Antiquitäten: Alte Bände der "Sonntags-Zeitung fürs Deutsche Haus" / Gedichte, Lieder und Illustrationen

Zeitungsbände aus dem frühen 20. Jahrhundert lagen fast 40 Jahre lang auf dem Dachboden eines 76-jährigen aus Neubulach. Jetzt hat er sie dort wiederentdeckt und plant, sie zu verkaufen.

Neubulach. "Es ist beein-druckend, wie sich die Zeitung innerhalb von 100 Jahren verändert hat", sagt der Mann, auf dessen Küchentisch zwei sehr dicke, alte Bücher aufgeschlagen liegen. Seinen Namen will er nicht veröffentlichen. "Hier auf dem Dorf kennt jeder jeden. Und dann heißt es gleich ›was hat der denn da schon wieder aufgetrieben?‹", ist seine Sorge. Es ist längst nicht das erste Mal, dass der 76-jährige "wieder etwas aufgetrieben" hat. Er schlendert leidenschaftlich gerne über Flohmärkte, stöbert durch die alten Sachen und hält Ausschau nach verborgenen Schätzen.

Auf seinem Dachboden stapeln sich allerlei Gegenstände, von Büchern bis zu alten Bildern. Vor etwa einem Monat wurde es Zeit, den Speicher endlich einmal zu entrümpeln. "Da habe ich die Zeitungsbände wiederentdeckt", erklärt er.

Bücher über die Jahre 1902/03 und 1908/09

"Sonntags-Zeitung fürs Deutsche Haus – Illustrierte Familien- und Frauenzeitung" steht auf dem hellbraunen Einband von einem der Bücher. Die Sammlung umfasst die Jahre 1908 und 1909. Der andere Band beinhaltet eine Sammlung der selben Zeitung, aber aus den Jahren 1902 und 1903. Von welchem Flohmarkt genau er die Bücher hat, weiß der Besitzer nicht mehr. Es ist schon "30 oder 40 Jahre her", dass er das Schnäppchen gemacht hat.

"Ich habe die Bücher noch herunter gehandelt. Wahrscheinlich wusste der Verkäufer nicht, was sie wert sind." Und was genau sind sie denn wert? Das weiß der 76-jährige nicht genau. Aber für den ein oder anderen Sammler seien die Bände sicherlich interessant, meint er. Es mache ihm immer wieder Spaß, einen Blick in die Bücher zu werfen.

"Damals gab es eben noch keinen Fernseher und kein Radio, da hat fast alles irgendwie den Weg in die Zeitung gefunden", sagt der Mann, während er durch die vergilbten Seiten blättert. Man sieht viele schwarz-weiße Bilder. Fotos von Königen und Generälen, vom Krieg und Gefängnissen, und sogar von Künstlern gefertigte Gemälde. Es wurden Gedichte und Lieder in alter, nur schwer leserlicher Schrift abgedruckt, teilweise auch ganze Romane.

Das große Geschehen aus damaligen Zeiten

"Das war das große Geschehen der Zeit. Alles, was man in heutigen Zeiten in der Bild-Zeitung finden würde, wurde damals in diese Zeitung gestellt", erklärt der 76-jährige. Es wird über Hochzeiten berichtet, über den Besuch des Sultans in Berlin und über Bismarcks Reise nach Kiel. "›Die Meistersinger von Nürnberg‹ sagt mir etwas", erinnert sich der Mann. "Das ist ganz bekannt." Über dem Titel ist ein großes Bild von einer Aufführung der Oper von Richard Wagner zu sehen.

"Vielleicht sollte ich mit den Büchern einmal zu dieser Sendung in Köln gehen, ›Bares für Rares‹", scherzt der Mann. Das wird er zwar sicherlich nicht tun, aber verkaufen will er die Bücher tatsächlich. "Die Kinder haben kein Interesse an dem alten Zeug", sagt er mit Bedauern. "Meine Frau sagt immer, schau, dass du die Sachen endlich los wirst." Den Ratschlag beherzigt er nun und macht sich auf die Suche nach einem Liebhaber, in dessen Händen seine Bücher gut aufgehoben sind.