Die Familie Brecht wohnte in der Pfarrgasse 3. Das Haus steht schon lange nicht mehr. Dort befindet sich heute das Schuhhaus Claus. Foto: Schwarzwälder-Bote

Familiengeschichte: Neubulachs Bürgermeisterin will Straße nach Dichter benennen

Die Wurzeln des in Neubulach geborenen Josef Friedrich Brezing, Großvater des Schriftstellers Bertolt Brecht, reichen nach Haiterbach. Das hat Wilfried Henne im Stadtarchiv entdeckt.

Neubulach/Haiterbach. Eher zufällig ist der frühere Neubulacher Hauptamtsleiter und Kämmerer auf einen Umschlag mit dem Vermerk "Brecht/Brezing" gestoßen. Den hatte der Ehrenbürger Heimatforscher und langjährige Schulleiter Georg Ohngemach (1901-1984) hinterlassen. Ein Stammbaum führt zurück bis ins Jahr 1756. Da wurde in Haiterbach Georg Friedrich Brezing geboren, der Ur-Ur-Großvater des Dramatikers und Lyrikers. Er war zwei Mal verheiratet, seine erste Frau starb bei der Geburt des fünften Kindes. Seine zweite Ehepartnerin Barbara, eine geborene Zürner aus Balingen, brachte insgesamt sechs Kinder zu Welt. Das erste, Christian Gottlieb Brezing, geboren 1796 und in Haiterbach 1861 gestorben, ist damit Brechts Uropa.

Großvater Josef Friedrich Brezing wiederum, 1842 in Neubulach auf die Welt gekommen und 1922 in Augsburg verstorben, hat als Königlich-Württembergischer Stationsvorstand mehrfach den Wohnsitz gewechselt. Unter anderem war er Bahnhofsvorsteher in Pfullingen. Dort haben seine Tochter Sophie und Brechts Vater Berthold Friedrich geheiratet, wie Christoph Sonntag in seinem Buch "Schwäbische populäre Irrtümer. Ein Lexikon von A-Z" feststellt. Nicht ohne Ironie schreibt der Kabarettist, dass just neun Monate nach der Pfullinger Hochzeitsnacht der Knabe Eugen Berthold Friedrich 1898 in Augsburg das Licht der Welt erblickte, der sich später als Autor Bertolt oder Bert nannte.

Die Tatsache, dass die familiären Wurzeln eines der bedeutendsten deutschen Literaten auf der mütterlichen Seite in den Schwarzwald reichen, war zwar nicht gänzlich unbekannt, wurde aber in der Literaturwissenschaft kaum zur Kenntnis genommen (wir berichteten). Auch in Neubulach ist kaum bekannt, dass Brechts Großvater aus der Bergwerkstadt stammt.

Im Kern ist es auch für die Stadt neu, wie Bürgermeisterin Petra Schupp unserer Zeitung auf Anfrage mitteilt. Es sei für Neubulach von durchaus großer Bedeutung. Dies gelte es nun intern aufzuarbeiten.

Den Vorschlag, in Neubulach eine Straße nach Bert Brecht zu benennen, hält Schupp "für eine ganz hervorragende Idee". Sie werde das dem Gemeinderat unterbreiten. Möglichkeiten sieht die Bürgermeisterin im neuen Wohngebiet. "Da wir vor Ort auch touristische Themen haben, werden wir auch in diese Richtung überlegen", so Schupp weiter.

Der Schriftsteller selbst war sich seiner Herkunft offenbar bewusst: "Ich, Bertolt Brecht, bin aus den schwarzen Wäldern. Meine Mutter trug mich in die Städte hinein, als ich in ihrem Leib lag. Und die Kälte der Wälder wird in mir bis zu meinem Absterben sein", heißt es in dem Gedicht "Vom armen B.B.".