Was entsteht, wenn Meisterregisseur Pepe Danquart dem Starkünstler Daniel Richter über die Schulter schaut? „Daniel Richter“ – ein großartiger Film!
Warum, fragt der Regisseur Pepe Danquart am Anfang seiner 118-Minuten-Reise durch die Welt des Malers Daniel Richter, machen wir diesen Film eigentlich? „Wenn du willst, dass das diskutierbar bleibt, was du machst, also überprüfbar“, sagt Richter, „ist es gut, auch einen Film zu haben.“ Und: „Wenn man das gut macht, entsteht ein Bild, das sich nicht nur um mich dreht, sondern um die Frage, was kann eine bestimmte Form von Kunst und in welchen Ebenen findet das statt.“
Drei Jahre folgte Danquart dem Maler
Ein Satz wie eine Vereinbarung. Aber auch wie ein Versprechen für das, was kommt, was kommen muss, was einzig kommen kann. Oscar-Preisträger Pepe Danquart hält sich an die Vereinbarung, löst das Versprechen ein. Folgt (real von 2019 bis 2021) weniger Daniel Richter als vielmehr Daniel Richters Blicken – auf seine Materialien, auf seine Bilder, auf die Malerei an sich, auf Städte wie Hamburg, Paris, New York, Kopenhagen. Und den Worten zweier, die voller Respekt formulieren: der dänische Maler Tal R (Tal Rosenzweig) und der Hamburger Sammler Harald Falckenberg. Es ist ein Film, der die Frage, ob „das, was ich hier mache, nicht anachronistisch ist“, für die eigene Kunstform ebenso bewusst stellt, wie Daniel Richter sie für die Malerei formuliert. Kurze Ausflüge in die Lautstärke von Jonathan Meese vertiefen eher noch den Anspruch Daniel Richters, die eigenen Grenzen immer neu zu justieren.
Drei Jahre folgt Danquart dem Maler
Natürlich, Pepe Danquart und Daniel Richter haben diese Herangehensweise nicht exklusiv. Aber doch wird bis in die Präzision des Tons hinein schnell klar, dass es Danquart ernst ist mit seiner Antwort.
Was Film kann, zeigt er, wenn sich die Kamera erzählend durch Räume bewegt. Was Malerei kann, dem folgt er im Entstehen einer neuen Bilderserie Daniel Richters. Für ein Thema, das sich langsam aufbaut, das wie selbstverständlich die Logik der sozialen Medien befragt, das eine Vergangenheit spiegelt, deren weltweite Aktualität nach dem Februar 2022 und dem Angriff Russlands auf die Ukraine zunehmend auch in Europa greifbar wird. 2001, lange vor dem auch medialen Hype um die Flüchtlingsströme nach Europa, malt Daniel Richter ein voll besetztes Schlauchboot im Nirgendwo. „Tarifa“, nahezu monumentale 3,30 Meter hoch, wird 19 Jahre später vor Danquarts Kamera bei Christie’s in London versteigert – der Zuschlag in einer in jeder Sekunde auf Distanz gehaltenen Welt kommt bei 1,3 Millionen Euro.
Malen ist eine einsame Tätigkeit
Ein Jahr zuvor umkreist Danquart auf seine Weise grundsätzliche Arbeitsweisen von Daniel Richter und kommt auf ein Fundstück des Malers: die Umkehr der Heldenpostkarten deutscher Soldaten im Ersten Weltkrieg. Keine Jubelszene, kein Beweis vorgeblicher eigener Überlegenheit, sondern zwei deutsche Soldaten auf Krücken mit zerschossenen Beinen. Für Daniel Richter ein Bildimpuls. Der kunsthistorische Ballast ist immens. Und doch: Richter wagt es – um schließlich nicht ohne Grund vor den neuen Bildern zu steppen.
Im Atelier immer dabei: zwei Papageien. Besuchte man Daniel Richter jetzt im Atelier, fände man sie ersetzt durch einen Hund. Malen, das macht der Film unaufdringlich klar, ist eine einsame Tätigkeit. Man kann Pepe Danquarts „Daniel Richter“ nicht gesehen haben, man muss ihn gesehen haben.
Malen ist eine einsame Tätigkeit
Daniel Richter: Deutschland 2022. Dokumentarfilm. Regie: Pepe Danquart. 118 Minuten.