Teamarbeit zum Schutz des Schwarzspechts: Vogelexperte Luis Sikora, Philipp Schweigler (Forstamt Enzkreis) und Revierleiter Bernhard Brenneis (von links) haben auf der Enzkreis-Waldkarte alle Höhlenbäume vermerkt. Foto: Schwarzwälder-Bote

Schwarzspecht verstärkt geschützt / Besonders der Staatswald bei Neuenbürg ist außergewöhnlich reich an Habitaten

u Baumhöhlen im Enzkreis

Der Schwarzspecht legt seine Bruthöhlen vor allem in dick- und hochstämmigen Rotbuchen an, weil diese bruchsicher sind und eine langjährige Nutzung gewährleisten. Zumeist werden die Höhlen in beachtlichen Höhen zwischen zehn und 20 Metern angelegt. Nur ganz selten sind sie unter fünf Metern zu finden.

Die Reviergrößen des Schwarzspechts differieren zwischen unter 100 Hektar (Optimalhabitat) bis zu mehr als 1000 Hektar (suboptimale Regionen). Im Durchschnitt betragen sie 400 Hektar. Auf der Staatswaldfläche des Enzkreises (7341 Hektar) sind auf einer Suchfläche von rund 870 Hektar Altholz 409 Habitaträume erfasst, markiert und mit GPS eingemessen. Insgesamt wurden 217 Bäume mit Höhlen, Anschlägen oder Baustellen des Schwarzspechts erfasst.

Ausgebaute Höhlen befanden sich in 152 Bäumen. Das entspricht einer Schwarzspecht-Höhlenbaumdichte von 2,2 pro Quadratkilometer. In acht bearbeiteten Enzkreis-Kommunalwäldern (Fläche 3392 Hektar) wurden 75 Schwarzspecht-Höhlenbäume entdeckt (Dichte 2,2 pro Quadratkilometer).

Neuenbürg/Dobel. Er ist nur selten zu sehen. Doch zu hören ist der Schwarzspecht dank seines unnachahmlichen Klopfens fast überall im Enzkreis, wenn er sich mit seinem spitzen Schnabel durch das Baumholz bohrt.

Seine fleißige Arbeit beim Höhlenbau für den Nachwuchs nutzt aber nicht nur der eigenen Art. Sind die schwarzen Spechte mit den unverwechselbaren roten Federn auf dem Kopf flügge und verlassen die Höhle, dient sie anderen Tieren als Unterschlupf. So schafft der streng geschützte Vogel, der auch Zimmermann des Waldes genannt wird, wichtigen Lebensraum.

Seinem Schutz hat sich der Hobby-Vogelkundler Luis G. Sikora (56) verschrieben. Im Auftrag der Deutschen Wildtier Stiftung durchforschte der Diplom-Ingenieur für Landespflege monatelang die Staatswaldfläche des Enzkreises (7341 Hektar) vom Stromberg bis zum Eyachtal nach Höhlenbäumen des Schwarzspechts. Mit der Markierung und Kartierung soll in Zusammenarbeit mit Behörden und Revierleitern vermieden werden, dass die Lebensräume von fortwirtschaftlichen Maßnahmen zerstört werden.

"Vor ein paar Jahren wäre ein solches Projekt noch undenkbar gewesen. Früher musste man schon froh sein, wenn der Revierleiter ein bis zwei Bäume zum Wohl der Tiere stehen ließ", weiß Sikora zu erzählen. In der Forstwirtschaft würden nach wie vor finanzielle Interessen dominieren. "Es gibt aber keine Feindbilder mehr. Man arbeitet professioneller zusammen und versucht, Kompromisse zu finden." Das mag wohl auch etwas damit zusammenhängen, dass das Alt- und Totholz-Konzept des baden-württembergischen Forstes von der EU-Gesetzgebung angeschoben wurde. "Mittlerweile schwebt der Straftatbestand wie ein Damokles-Schwert im Hintergrund", gesteht Philipp Schweigler.

Er und Revierleiter Bernhard Brenneis arbeiten Hand in Hand mit Sikora und sind froh, dass sich ein Experte um die Kartierung kümmert. "Er sieht für uns jeden Specht", hält Brenneis fest, der sich um das Areal in Dobel-Nähe vom Norden des Rotenbachtals über die westlichen Hänge des Eyachtals bis an die Kreisgrenze im Süden am Salmüssgrund kümmert. Allein schon dort ist die Baumhöhlensuche mit viel Aufwand verbunden.

"Ich schaffe etwa vier bis fünf Hektar pro Stunde. Das ist für mich Akkordarbeit", so Sikora, der in Reutlingen ein Fachbüro für Dendroavifaunistik unterhält. "Ich sehe den Lebensraum. Die Forstwirtschaftler taxieren in Festmetern Holz sowie in Euro. Dazwischen muss die Zusammenarbeit funktionieren", beschreibt er die Kooperation. Glück hat der 56-Jährige dabei ein wenig, weil die Schwarzspechte bevorzugt in Rotbuchen nisten, mit denen in der Holzwirtschaft nicht das große Geld zu machen ist.

"Wir haben aber nicht nur die Ökonomie im Kopf, sondern denken auch an ökologische Belange", versichert Philipp Schweigler. Denn die Nachnutzer des Schwarzspechts in seinen Baumhöhlen sind bunt gemischt und reichen von Hohltauben, Siebenschläfern, Schellenten über Sperlings- und Rauhfußkäutzen bis zu den Mardern.

Gefragt ist immer derselbe Buchentyp mit einem Stammdurchmesser von mindestens 60 Zentimetern sowie einem bestimmten Fäulnisbefall. Die Höhlen liegen im Schnitt zwischen zehn und 20 Metern Baumhöhe. Auch das Gelände drumherum ist von den Vögeln bewusst gewählt.

Der Schwarzspecht muss seinen Unterschlupf frei anfliegen können, um nicht jagenden Greifvögeln zum Opfer zu fallen. Ist ein Loch am Stamm mit dem Fernglas entdeckt, folgt die Knochenarbeit. "Ich steige dann hoch und schaue rein", betont Luis Sikora. So hat er allein im Gebiet an der Eyach fünf Schwarzspecht-Brutpaare entdeckt. Im gesamten untersuchten Enzkreis-Forst sind es rund 25. Markiert werden die Bäume mit den Habitaten anschließend mit einem Symbol in blauer, wasserfester Farbe. Das schützt sie davor, gefällt zu werden.

"Zwei Schwarzspecht-Paare pro 100 Hektar Wald – das ist auch forstwirtschaftlich machbar", so Revierleiter Brenneis. Er geht davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren auch in anderen Gebieten verstärkt nach Schwarzspecht-Behausungen gesucht wird. "Dieses Naturschutz-Projekt steht erst am Anfang", ergänzt Vogelkundler Sikora.

Weitere Informationen: www.nabu.de