Bernd Schinko (von links), Rektor der Neubulacher Gemeinschaftsschule, und GEW-Kreischef Gottfried Gruner diskutierten mit der GEW-Landesvorsitzenden Doro Moritz. Foto: Mikulcic

Bildungslandschaft gleicht für die GEW einer Baustelle. Konzepte und Mittel gefordert.

Neubulach - Man würde beide Berufsstände und Projekte sicher nicht unmittelbar miteinander in Verbindung bringen – dennoch: Wie viele Lehrer im Land sich derzeit fühlen, weiß vermutlich kaum einer besser als ein Bauarbeiter auf der umstrittenen Großbaustelle im Herzen der Landeshauptstadt.

"Wir haben eine Situation wie auf einer Baustelle", bringt Doro Moritz das Gefühl vieler Pädagogen im Land auf den Punkt. Am Montag war die Landesvorsitzender Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in der Neubulacher Gemeinschaftsschule zu Gast.

Man begrüße ausdrücklich das pädagogische Konzept der Inklusion, des gemeinsamen Schulunterrichts für behinderte und nichtbehinderte Kinder, stellt Doro Moritz klar. Doch könnten die Kollegen nicht einfach mit deren Umsetzung allein gelassen werden.

Besonders mit den Veränderungen in der Zusammensetzung ihrer Klientel zu kämpfen hätten indes Realschulen. Hauptschulen könnten auf lange Sicht von der Bildungslandkarte verschwinden. Man müsse, mahnt Moritz an, Entscheidungen treffen, welche Schularten man erhalten wolle, um auf Dauer eine wohnortnahe Beschulung, die alle Schulabschlüsse ermögliche, zu gewährleisten.

Einen Schritt in diese Richtung stelle die sogenannte Gemeinschaftsschule dar, in der die gemeinsame Beschulung unterschiedlich leistungsfähiger Kinder explizit vorgesehen sei. Hierfür gibt es von der GEW Unterstützung. Über den Grundriss dieses Neubaus herrscht auch Einigkeit mit der Landesregierung. Was man von dort allerdings vermisst, sind klare Konzepte für die sinnvolle Neugestaltung des gesamten umliegenden Bildungsareals. Die Reformen hätten in allen Schularten Tätigkeitsfelder geschaffen, die nicht allein dadurch, dass sie bestehen, Früchte bringen, so Moritz. Die Vielzahl neuer Aufgabenbereiche bedürfe kontinuierlicher Beackerung, damit die Reform die ihr zugedachte Gestalt annehmen und die im Zusammenhang mit ihr versprochenen Früchte tragen könne.

So gingen beispielsweise Hauptschulen zunehmend die Kinder aus. Den Lehrern blühe nach einer Schließung nicht selten ein Verschiebungs-Marathon. Dabei verfügten gerade Hauptschul-Kollegen über ein besonderes Maß an Praxiserfahrung im Umgang mit Heterogenität. Hauptschullehrer nur an Gemeinschaftsschulen zu deponieren, wo man sich schließlich ein Nebeneinander aller schulischen Niveaus wünsche, sei verkehrt, kritisiert die Gewerkschaftsfrau. So könnten Pädagogen mit Hauptschul-Vergangenheit beispielsweise in viele Real- und Berufsschul-Kollegien wertvolle Praxiserfahrungen einbringen. Klar wird: an denkbaren Einsatzmöglichkeiten mangelt es nicht.

Auch wenn das jüngste Eckpunktepapier des Kultusministers bei der GEW begrüßt wird wie ein lange erwartetes Signal – damit das Land in dem, was es für und von Bildung zu wollen vorgibt, glaubhaft sein kann, müsse, so die Forderung, noch viel passieren. Eine symbolische Parade der "faulen Eier" ist im Eingangsbereich der Neubulacher Festhalle aneinandergereiht. Mit bildungspolitisch unverdaulichen Verabreichungen will man sich bei der GEW jedenfalls nicht "vergackeiern" lassen.