Freizeitidylle oder sozialer Brennpunkt – an Tailfingens Neuer Mitte und besonders dem Wassertisch scheiden sich die Geister. Foto: Karina Eyrich

Anwohner und Gewerbebetreibende Am Markt in Tailfingen klagen über Müll, Lärm und Vandalismus. Sie fordern die Stadtverwaltung auf, Abhilfe zu schaffen.

Als die Stadtverwaltung im November dem Gemeinderat ihren Sachstandsbericht zum Masterplan „Sicherheit und Ordnung sowie Sauberkeit in Albstadt“ präsentierte, waren die Stadträte verblüfft: Der Bericht vermittelte den Eindruck, die Neue Mitte von Tailfingen entwickle sich mehr und mehr zum Brenn- und Treffpunkt für lärmende und pöbelnde Jugendliche, zum ständigen Herd der Unruhe. Anwohner und Geschäftsleute hätten sich bitter beschwert und forderten, die Stadt möge Maßnahmen ergreifen.

 

Die Ratsmitglieder, die sich in Ebingen wie in Tailfingen die Belebung des allzu tristen öffentlichen Raumes zum Ziel gesetzt haben, reagierten darauf teilweise regelrecht verärgert: Wer Friedhofsruhe wünsche, gehöre nicht in die Innenstadt, war zu hören – man versuche doch nicht, die Innenstädte zu reanimieren, um die Lebensäußerungen dann auf Zimmerlautstärke zu dimmen.

Klagen über Müll, Lärm und Vandalismus

Die Anwohner des Markts und der Neuen Mitte finden nicht, dass diese Sicht der Dinge ihrer Situation wirklich gerecht wird. Müll, Lärm, Vandalismus und ungebührliches Verhalten prägten das Bild rund um den Markt – vor allem um den Wassertisch. Erhard Finkbeiner, Inhaber der Kronen-Apotheke und zugleich auch Anwohner, findet deutliche Worte: Regelmäßig lägen auf dem Gehweg vor seiner Apotheke zerbrochene Flaschen, Gruppen von Jugendlichen lärmten und pöbelten, spielten Fußball und schössen Bälle gegen die Hauswände. Der Lärm halte bis Mitternacht an und sei trotz geschlossener Fenster unerträglich. „Die Lebensqualität geht mehr und mehr verloren.“

Ein kostenloses Freibad

Auch Jürgen Bitzer, Inhaber von Bitzer Immobilien, dessen Büro sich direkt am Wassertisch befindet, ist erbost. Er berichtet von blockierten und vermüllten Hauseingängen, von Jugendlichen, die auf Privatgrundstücke urinierten, von den allgegenwärtigen Glassplittern und von Drogenkonsum. Im Sommer werde der Wassertisch als kostenloses Freibad genutzt – oft auch fast oder gänzlich unbekleidet, und zwar nicht nur von Kleinkindern. „Der Tatbestand des öffentlichen Ärgernisses ist erfüllt.“ Im Winter zöge die Szene in die Hauseingänge und die Tiefgaragen um. Sowohl Bitzer als auch Finkbeiner wünschen sich ein Badeverbot im Sommer. Wobei das nur ein erster Schritt sein könne – auch das Gekicke müsse ein Ende haben.

Sparkasse sucht das Gespräch mit der Jugend

Die Sparkasse Zollernalb ist ebenfalls Nachbarin des Wassertischs und hatte Probleme mit den Jugendlichen, die den Servicebereich der Bank als Aufenthaltsort nutzten. Kommunikationsleiter Steffen Leimgruber berichtet von Zusammenrottungen im Eingangsbereich, von kleineren Sachbeschädigungen und Situationen, welche die Kunden als unangenehm empfanden. Die Sparkasse versuche, das Problem konstruktiv anzugehen: Man habe den direkten Dialog mit den Jugendlichen gesucht und parallel dazu die Nachtöffnungszeiten des Servicebereichs verkürzt. In der Folge habe sich die Lage entspannt. Überdies wurden die Jugendlichen auf Plakaten dazu eingeladen, mit der Unterstützung der Sparkasse eine Begegnungsstätte für sich zu schaffen. Auf diese Offerte hätten allerdings weniger die Jugendlichen als die Vereine reagiert und ihre Kooperation angeboten.

Und was sagt die Stadt? Oberbürgermeister Roland Tralmer, der sich in der Novembersitzung des Gemeinderats recht allein in der Rolle des Anwalts der Beschwerdeführer wiedergefunden hatte, betonte, dass die Neue Mitte gelungen und ein Gewinn für Tailfingen sei – und dass der Wassertisch Leben in die Innenstadt bringe. Gleichzeitig sieht er Handlungsbedarf: „Es gilt einerseits, sowohl eine belebte Innenstadt zu erhalten, andererseits den berechtigten Forderungen der Anwohner und Gewerbetreibenden Rechnung zu tragen.“ Die Stadt werde gemeinsam mit allen Betroffenen klare Verhaltensregeln für den Bereich rund um den Wassertisch erarbeiten. Die Neue Mitte müsse attraktiv sein und bleiben – und zwar für alle.