In exponierter Lage liegt das Schloss Neuenbürg auf dem Enzumlaufberg hoch über der ehemaligen Oberamtsstadt. In 2021 kann es auf 20 Jahre nach Sanierung und Wiedereröffnung zurückblicken.Foto: Schloss Neuenbürg Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Schloss Neuenbürg kann in 2021 auf zwei Jahrzehnte seit Wiedereröffnung zurückblicken / "Gepflegtes Ensemble"

Schloss Neuenbürg: Im kommenden Jahr kann man auf 20 Jahre seit der offiziellen Übergabe nach jahrelanger, umfassender Sanierung am 30. Juni 2001 zurückblicken.

Neuenbürg. Grund genug, für die Stadt als Betreiber, den Enzkreis als Förderer, das Land als Eigentümer sowie das Badische Landesmuseum, dessen Zweigstelle das Nordschwarzwaldmuseum im Schloss Neuenbürg ist, gemeinsam ein Jubiläumsprogramm auf die Beine zu stellen. Museumsleiterin Jacqueline Maltzahn-Redling steckt bereits mitten in den Vorbereitungen.

Für den Schwarzwälder Boten ist dies auch Anlass, die Vertreter der Träger und Unterstützer zur aktuellen Situation und zu den Perspektiven der Kultureinrichtung zu befragen. Diese treffen sich zwei Mal jährlich im sogenannten "Schlossbeirat", um übergeordnete Fragen der Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten und zur künftigen strategischen Ausrichtung des Betriebs abzustimmen.

Insbesondere angesichts stetig sinkender Besucherzahlen, in erster Linie im Museumsbereich, und einem hohen jährlichen Defizit (2019 lag es bei 263 370 Euro) waren Überlegungen zur zukünftigen Ausrichtung des Neuenbürger Schlosses immer wieder ein Thema für die Beiratsmitglieder. Für Pia Riegert-Matt, zum Zeitpunkt der Umfrage noch Leiterin des Pforzheimer Amtes von Vermögen und Bau Baden-Württemberg, ist das Schloss Neuenbürg "eines der zahlreichen bedeutenden Kulturdenkmale des Landes Baden-Württemberg, das als solches und durch seine vielfältigen öffentlichen Nutzungen eine durchaus herausragende Rolle spielt". Die historische Anlage ist für sie "ein gelungenes und gepflegtes Ensemble, dessen Konzept sich unter den gegebenen Rahmenbedingungen bis heute bewährt hat".

Riegert-Matt zeigt sich auch beeindruckt vom Engagement der Museumsleiterin Jacqueline Maltzahn-Redling für deren "immer wieder sehenswerte Wechselausstellungen und attraktive Veranstaltungsprogramme" sowie der Gastronomiefamilie Batista. "Schloss Neuenbürg ist unser Ort im Schwarzwald, der hier mit dem ›kalten Herz‹ auf ganz besondere Weise thematisiert wird. Es ist schön gelegen, bietet Räume für verschiedene Nutzungen wie Tagen und Feiern, ein Museum und attraktive Sonderausstellungen und erreicht über zusätzliche Veranstaltungen ein großes Publikum", beschreibt Eckart Köhne, Direktor des Badischen Landesmuseums, den Stellenwert einer von insgesamt acht Zweigstellen der Kulturstätte im Karlsruher Schloss. Er räumt jedoch ein, dass das Museum mit dem "kalten Herz" technisch und inhaltlich in die Jahre gekommen und die Besucherzahlen trotz einer großen Zahl treuer Fans schon seit Längerem rückläufig seien. Auch wenn das von dem Schweizer Büro Steiner entwickelte Konzept mit seiner poetischen Art der Darstellung vor 20 Jahren revolutionär gewesen sei und als künstlerisches Gesamtkunstwerk ein großes Publikum fand, müsse man jetzt neue Attraktivitäten schaffen, meint Köhne. "Es wird immer schwieriger, den technischen Betrieb der Installation zu gewährleisten", schildert er. Aus seiner Sicht ist es nach einer Generation an der Zeit, eine fachliche Neuaufstellung zu planen. Er plädiert dabei für eine weiterhin sehr familienfreundliche Ausrichtung mit dem Schwerpunktthema "Schwarzwald" und eine weitere Digitalisierung im Museumsbereich sowie in der Kommunikation. Hier gibt es seiner Ansicht nach viel Potenzial, nicht nur um für Einheimische attraktiv zu bleiben, sondern sich auch verstärkt touristisch zu positionieren.

Thema "Kelten"

Inwiefern hier die Kelten eine Rolle spielen, möchte er angesichts des von der Landesregierung jüngst aufgelegten Keltenkonzeptes noch nicht näher definieren. "Man muss überlegen, wie man das Thema für Neuenbürg aufarbeiten und mit geeigneten Exponaten darstellen kann. Es gibt in Neuenbürg einen gut erforschten keltischen und auch mittelalterlichen Bergbau mit interessanten, aber nicht ganz so spektakulären Funden." Das Thema "Kelten" als Teil des größeren Gesamtkontextes "Schwarzwald", der die Geschichte des Schlosses entscheidend geprägt hat, kann er sich aber durchaus vorstellen.

Überlegungen zu einer Neuausrichtung des Museums nach 20 Jahren gibt es laut Bürgermeister Horst Martin schön länger. Hierzu sollen erste Ideen entwickelt werden. "Das Museum hat in Kooperation mit dem Medienzentrum Pforzheim-Enzkreis bereits einen Actionbound (eine Art digitale Schlossrallye, Anmerkung der Redaktion) für Familien mit Kindern und Schulklassen entwickelt", informiert Martin. Für die Umsetzung eines Erlebnisguides, der via Smartphone heruntergeladen werden kann, müssten unter anderem auch die technischen Voraussetzungen geprüft werden. "Das Schloss mit seinem deutschlandweit immer noch einzigartigen Museum hat in den letzten Jahren einen Zuwachs an Touristen auch aus dem außereuropäischen Ausland erfahren. Das zeigt eindeutig, dass unser Schloss selbst für Viel- und Weitergereiste ein attraktives Ausflugsziel ist. Das ›kalte Herz‹ ist bis heute in seiner Art einzigartig. Die Umsetzung mit künstlerisch gestalteten Holzfiguren in Form einer begehbaren theatralischen Inszenierung begeistert die Besucher immer noch. Das belegen auch die herzerwärmenden Gästebucheinträge. Besonders in der heutigen digitalisierten Welt schätzen die Besucher offenbar das Kantige und Urwüchsige umso mehr und kommen immer noch gerne über die – weiterhin aktuelle – Botschaft des Märchens ins Gespräch. Auch die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt fühlen sich ›ihrem‹ Schloss verbunden und identifizieren sich damit. Dies zeigt auch das große ehrenamtliche Engagement", führt das Neuenbürger Stadtoberhaupt aus.

Das Schloss werde seiner Ansicht nach auch in Zukunft ein Leuchtturm bleiben, nicht nur für die Stadt Neuenbürg, sondern auch – zusammen mit der Klosteranlage Maulbronn – für die gesamte Region und den Nordschwarzwald. Mit einem neuen zeitgemäßen Museumskonzept und einer gut funktionierenden Gastronomie sieht Martin die Kultureinrichtung als ausbaufähig an. Sollten die Kelten und die Eisengewinnung ein zukünftiges Thema sein, werde das Bergwerk automatisch in ein Konzept eingebunden werden. Als Vertreter des Enzkreises nimmt Finanzdezernent Frank Stephan an den Schlossbeiratssitzungen teil. Dessen Chef Bastian Rosenau zeigt sich beeindruckt von der "imposanten, historischen Anlage" und dem "beeindruckenden Ambiente der Räumlichkeiten", in denen man den "Hauch des herzoglichen Lebens, aber auch des Gesindes förmlich spüren kann". Aus Sicht des Landrats machen die Authentizität der Themen hinsichtlich Neuenbürg und Umgebung, aber auch deren gelungene, außergewöhnliche Umsetzung vor Ort den dauerhaften Erfolg des Museums aus. Er würde sich daher freuen, wenn man das beliebte Markenzeichen "Das kalte Herz" in einer weiter entwickelten Form erhalten und auch das weitere Angebot – welches sicher mit der Zeit gehen und attraktiv fortentwickelt werden sollte – die örtliche Authentizität bewahren könnte.

Auf einem guten Weg

"Im Moment ist der Enzkreis jedenfalls mit der Schlossverwaltung im Dialog zu weiteren digitalen Angeboten wie beispielsweise einem Audio-Guide und einer Tourismus-App", meint Rosenau. Auch hinsichtlich einer überregionalen Vermarktung sieht er die Verantwortlichen mit konkreten Projektideen wie zum Beispiel einer Vernetzung der Websites der touristischen Highlights in der Region, auf einem guten Weg, mit weiteren Chancen im Bereich Digitalisierung. Eher pragmatisch sieht Regina Zumbach-Lux die bisherige und künftige Rolle des Förderkreises Kultur im Schloss. "Wir sehen unser ehrenamtliches Engagement mehr im operativen als im strategischen Bereich angesiedelt und unterstützen mit zusätzlichen Projekten das Veranstaltungsangebot", so die Vorsitzende. Ihrer Ansicht nach hat die Region viel kreatives Potenzial, wie die Zusammenarbeit mit der Pforzheimer Hochschule, dem Kommunalen Kino, örtlichen Vereinen sowie weiteren Kulturschaffenden bisher gezeigt habe. "Als Förderverein haben wir viele Ideen, doch lassen sich diese finanziell, personell und zeitlich nicht alle umsetzen", räumt sie ein. Wichtig sei ihr, ungewöhnliche Orte wie den Schlosskeller, den Dachstuhl, den Garten oder auch den angrenzenden Schlosswald zu bespielen und dabei aus Themen mit lokalem und historischem Bezug Erlebniswelten, insbesondere für Kinder und Jugendliche, zu schaffen.