Brian Tyree Henry (li.) als Lemon und Brad Pitt als Ladybug im Hochgeschwindigkeitszug zwischen Tokio und Kyoto Foto: dpa/Scott Garfield

„Bullet Train“ ist ein heißer Ritt auf Schienen mit Zugpferd Brad Pitt, der sich als Auftragsmörder mit Kollegen zwischen skurrilen Dialogen actionreiche Szenen liefert. Der Film läuft von diesem Donnerstag an in den Kinos. Lohnt sich ein Besuch?

Im Corona-Zeitalter gilt es in Hollywood schon als Wagnis, wenn man einen Film dreht, der keine Fortsetzung eines erfolgreichen Blockbusters ist oder nicht zu irgendeinem selbst ernannten Comic-Cinematic-Universe gehört. Nun traut sich David Leitch mit seiner intelligenten Action-Komödie „Bullet Train“ auf den Kinoweltmarkt. Als Zugpferd konnte er hierfür mit Brad Pitt einen der kassenträchtigsten Stars der amerikanischen Filmindustrie unter Vertrag nehmen. Mit Hornbrille und Anglerhütchen sieht Pitt allerdings recht unglamourös aus, als er auf den Straßen von Tokio zum ersten Mal ins Bild kommt.

Vier weitere Berufskiller sitzen in dem Hochgeschwindigkeitszug

Seine Figur trägt den Codenamen Ladybug (zu Deutsch: Marienkäfer) und ist ein Auftragsmörder mit gravierenden Burn-out-Symptomen. Sein Therapeut hat ihm einige Lebensweisheiten auf den Weg zum inneren Frieden mitgegeben, auch wenn der Psychologe nicht so ganz genau über den Beruf des Patienten im Bilde war. Nun soll Ladybug kurzfristig für einen ausgefallenen Kollegen einspringen. Der Job klingt simpel. Auf dem Hochgeschwindigkeitszug zwischen Tokio und Kyoto gilt es unauffällig einen Metallaktenkoffer zu entwenden. Aber natürlich läuft hier, während der Zug seine Strecke mit sekundengenauer Pünktlichkeit zurücklegt, nichts nach Plan. Denn neben Ladybug haben vier weitere Berufskolleginnen und -kollegen ein Ticket gelöst, womit ein Netz von letalen Interessenskonflikten sukzessive aufgeschlüsselt wird.

Von „Schanghai Express“ (1932) mit Marlene Dietrich über Hitchcocks „Der Fremde im Zug“ (1951) bis zur Netflix-Serie „Snowpiercer“ war der öffentliche Fernverkehr stets ein beliebtes Filmsujet. Dabei stand die Unaufhaltsamkeit, mit der sich der Zug den Weg durch die Landschaft bahnt, immer im Gegensatz zur intimen Enge der Waggons, in der die Konflikte rasant kulminierten.

Regisseur David Leitch überzeugt etwa mit liebevoll choreografierten Kampfsequenzen

„Bullet Train“ nach dem Roman von Kôtarô Isaka sieht sich in der Tradition dieses klassischen Genres und bedient die Coolness-Ansprüche eines modernen Actionfilmes. Regisseur David Leitch ist als Stuntman ins Filmgeschäft eingestiegen, hat zuletzt für „Deadpool 2“ (2018) und „Fast & Furious: Hobbs & Shaw“ (2019) hinter der Kamera gestanden und zeigt nun auch in „Bullet Train“ einen sehr kinetischen Zugang zum Filmemachen. Im Speisewagen oder Ruhewaggon kommt es immer wieder zu liebevoll choreografierten Kampfsequenzen, in denen sehr kreativ mit der Begrenztheit des Raumes umgegangen wird. Aber die Action und einige explizite Gewaltakzente werden hier nie zum Selbstzweck, sondern sind hübsch kontrastierend in einen tiefenentspannten Erzählrhythmus eingebunden. Vor allem aber überzeugt „Bullet Train“ durch seine originellen Charaktere, die angesichts ihres tödlichen Handwerks immer wieder über die eigene Rolle im schicksalhaften Sein philosophieren. Die Dialoge erinnern teilweise an frühe Tarantino-Filme wie „Pulp Fiction“ (1994) oder Martin McDonaghs „Brügge sehen...und sterben?“ (2008), entwickeln aber ihren eigenen Flow zwischen Sinn und Skurrilität. Mit „Bullet Train“ ist Leitch ein herzhaftes Stück Kino gelungen, das seine Wirkung auf der Leinwand mit atemberaubender Lässigkeit entfaltet und sich wohltuend vom Superhelden-Einheitsbrei abgrenzt.

Bullet Train“ Regie: David Leitch mit Brad Pitt, Joey King, Brian Tyree Henry, ab 16.