Kehrtwende beim Energiestandard der neuen Zimmerner Dreifeld-Sporthalle: Der Gemeinderat Zimmern hat sich im zweiten Anlauf bei fünf Gegenstimmen für einen mit kfw-Mittel geförderten „Klimafreundlichen Neubau“ (Effizienzgebäude 40) entschieden. Zu den Erdbohrungen sagt nicht jeder Rat: Hurra.
Nach dem Beschluss vom Dienstagabend soll die neue Sporthalle mit einer Wasser-Sole-Wärmepumpe beheizt werden.
Vor wenigen Monaten hatte sich das Gremium noch für ein kfw-55-Gebäude mit einer Heizungskombination von Luft-Wärmepumpe und einem Gaskessel entschieden. Warum nun der plötzliche Sinneswandel?
Ein neues Förderprogramm
Kurz nach der Beschlussfassung im März 2023 hatte der Bund ein neues Förderprogramm aufgelegt. Dieses findet auch für Sporthallen Anwendung. Bei der Heizung werden nur noch Wärmepumpen anerkannt. Heizungen mit fossilen Brennstoffen sind im Kriterienkatalog für die neue Förderung, die recht großzügig bemessen ist, ausgeschlossen.
Deshalb entfällt nun der Gaskessel, für den sich Ingenieur Westhauser vom gleichnamigen Wurmlinger Fachbüro noch in der jüngsten Beratung stark gemacht hatte. Er saß zusammen mit Architekt Stefan Popp (Büro bjw Architekten) am Ratstisch.
Eine veränderte Situation
Mit den neuen kfw-Förderrichtlinien stehe man vor einer veränderten Situation. Deshalb habe sich die Verwaltung, so Kämmerer Martin Weiss, geradezu verpflichtet gefühlt, neue Berechnungen unter Berücksichtigung der Förderung anzustellen.
Zum Nulltarif
„Es gibt die Lösung ohne Gas, bei 900 000 Euro Zuschuss können wir nicht so ohne weiteres in der Planung fortfahren“, betonte Weiss und verteidigte das Wiederaufrollen der Heizungs- und Energiestandardfrage.
Die Gemeinde bekommt die energetischen Verbesserungen zum Nulltarif. Die Mehrkosten für das Effizienzgebäude 40 werden durch den Zuschuss (971 250 Euro) vollständig abgedeckt. Es bleibt sogar noch ein Überschuss zugunsten der Gemeinde übrig.
Plus bei Betriebskosten
Die Sole-Wasser-Wärmepumpe sei bei den Betriebskosten die eindeutig günstigste Variante, sagte Ingenieur Westhauser und legte dazu eine Berechnung vor.
Bei dieser würden gegenüber der Luft-Wasser-Wärmepumpe jährliche Stromkosten in Höhe von 4070 Euro eingespart. Auch bei der Nutzungsdauer liege die Wasser-Wärmepumpe weit vorne.
Drei Männer sehen Risiken
Ratsmitglied Andreas Schobel („Ich bin richtig irritiert“) konnte den erfolgten Schwenk nicht nachvollziehen. „Was vorher gut war, wird jetzt ganz anders gesehen“, echauffierte er sich. Er sah in den Erdbohrungen deutliche Risiken.
Auch Matthias Teufel („Jetzt werfen wir alles über den Haufen“) und Timo Weber plädierten aus Sicherheitsgründen für die bisherige Kombilösung mit Gas. Teufel äußerte zudem Zweifel, ob alle Handwerker die Vorgaben für die erforderliche Zertifizierung der Leistungen erbringen könnten.
Eine Frau ist dafür
Sie höre von den dreien nur Negatives, beklagte Christa Schamburek. Die Voraussetzungen seien beim vergangenen Mal doch anders gewesen, widersprach sie. Das Energie-40-Gebäude mit der Wasser- Sole-Wärmepumpe sei die energieeffizienteste und klimafreundlichste Lösung. Auch beim Gas, so Schamburek, gebe es Risiken.
Mit dem Zuschuss bekomme man ohne Zuzahlung ein verbessertes Gebäude mit neuester Technik, rechnete Marcel Kammerer vor. „Das ist besser für den Klimaschutz.“ Für ihn außerdem wichtig: Das finanzielle Risiko hinsichtlich der Kosten für die Probebohrungen sei überschaubar.
Erdbohrung abgelehnt
Armin Thieringer argumentierte mit den geringeren Betriebskosten. Für Winfried Praglowski („Die Folgekosten sind deutlich niedriger“) ist mitentscheidend, von den fossilen Brennstoffen wegzukommen.
Seine Kollegin von der Grünen-Fraktion, Elke Müller, sprach sich für eine Luft-Wärmepumpe aus. Erdbohrungen lehnte sie ab.
Krux mit der Abstimmung
Bürgermeister-Stellvertreter Guntram Ober – er vertrat die kurzfristig erkrankte Bürgermeisterin – hatte kein leichtes Amt beim Abstimmungsprozedere. Aufgrund der intensiven Diskussion hatte das eine oder andere Ratsmitglied – so schien es zumindest – wohl etwas mit Konzentrationsproblemen zu kämpfen. Oder wurden die vorgetragene Beschlussvorlagen akustisch nicht korrekt verstanden?
Die Stimmabgaben mussten jedenfalls mehrmals wiederholt werden.