Kommunales: Gemeinderat stimmt aufwändigen Verwaltungsverfahren zu / Bürger-Versammlung abgesagt

Ein bisschen "business as usual" für den Neubulacher Gemeinderat auch in Zeiten von Coronavirus und allgemeinen Veranstaltungsabsagen: Der Lärmaktionsplan führte die Räte ganz tief in den deutschen Verwaltungs-Dschungel – wo sich die Verwaltung selbst aber "erst so richtig wohl" fühle.

Neubulach. Das sagte zumindest Bürgermeisterin Petra Schupp – als Entgegnung auf einen Einwurf von Gemeinderat Jonas Nothacker, der den Lärmaktionsplan und das gesamte daran hängende Verfahren eher als "wahres Bürokratiemonster" sehen wollte. Vor allem wenn es eigentlich nur darum gehe, am Ende Tempo-30-Zonen entlang der Hauptdurchgangsstraßen von Neubulach und seinen Teilorten einzurichten. Denn der Lärm, um den es beim Lärmaktionsplan vor allem geht, ist tatsächlich der Verkehrslärm. "Das müsste man doch auch so hinbekommen!?"

Zwingende Einrichtung örtlicher Limits

Aber genau da liege die Krux – so Bürgermeisterin Schupp. Eigentlich reichten die in Neubulach ermittelten Verkehrszahlen nicht dazu, das normalerweise dafür zuständige Landratsamt davon zu überzeugen, auf den Durchgangsstraßen im Ort solche Tempo-Beschränkungen einzurichten. Entsprechende Beschlüsse des Neubulacher Gemeinderats wurden in der Vergangenheit dort regelmäßig abgeschmettert. Durch eine veränderte Rechtsprechung und neue EU-Vorgaben allerdings könne es seit geraumer Zeit gelingen, über das Aufstellen eben eines solchen Lärmaktionsplans eine "Rechtsnotwendigkeit" für Lärmschutzmaßnahmen zu schaffen – was im Zweifel am Ende dann doch auf die zwingende Einrichtung von innerörtlichen Tempo-Limits hinauslaufen könnte. "Wir bekommen damit einen Fuß in die Tür", so Schupp. Weshalb man diesen Weg eben auch beschreiten sollte. Formal habe sich die Stadt Neubulach daher daran gemacht, "auf freiwilliger Basis" einen solchen Lärmaktionsplan aufzustellen. Wobei man sich dafür der Mitarbeit von Experten versichert habe – in Form der Firma SoundPLAN GmbH, einem spezialisierten Ingenieurbüro für Softwareentwicklung, Lärmschutz und Umweltplanung, sowie der Rechtsanwaltskanzlei W2K Wurster Weiß Kupfer, beide aus Stuttgart. Erstere hat bereits im vergangenem Jahr eine umfassende Lärm-Kartierung Neubulachs vorgenommen und die Ergebnisse daraus auch bereits in nichtöffentlicher Sitzung dem Gemeinderat vorgestellt.

Vorgehen verzögert sich

Und diese Ergebnisse zeigen – so ist im jetzt veröffentlichen Lärmaktionsplan nachzulesen –, dass beispielsweise im Stadtteil Neubulach zehn Gebäude und in Oberhaugstett 16 Gebäude die Werte für eine behördliche "Pflicht zum Einschreiten aus dem Kooperationserlass 2018 von 70 Dezibel am Tag" überschreiten und acht Gebäude im Stadtteil Neubulach sowie elf in Oberhaugstett 60 Dezibel in der Nacht. Die als gesundheitskritisch geltenden Werte von 65 und 55 Dezibel Tag/ Nacht (ebenfalls laut Kooperationserlass 2018) würden gar von insgesamt 49 Gebäuden in Neubulach, 39 Gebäuden in Oberhaugstett und 17 Gebäuden in Martinsmoos überschritten. Womit man in diesen Bereichen notwendige Lärmschutzmaßnahmen nun verbindlich begründen könne.

Das weitere Verfahren sieht nun vor, dass – analog etwa zu einem Bebauungsplan-Verfahren – der Lärmaktionsplan als Grundlage künftiger Entscheidungen und Maßnahmen für eine bestimmte Zeit öffentlich ausgelegt werden müsse und auch zur Anhörung der "Träger öffentlicher Belange" diesen zugestellt würde. Allerdings wünsche man sich seitens der Stadt und auch des Gemeinderats, das frühzeitig auch die Neubulacher Bevölkerung in das Verfahren involviert wird – und zwar in Form einer öffentlichen Informationsveranstaltung, bei der die Ergebnisse und Inhalte des Lärmaktionsplan den Bürgern vorgestellt werden sollen, um auch deren Stellungnahmen und Meinungen dazu zu hören. Eigentlich sei diese Bürgerversammlung auch schon fix für den 8. April im Bürgersaal terminiert gewesen, so Bürgermeisterin Schupp. Das sei allerdings nun obsolet – wegen der allgemeinen Verfügung, keine Zusammenkünfte mit mehr als 50 Personen mehr bis einschließlich Ostern im Stadtgebiet zuzulassen.

"Dadurch wird sich das Verfahren verzögern." Trotzdem vergab der Gemeinderat in seinem Entscheid einstimmig den Auftrag an die Verwaltung, die Aufstellung eines Lärmaktionsplans nach Bundesimmissionsschutzgesetz vorzunehmen – mit dem Ziel, konkrete Maßnahmen zur Verringerung des Umgebungslärms, insbesondere des Straßenverkehrslärms, künftig umsetzen zu können. Darüber hinaus wurden als sogenannte "Auslösewerte" für notwendige Lärmminderungsmaßnahmen in Neubulach Lärmbelastungen ab 65 Dezibel bei Tag und 55 Dezibel bei Nacht festgelegt. Gleichzeitig wurde die Verwaltung nun auch formal beauftragt, die frühzeitige Bürgerbeteiligung und die Behördenanhörung zu dem Entwurf des Lärmaktionsplanes für die Stadt Neubulach jetzt zu starten.