Diesmal beginnt der Inzidenz-Anstieg früher als in den Vorjahren. Foto: insta_photos – stock.adobe.com / Grafik: Landratsamt / Montage: Kieninger

"Da könnte etwas auf uns zurollen, was uns den Sommer verdirbt", warnte Landrat Wolf-Rüdiger Michel in der Corona-Telefonkonferenz am Dienstagmorgen mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen in Portugal mit der Omikron-Variante BA.5.

Kreis Rottweil - Mehr als 1000 Fälle pro 100 000 Einwohner trotz einer im Vergleich zu Deutschland deutlich höheren Impfquote von rund 86 Prozent in Portugal, und das auch noch im Sommer – das gebe zu denken, meinte Landrat Michel.

Auch hierzulande sei ein Anstieg der Inzidenz zu erwarten, meinte Gesundheitsamtsleiter Heinz-Joachim Adam, sei die BA.5-Variante doch deutlich ansteckender als andere Omikron-Varianten. Wie hoch die Krankheitslast sei, könne man noch nicht genau sagen.

Laborproben ausgewertet

Seit Kalenderwoche 20 wurden 1,9 Prozent aller Corona-positiven Laborproben im Landkreis Rottweil sequenziert, also darauf untersucht, um welche Virus-Variante es sich handelt. Die Auswertung dauert rund zwei Wochen.

Die BA.5-Variante sei vergangene Woche erstmals gemeldet worden, so Adam. Seitdem seien fünf Fälle bekannt, vier davon seit dieser Woche. Seit Start der Sequenzierung Mitte Mai waren 67 Prozent der Fälle (in absoluten Zahlen: 14) der Omikron-Variante BA.2 zuzuordnen, 24 Prozent (fünf) BA.5. Der Rest war nicht genauer auswertbar. Das sei aber sicher nur die Spitze des Eisbergs, meine Gesundheitsamtsleiter Adam.

Hohes Grundniveau

Zur generellen Inzidenzlage im Kreis Rottweil erklärte er, die Fallzahlen befänden sich bereits auf einem hohen Grundniveau und stiegen seit rund zwei Wochen zusätzlich an. Die Inzidenz sei deutlich höher als zum gleichen Zeitpunkt in den Vorjahren 2020 und 2021. Tatsächlich liege sie auch über dem höchsten Wert im Winter 2020 während der ersten Infektionswelle, so Adam.

Keine Sommerpause

Neu sei in diesem Jahr, dass der Anstieg schon im Juni beginne und nicht erst Mitte August, meinte Landrat Wolf-Rüdiger Michel. "Die Menschen leben die neue Freiheit, was ja auch verständlich ist. Aber immer da, wo viele Menschen zusammen sind, gibt es Nährboden für das Virus." 2022 werde es wohl auch keine "Sommerpause" geben, was die Inzidenz angeht, prognostizierte Adam.

Nur wenige über 70

2022 hätten sich im Landkreis Rottweil bislang 35 970 Personen mit dem Coronavirus infiziert. Am stärksten vertreten ist dabei laut Grafik des Landratsamtes die Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen, dicht gefolgt von den 40- bis 59-Jährigen und den Jugendlichen.

Menschen mit über 70 Jahren machten glücklicherweise nur sechs Prozent der Infizierten aus, meinte Adam in der Telefonkonferenz. Gründe dafür seien beispielsweise ein guter Durchimpfungsgrad, aber auch eingeschränkte Mobilität. Aktuell befinden sich fünf Personen auf den Corona-Stationen der Kreis-Krankenhäuser, jedoch muss keine davon beatmet werden.

Impfstützpunkt bleibt

5 Prozent aller Corona-Infizierten im Landkreis Rottweil haben sich zweifach infiziert. 0,05 Pozent der Infizierten waren drei Mal von einer Infektion betroffen. Im Impfstützpunkt in der Rottweiler Marienstraße habe man in Kalenderwoche 22 noch 23 Corona-Impfungen verabreichen können, in der Woche darauf 13.

Dennoch wolle man die Grundstrukturen aufrecht erhalten, um "schnell wieder hochfahren zu können", meinte Adam. Denn er rechne damit, dass im Herbst ein für die neuen Varianten adaptierter Impfstoff auf den Markt kommen werde.

Hälfte mittlerweile immunisiert

Zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht erinnerte Heinz-Joachim Adam daran, dass man von den Pflegeeinrichtungen 450 Personen gemeldet bekommen hatte, die nicht ausreichend immunisiert waren. 130 Personen davon seien mittlerweile genesen, zählte Adam auf, 90 Personen hätten sich vollständig impfen lassen und elf Personen mit der Impfserie begonnen. Die restlichen Personen, die teils über ein Attest verfügen, höre man aktuell an.

Zeit für kompletten Wegfall?

Ausbruchsgeschehen in einem Pflegeheim gebe es aktuell nicht, verkündete Kreis-Ordnungsamtsleiter Thomas Seeger. Bei den in Pflegeheimen beschäftigten reiche nach aktuellen Vorgaben inzwischen eine medizinische Maske statt der zuvor vorgeschriebenen FFP2-Maske aus – mit der Option einer Verschärfung, wenn die Situation vor Ort es erfordere.

Maskenpflicht gelte aktuell unter anderem noch im ÖPNV, in Arztpraxen, bei ambulanten Pflegediensten, in Justizvollzugsanstalten und ein paar weiteren Orten. Einen Wegfall der Maskenpflicht auch in diesen Bereichen sah Landrat Michel vor dem Hintergrund der Ausführungen über die BA.5-Variante allerdings kritisch.