Im Femizid-Prozess vor dem Freiburger Landgericht sind überraschend neue Beweise aufgetaucht. Das Urteil gegen den 35 Jahre alten Angeklagten, der seine Frau in Simonswald (Kreis Emmendingen) brutal getötet haben soll, könnte sich um Monate verzögern.
Im Prozess und dem gewaltsamen Tod der 38 Jahre alten Nadine S. aus Simonswald im Kreis Emmendingen hat das Freiburger Landgericht am Freitag überraschend doch noch kein Urteil gefällt. Der Grund ist, dass in dem Verfahren neue Beweismittel aufgetaucht sind.
Die Polizei hat am Anfang der Woche mit Hilfe von künstlicher Intelligenz über 50 000 Chatnachrichten zwischen der Frau und ihrem 35 Jahre alten Ehemann, der sie brutal getötet haben soll, auf einem iPad des Opfers entschlüsselt. Eine erste Sichtung der Chats hat ergeben, dass der Angeklagte seiner Partnerin gegenüber bereits 2019 immer wieder durch Beleidigungen und Drohungen ausfallend geworden ist. Auch werden körperliche Übergriffe gegenüber der Frau angedeutet. Mehrfach soll er ihr damit gedroht haben, dass er ihren „Kopf zerbrechen“ werde: „Du wirst sehen, du wirst sehen!“
Die Anklage wirft dem 35 Jahre alten Tunesier, der in den Chats auch durchblicken lässt, dass er sich von der ganzen Familie seiner Partnerin abgelehnt fühlte, Mord aus niederen Beweggründen vor. Er hatte seine Frau im vergangenen Sommer mit mindestens 50 Schlägen gegen den Kopf, den Oberkörper und die Extremitäten totgeprügelt. Die Tat dürfte sich über Stunden hingezogen haben und war von äußerster Brutalität geprägt. Als Tatwaffen nutzte der Mann unter anderem eine Bratpfanne, den Stiel einer Axt, einen Baseballschläger und einen Ziegelstein. Im Prozess hat der Mann ausgesagt, dass er sich an nichts erinnern könne und zur Tatzeit viel Cannabis und Schlaftabletten konsumiert habe.
Das Urteil in dem Fall könnte nun noch Monate auf sich warten lassen: Die über 50 000 Chatnachrichten aus den Jahren 2017 bis 2021 umfassen rund 17 000 Papier Seiten. Alle Prozessbeteiligten müssen nun die Gelegenheit bekommen, das Material auszuwerten. Im Sinne eines fairen Verfahrens sei dies unerlässlich, so Richter Arne Wiemann. Die überraschende Wende in dem Verfahren verfolgten am Freitag im Freiburger Landgericht rund 150 Menschen aus dem Umfeld der Getöteten.