Die erste Online-Sitzung des Neuenbürger Gemeinderats wurde live in den Sitzungsaal übertragen.Foto: Biermayer Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Neuenbürger Gremium tagt per Videokonferenz / Zuhörer im Saal / Ungewohnte Situation

Von Felix Biermayer

Videokonferenzen gehören in Pandemie-Zeiten zum Alltag – ob privat oder in der Arbeitswelt. Angesichts hoher Inzidenzzahlen machen immer mehr Gemeinderäte von dieser Möglichkeit Gebrauch, so jüngst auch in Neuenbürg. Dort fand am Dienstagabend zum ersten Mal eine Sitzung online statt, wenn auch nur zum Teil.

Neuenbürg. Vieles war bei der Gemeinderatssitzung an diesem Dienstagabend ungewohnt. Zwar waren fünf Zuhörer in den Sitzungssaal im Rathaus gekommen. Doch von den Gremiumsvertretern war niemand da – zumindest nicht persönlich. Denn auf der Leinwand, vor der normalerweise Bürgermeister Horst Martin mit seinen Verwaltungsmitarbeitern Platz nimmt, konnten die Anwesenden lediglich einer Videokonferenz folgen.

Dieses Vorgehen war das Ergebnis einer Gemeinderatsentscheidung vom Dezember vorigen Jahres. Damals hatte man sich darauf geeinigt, die Hauptsatzung der Stadt Neuenbürg so zu ändern, dass Sitzungen auch ohne die persönliche Anwesenheit der Mitglieder durchgeführt werden können. Dies wurde erst dadurch möglich, dass das Land Baden-Württemberg seine Gemeindesatzung entsprechend geändert hatte.

Erstversuch sorgt für Aufregung

Nun musste sich die Verwaltung aber überlegen, wie eine solche Sitzung umgesetzt werden sollte. Man habe sich dabei vom Gemeinderat in Keltern inspirieren lassen, so Hauptamtsleiter Fabian Bader.

Diese hätten schon eine solche Online-Sitzung hinter sich gebracht. In Neuenbürg setzt man auf das Tool Webex. Und zwar deshalb, weil diese Anwendung die Richtlinien der Datenschutzgrundverordnung einhalte, wie Bader erklärte. Vor der Sitzung zeigte er sich etwas aufgeregt. Ob eine Sitzung mit so vielen Teilnehmern reibungslos funktioniere, wisse man erst, wenn man es ausprobiert habe.

Komplett online war die Sitzung jedoch nicht. Denn die Zuhörer und Pressevertreter mussten in den Sitzungssaal kommen, um den Verhandlungen des Gemeinderates folgen zu können.

Das wird sich zukünftig vermutlich ändern. "Für die nächste Online-Sitzung arbeiten wir daran, dass auch Externe sich online einwählen können", so Bader. Der Öffentlichkeitsgrundsatz würde aber in beiden Fällen eingehalten.

Als schließlich alle Stadträte eingewählt waren, konnte die Sitzung beginnen. Hier und da gab es einzelne Komplikationen mit der Bedingung des eigenen Mikrofons oder der Webcam. Interessante Einblicke gab es zudem in Arbeits- und Wohnzimmer der Beteiligten.

Manche hatten sich außerdem ein Hintergrundbild ausgewählt. Der Bürgermeister und die Verwaltungsmitarbeiter setzten hier lokalpatriotisch auf die Enzschleife mit Schloss. Andere wählten mit Meer, Strand und Palmen eine exotischere Variante.

Auch die Bürgerfragen zu Beginn der Sitzung konnten umgesetzt werden. Im Saal gab es ein Laptop, der mit der Videokonferenz verbunden war. Die Koordination übernahm hier Hauptamtsleiter Bader.

Insgesamt war es aus dem Saal heraus jedoch das ein oder andere Mal schwer zu folgen, welcher Stadtrat gerade spricht. Zudem kommunizierten die Räte über eine Chatfunktion, welche im Saal nicht einsehbar war. Dadurch waren die Zuhörer nicht immer auf der Höhe des Geschehens.

Beschlüsse mit rechtlichen Fragezeichen

So wurde beispielsweise per Handzeichen abgestimmt. Da manche Stadträte aber ihre Kamera nicht eingeschaltet hatten, gaben diese ihre Stimme über den Chat ab.

Hier musste man dann auf das Wort des Bürgermeisters vertrauen, dass tatsächlich so abgestimmt wurde, wie verkündet. Immerhin die Zustimmung zu Redebeiträgen war, durch ein im jeweiligen Bild aufpoppendes Daumen-hoch-Emoji, für alle zu erkennen.

Rechtlich stehen hinter der Gültigkeit online gefasster Beschlüsse noch immer kleine Fragezeichen. Denn selbst wenn das Land die Gemeindeordnung geändert hat, bedarf es vermutlich eines Präzedenzfalls samt richterlicher Entscheidung, um dieses Vorgehen zu bestätigen.

Das ist auch Hauptamtsleiter Fabian Bader bewusst. Jedoch sei die Stadt Neuenbürg nicht allein mit dem Problem, meinte er. Und er halte das Vorgehen angesichts des Infektionsgeschehens für sinnvoll und angebracht.

Insgesamt sei er sehr zufrieden mit dem Verlauf dieser ersten Online-Sitzung. Das meiste habe reibungslos funktioniert. Die technischen Probleme hätten sich in Grenzen gehalten. Ob es nochmals eine Gemeinderatssitzung dieser Art gibt, sei noch nicht klar. Denn der nächste Termin sei der 23. Februar. Welche Regeln dann gelten, sei noch nicht abzusehen.