Tilman Günther am Piano und Florian Döling am Kontrabass lieferten beim Konzert in Haslach am Samstagabend Jazz der Extraklasse. Foto: /Dorn

Auf überwältigende Resonanz ist die erste Ausgabe von „Jazz in Haslach“ getroffen. 75 Gäste waren beim Konzert von Tilman Günther und Florian Döling am Samstagabend im „Klavierhäuschen“ dabei – und auch die Matinee am Sonntag wurde vor vollem Haus gespielt. Organisator Oliver Schell war begeistert.

Schell bedankte sich eingangs bei seinem Helferteam, ohne dessen unermüdlichen Einsatz das Konzert in der originellen Location nicht möglich gewesen wäre. Neben dem Umräumen der Klaviere war wohl das Staubsaugen (so der Einwurf von Helferin Lucia Himmelsbach) der Hauptakt gewesen.

Jazz in Haslach – der Bedarf ist da!“ vermeldete Schell zur Freude von Bürgermeister Philipp Saar. Das Premierenkonzert wurde auch gleich live mitgeschnitten, auf Nachfrage erfuhr man den Wert der an US-amerikanische Musikfilme der 60er-Jahre erinnernde Mikros und bewegte sich danach mit Weinglas und Knabbereien noch vorsichtiger durch den Raum.

Pianist und Bassist faszinierten von Beginn an mit perfektem Zusammenspiel. Die beiden kennen sich seit mehr als 30 Jahren, als sich Döling in der Freiburger Jazz-Szene nach einem Pianisten umhörte. Beim „Casting“ im Jazzhaus sprang der Funke über, mit dem Elsässer Schlagzeuger Mark Bachschmidt bildeten Döling und Günther das Jazz-Trio „Quiet now“ und fanden zu einer ganz eigenen jazzigen Formensprache.

Brillante und gefühlvolle Arrangements

Aus dem damals von der Kritik hochgelobten Album „Inside the Waltz“ eröffneten die beiden ihr Haslacher Konzert mit dem Song „Phyllis“. Brilliant und gefühlvoll arrangierte Günther die Melodiemotive, mit viel Körpereinsatz und markantem Zupfen – so weit es die beengten Platzverhältnisse zuließen – bearbeitete Döling den Bass bis zum Bogenstrich für die finale Fermate. Im Song „Indigo String“ – gewidmet der „blauen“ Saite der Geige und dem französischen Jazz-Violonisten Stephane Grappelli – verordnet sich Döling am Bass ein klares Motiv, angesteckt von den freien Improvisationen am Flügel gönnt Döling seiner linken Hand dann aber geradezu mäandernde Ausflüge über die ganze Länge des Stegs, dann finden beide den perfekten fade-out zu vollkommener Stille. Ein großer Gänsehaut-Moment auch für die beiden Musiker, den sie sich, dem Publikum und dem Raum wohl so nicht zugetraut hatten.

Auf hohen Niveau geht es bis zur Pause weiter, die Anmoderation zum neuen Stück „First Dawn“ nutzt Döling zu Gedanken an Klimawandel, Corona und Krieg. Mit diesem Mindset gelte es besonders, das Wunder der Morgendämmerung zu würdigen. Entsprechend verhalten und ehrfurchtsvoll „schleichen“ sich Bass und Klavierspiel in das Stück und auch wieder hinaus.

Döling bekennt, auch bei den neuen Stücken den Part des Schlagzeugers in den Partituren immer irgendwo mitzudenken. Der geniale Einfluss ihres 1998 viel zu früh verstorbenen Bandkollegen bleibt so auch 25 Jahre später beim Konzert im alten Bastelladen in Haslach bestehen.

Im Stück „My inner Music“ wird die Absenz des Schlagzeugs zum Anlass genommen, eine simple Melodie „rhythmisch durch den Fleischwolf zu drehen“, das so verkomplizierte Motiv „darf“ dann der gute Tilman am Feurich-Flügel weiterverarbeiten, was diesem mit gespielter Empörung perfekt gelingt. Die beiden haben Spaß und lassen ihr Publikum daran teilhaben.

Nach der Pause – mit Toilettengang im nahen Gasthaus Zum Grünen Baum – geht es politisch weiter mit einer musikalischen Verbeugung vor den Fridays-for-Future-Demos in Freiburg. Wo der nicht existente Kollege am Schlagzeug mit den Drumsticks das Tempo im Protestzug forcieren oder abbremsen hätte können, müssen sich Bass und Flügel die Tempoarbeit teilen, nutzen aber jede sich bietende Chance, Jazz-Parolen zu skandieren.

Zugabe

Mit der Zugabe „Endless Stars“ bespielt Döling uneigennützig seinem Freund am Flügel noch einmal die Bühne für wunderbare, von der Fantasie getragene Flügel-Läufe. Nachdem der gemeinsame Schlussakkord beim „Award for FFF“ noch an der zu kurz geratenen Fermate am Kontrabass-Bogen gescheitert war, gelingt dieser jetzt nach intensivem Blickkontakt perfekt. Mit diesem wunderbaren Jazz-Moment endete der Auftakt zur neuen Jazz-Reihe im „Klavierhäuschen“.