Tagesmutter Petra Baitinger (rechts) betreut in Neubulach-Oberhaugstett insgesamt acht Kinder – darunter auch den Nachwuchs von Christiane Aphüpper. Foto: Fritsch

Tagesmütter sind Säule im Betreuungssystem – aber im Kreis Calw gibt es zu wenige. Unterstützung der Kommunen.

Neubulach/Kreis Calw - Tagesmütter sind im Kreis Calw eine wichtige Säule bei der Kinderbetreuung. Doch um diese Säule muss man sich Gedanken machen, denn die Zahl der Tagesmütter ist einfach zu klein, um den Bedarf zu decken. Es bräuchte schlicht mehr von ihnen – mehr Menschen wie Petra Baitinger.

Eigentlich ist der Raum, in dem das Gespräch mit Petra Baitinger stattfinden soll, vorgesehen für ernste politische Treffen, Sitzungen von Fraktionen oder Pressekonferenzen. Doch an diesem Morgen hat der Raum im Calwer Landratsamt etwas von einem Kinderzimmer. Spielzeug auf dem Boden, Brezeln, Kindergebrabbel. Petra Baitinger hat gleich mehrere ihrer Schützlinge zum Treffen mitgebracht. "Das ging nicht anders. Sonst hätte ich nicht kommen können", sagt sie mit einem freundlichen Lachen. "Als Tagesmutter muss man eben ziemlich flexibel sein", schiebt sie nach – und meint das beileibe nicht negativ.

Tagesmutter zu sein wird immer mehr als ein Beruf gesehen

Petra Baitinger arbeitet lange in einem Betrieb, doch dann sucht die gelernte Restaurantfachfrau eine neue berufliche Herausforderung. Auf die Lösung bringt sie ihr Ehemann. Warum sollte sie eigentlich nicht Tagesmutter werden? Im Amtsblatt von Neubulach entdeckt sie eine Anzeige mit Werbung für die Kindertagespflege. "Am nächsten Montag habe ich im Landratsamt angerufen", erinnert sie sich. Und einen Monat später beginnt sie das, was man schon irgendwie als Ausbildung zur Tagesmutter bezeichnen kann. 160 Unterrichtseinheiten sind das pro Jahr, vom Deutschen Jugendinstitut festgelegt. Die Themen sind sehr vielfältig, reichen von Ernährung bis zu den Finanzen. Denn die Arbeit beschränkt sich ja nicht nur auf die Betreuung der Kinder, die Tagesmütter sind alles Ein-Frau-Unternehmerinnen.

"Tagesmutter zu sein, wird immer mehr als Beruf gesehen", sagt auch Silvia Murphy vom Fachdienst Kindertagespflege im Calwer Landratsamt. "Die Professionalisierung nimmt immer mehr zu." Dafür spricht auch, dass am Ende der Unterrichtseinheiten für die angehenden Tageseltern eine echte Abschlussprüfung – mündlich und schriftlich – steht.

Das alles hat Petra Baitinger hinter sich, hat aus der Idee ihres Mannes längst das Projekt "Die Oberhaugstetter Strolche" gemacht. Auch um die Werbung für dieses Projekt hat sie sich gekümmert, ist inzwischen im Ort bestens vernetzt.

Acht Kinder zwischen einem und zehn Jahren betreut sie regelmäßig, mehr gehen nicht. Dabei kann sie sich voll auf ihre Familie verlassen. "Mein Mann und die zwei Söhne sind da voll involviert", erzählt sie. Ob Sommerfest, Spielplatzbesuch oder Besuch in Tripsdrill – in ihrem Haus ist immer etwas geboten. "Es ist immer eine logistische Herausforderung, aber es macht einfach viel Spaß", sagt die lebenslustige Frau aus dem Neubulacher Teilort.

Bei all dem Spaß stört es sie auch nicht, dass sie in diesem sensiblen Bereich auch immer wieder überprüft wird. Schon zum Start ihres zweiten Berufslebens musste sie das polizeiliche Führungszeugnis vorlegen, ein ärztliches Attest, auch die Kommune hat einen Blick auf sie. Dazu kommt die regelmäßige Weiterbildung. Und dabei wird sie auch nicht allein gelassen. Das Beratungsangebot für Tagesmütter ist groß. Die Kommune kümmert sich auch um die finanzielle Versorgung. "Und das ist in allen Kommunen im Kreis Calw so", berichtet Silvia Murphy vom Landratsamt. "So gut wie im Kreis Calw kümmern sich die Kommunen nirgendwo im Land um die Tagesmütter." Weil man eben weiß, wie nötig man die Tagesmütter braucht.

Das kann Christiane Aphüpper aus Oberhaugstett nur bestätigen, die die Betreuung ihres Nachwuchses durch Petra Baitinger in Anspruch nimmt. "Ohne sie und bei den Öffnungszeiten der Kitas hätte ich meinen Beruf an den Nagel hängen müssen", erzählt die Frau, die im Schichtdienst arbeitet.

Kommunen und Landkreis haben die Wichtigkeit der Tageseltern also längst erkannt. Das gilt aber auch für das Problem, dass es einfach zu wenige von ihnen gibt. Derzeit sind rund 100 von ihnen aktiv. "In den meisten Orten im Kreis ist Bedarf für mehr", berichtet Silvia Murphy. Besonders der Norden des Landkreises macht ihr Sorgen.

Nächster Kurs zur Qualifizierung startet Ende Oktober

Immer wieder gebe es auch den Fall, dass es in einem Ort genügend Tageseltern gibt und in einem anderen einen erhöhten Bedarf, man das aber nicht zusammenbringen kann. "Ich kann ja eine Mutter aus Bad Herrenalb schlecht nach Nagold schicken", gibt Murphy ein Beispiel. Deshalb hält der Landkreis sein Engagement in der Ausbildung von Tagesmüttern auch gleichbleibend hoch. Der nächste Qualifizierungskurs startet übrigens Ende Oktober in Calw.

Info

Weitere Informationen zum Thema Tagesmutter und die Qualifizierung gibt es im Landratsamt Calw bei Silvia Murphy und Martina Haag vom Fachdienst Kindertagespflege, Telefon 07051/160-146, Silvia.Murphy@kreis-calw.de oder Martina.Haag@kreis-calw.de