Verkehr: Gemeinderat beschließt trotz massiver Kostensteigerung Neubau der Kohlerstalbrücke
Die Brücke übers Kohlerstal in Neubulach ist hinüber. Rostschäden, Betonrisse, abgerutschte Stützmauern. Kurzum: Das Bauwerk muss neu gebaut werden. Das Vorhaben wird aber deutlich teurer – der Gemeinderat Neubulach stimmte dennoch zu.
Neubulach. Das Bauwerk, über das im Neubulacher Gemeinderat verhandelt wurde, ist gelinde gesagt am Ende.
Die sogenannte Kohlerstalbrücke, die die Bundesstraße B 463 mit der Wohnsiedlung verbindet und die Nagold quert, muss ersetzt werden – und zwar dringend. Friedrich Nothacker von der gleichnamigen Ingenieursfirma in Neubulach begutachtete die Brücke und kam zu einer erschreckend langen Mängelliste: erhebliche Schäden an der Fahrbahnplatte, ausgebrochene Auflager, durchgerostetes Geländer, abgerutschte Böschungsbefestigung und vor allem massiv korrodierte Längsträger. Die zuletzt absolvierte Brückenprüfung nach DIN 1076 ergab den Zustand "sehr schlecht". Das untere Ende der Skala, sprich akuter Handlungsbedarf.
"Eine Ertüchtigung ist wirtschaftlich nicht sinnvoll beziehungsweise einfach nicht machbar", lautet daher auch Nothackers vernichtendes Urteil. Der einzige Weg: ein Ersatzneubau. Was auch daran liegt, erklärte Nothacker, dass man nicht genau wisse, wie alt die Brücke sei. 1948 gab es ein beträchtliches Hochwasser in der Nagold, die Brücke wurde fortgespült. "Als man das dann 1949 gerichtet hat, nahm man einen Brückenteil, der aus Calw übrig war und setzte ihn ein", erklärte Nothacker die durchaus alternative Reparaturtechnik. "Wir wissen nur, dass die Brücke mehr als 70 Jahre alt sein muss."
Deshalb gebe es heuer auch statisch keine andere Möglichkeit, als die Brücke komplett neu zu bauen.
Auch das Gremium sah sofort ein, dass man um eine Investition nicht mehr herumkommt. Das Besondere am Bauwerk: Es steht zu 60 Prozent auf Neubulacher und zu 40 Prozent auf Calwer Gemarkung. Deshalb werden auch die Kosten geteilt. Und die haben es durchaus in sich: Rund 1,332 Millionen Euro kostet der Neubau.
Man rechnete einstmals mit Fördermitteln in Höhe von 550 000 Euro, doch daraus wird nun nichts. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg strich die Fördersumme zusammen, jetzt fließen nur noch 231 249 Euro. Für Neubulach verteuert sich der Eigenanteil damit auf rund 660 000 Euro. Ein Umstand, der die Ratsmitglieder zumindest nachdenklich stimmte.
"Ich will nur noch mal ins Gedächtnis rufen, dass das für uns jetzt mehr als 200 000 Euro teurer wird", meinte Lothar Kallfaß. Da schloss sich Regina Dürr an, die gar forderte: "Wenn die Brücke geht, dann geht was anderes nicht." Sie verlangte von Bürgermeisterin Petra Schupp, konkretes Streichpotenzial im Haushalt zu benennen. Die Rathauschefin verwies auf die Haushaltsberatungen und meinte: "Das Geld können wir sowieso nur ein Mal ausgeben, das ist dann eben blockiert." Auch die Variante mit künftig nur einer Straße auszukommen, wurde diskutiert. Die Ausweichroute über das Seitzental sei aber zu langwierig, gerade im Havarie-Fall, wenn Feuerwehr oder Notarzt anrücken müssten, verdeutlichte Schupp das Dilemma.
Rat Andreas Blaurock griff in seiner Argumentation gar auf höhere Philosophie zurück, bemühte die Theorie des Utilitarismus und sagte: "Da steht das Wohl vieler gegen das Unwohl weniger." Er habe "Bauchweh", was die enormen Kosten angehe, man solle statt der Brücke doch lieber ein anderes Projekt angehen, das mehr Mitbürgern helfe. Die 37 Bewohner dürften das freilich genau andersherum sehen. Gegenwind für Blaurock kam auch von Achim Pfrommer: "Das ist schon eine steile Aussage. Mir wäre im Zweifel das Wohl von einem lieber", hob er auf den von Bürgermeisterin Schupp ins Spiel gebrachten möglichen Havarie-Fall ab.
Peter Moers brachte die Diskussion dann zu einem Ende und erklärte in bestem Urschwäbisch: "S’ Leba isch schee, aber teuer."
Damit war die Debatte beendet und man schritt zur Abstimmung. Mit 15 Ja-Stimmen, zwei Enthaltungen und einer Gegenstimme (Blaurock) wurde der angestrebte Neubau der maroden Brücke beschlossen.
Jetzt muss das Ganze zunächst auch noch durch den Gemeinderat in Calw. Die Abstimmung war für den Donnerstagabend vorgesehen.