zum Kerngeschäft" Postdienstleistungen anbieten.

Doch die Arbeit, die die Einzelhändler für die Post verrichten, läuft nicht immer einfach so nebenher. Ein Partner aus dem Enzkreis sagt gegenüber dem Schwarzwälder Boten: "Die Post verkauft das sozusagen als Nebeneinkunft. Dabei ist das eigentlich ein Hauptjob." Der Geschäftspartner berichtet, dass er zu seiner eigentlichen Arbeit überhaupt nicht mehr komme. Denn das Kerngeschäft liegt eigentlich woanders. Gut 80 Prozent der Arbeitszeit gingen indes für Tätigkeiten der Post drauf. "Es ist ein Haufen Geschäft und der Ertrag ist dafür nicht, wie er sein sollte", so der Post-Partner. Zwar bekomme man ein gewisses Fixum, sei aber auch auf die Verkaufsprovision angewiesen, weil dieses "nicht sonderlich üppig" sei. Der Partner appelliert daher an die Kunden, Brief- und Paketmarken nicht im Netz, sondern im Geschäft zu kaufen. "Schließlich geben sie ihre Sendungen auch bei uns ab."

Ein anderer Post-Partner aus dem Enzkreis sieht die Zusammenarbeit mit der Deutschen Post positiver: "Jeder hat das Recht, sich über seinen Lohn zu beklagen. Mehr Geld wünsche ich mir natürlich auch, aber das kann man nicht herbeizaubern." Seinen gelernten Beruf hat der Einzelhändler für die Selbstständigkeit aufgegeben. Doch ohne den Ehepartner, so der Einzelhändler, wäre das nicht möglich, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen. "Die Zusammenarbeit mit der Post ist aber recht angenehm, ich beklage mich nicht." Dennoch sagt auch dieser: "Reich wird man von diesem Job nicht. Nur von dem Lohn der Post könnten wir nicht leben."

Das sei aber auch nicht das Ziel der Post, so Beck. Er sagt: "Klar ist [...] auch, dass das Postgeschäft finanziell nicht das Gesamtgeschäft des Einzelhändlers tragen kann." Genau aus diesem Grund habe die Post vor Jahrzehnten seine Strategie hin zu Partnerfilialen geändert. Die Bezahlung sei jedoch so, dass sie "dem Aufwand des Einzelhändlers für das Brief- und Paketgeschäft gerecht wird".

Doch auch bei einem dritten Partner der Post aus dem Enzkreis sieht es mit Verkaufsprovision schlecht aus: "In der Regel sind die Sendungen bereits fertig frankiert, wenn sie bei uns im Laden abgegeben werden." Hier sei das jedoch nicht schlimm. "Uns geht es nicht um die Vergütung, die macht bei uns einen Bruchteil des Gesamtumsatzes aus. Wir können den Kunden mit der Dienstleistung ein Rund-um-Paket bieten." Daher habe dieser Partner auch kein Problem mit der Post, ganz im Gegenteil. Dieser sieht die Zusammenarbeit mit der Post positiv, weil sie eine gewisse Kundenfrequenz in den Laden bringe. "Wir müssen sehen, wie wir die Leute bei zunehmendem Online-Handel in die Geschäfte bekommen", so der Post-Partner. Die Annahme von Paketen sei dazu ein probates Mittel. Denjenigen, die die Zusammenarbeit mit der Post beklagen, rät dieser Partner zur Besonnenheit: "Das kann ja jeder machen oder auch lassen."

Von einem Win-Win-Modell für Post und Post-Partner zu sprechen, ist zumindest fragwürdig. Denn wenn die Frequenz durch deren Kunden so hoch ist, dass der Händler zum Kerngeschäft des Shops nicht mehr kommt, so kann das nicht förderlich sein. Vor allem dann nicht, wenn der Partner von dem Geld, das die Post bezahlt, nicht leben kann. Außerdem kennt wohl jeder die gestressten Online-Käufer, die ihre Pakete im XXL-Format dank kostenloser Rücksendung bereits vorfrankiert in die Filiale tragen und nichts anderes im Sinn haben, als das Paket schnellstmöglich abzugeben und den Laden wieder zu verlassen. Da verpufft die gelobte Frequenz ins Leere. Ein Großkonzern sieht sich grundsätzlich in einer besseren Verhandlungsposition als der einzelne Händler. Die Win-Win-Situation ist damit im Zweifel sehr ungleich verteilt. Ähnliches gilt in der Automobilbranche für Fahrzeughersteller und deren Zulieferer oder bei den Supermärkten und ihren Lieferanten. Je höher man in der Nahrungskette steht, desto größer die Dominanz Das ist auch bei der Post nicht anders.

Kommentar: Win-Win-Modell?

Von Christoph Jänsch

Von einem Win-Win-Modell für Post und Post-Partner zu sprechen, ist zumindest fragwürdig. Denn wenn die Frequenz durch deren Kunden so hoch ist, dass der Händler zum Kerngeschäft des Shops nicht mehr kommt, so kann das nicht förderlich sein. Vor allem dann nicht, wenn der Partner von dem Geld, das die Post bezahlt, nicht leben kann. Außerdem kennt wohl jeder die gestressten Online-Käufer, die ihre Pakete im XXL-Format dank kostenloser Rücksendung bereits vorfrankiert in die Filiale tragen und nichts anderes im Sinn haben, als das Paket schnellstmöglich abzugeben und den Laden wieder zu verlassen. Da verpufft die gelobte Frequenz ins Leere. Ein Großkonzern sieht sich grundsätzlich in einer besseren Verhandlungsposition als der einzelne Händler. Die Win-Win-Situation ist damit im Zweifel sehr ungleich verteilt. Ähnliches gilt in der Automobilbranche für Fahrzeughersteller und deren Zulieferer oder bei den Supermärkten und ihren Lieferanten. Je höher man in der Nahrungskette steht, desto größer die Dominanz Das ist auch bei der Post nicht anders.