Die Netflix-Doku „Harry & Meghan“ zeigt viele, oft sehr private Fotos des Paares. Foto: dpa/Duke And Duchess Of Sussex

In Folge vier der aufsehenerregenden Netflix-Doku „Harry & Meghan“ wird endlich geheiratet. Die Sendung hat aber auch neue Vorwürfe gegen den Palast in petto – zum Beispiel, dass Meghan von den anderen Royals eifersüchtig beäugt wurde.

In Folge vier wird endlich geheiratet. Die ersten drei Teile der Netflix-Dokumentation „Harry & Meghan“ führten hin auf den großen Moment: Die Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle im Jahr 2018 in Windsor.

 

Clare Waight Keller, die Designerin, die das Givenchy-Brautkleid entworfen hat, kommt zu Wort und Meghan erinnert sich, wie es dazu kam, dass ihr Schwiegervater in spe sie zum Altar führte. „Über das alles habe ich meinen Vater verloren“, sagt Meghan über die Querelen mit Thomas Markle vor der Trauung, als der Lichtregisseur für Geld für gestellte Paparazzi-Bilder posierte. Also habe sie Prinz Charles gefragt, ob er sie zum Altar führe und er habe zugestimmt. Als seine Braut durch die Kirche in Windsor auf ihn zu kam, habe er gedacht: „Schau, was ich gefunden habe“, erinnert sich Harry.

Die Doku zeigt ungesehene Bilder von der Hochzeitsparty in Frogmore House: Das Brautpaar mit Musiklegende Elton John, Harry mit seinen Freunden. Die Frischverheirateten vor einem vom Feuerwerk erhellten Himmel über Windsor.

Fotos des ersten Häuschens

Auch für den zweiten Aufschlag, die Folgen vier bis sechs, die am Donnerstag veröffentlicht wurden, stellten die Sussexes wieder sehr private Fotos und Videoaufnahmen zur Verfügung: Zum Beispiel ein Handyvideo der Herzogin, wie sie selbstvergessen durch den Flur tanzt und Fotos ihres ersten gemeinsamen Zuhauses – noch nie hat man so viel von Nottingham Cottage gesehen, das charmante, aber tatsächlich sehr kleine Häuschen, das auf dem Grund von Kensington Palace steht und in dem das Paar zu Beginn seiner Ehe lebte. Eines Tages sei Oprah Winfrey zu Besuch gekommen und habe angesichts der beengten Verhältnisse ausgerufen: „Das glaubt mir keiner!“

Noch nie gab ein Royal so viel Einblick ins Private – sogar Fotos von Harry, wie er den Bauch seiner schwangeren Frau küsst, darf der Zuschauer sehen. Und auch die erste Nanny von Archie kommt in der Dokumentation zu Wort – begleitet von vielen bislang ungesehen Fotos und Videos des Erstgeborenen der Sussexes.

In Folge vier erinnert sich Meghan an ihren ersten Solo-Termin mit der im September verstorbenen Queen Elizabeth II. „Es war so ein schöner Tag – wir haben viel gelacht.“

Die Doku zeigt auch den Einsatz der Herzogin für die Familien, die von dem verheerenden Brand des Grenfell Tower im Jahr 2017 betroffen waren. 72 Menschen kamen in dem 24-stöckigen Turm mit Sozialwohnungen ums Leben, als ein defekter Kühlschrank in Flammen aufging. Unzählige Familien wurden obdachlos. Meghan besuchte die „Frauen von Grenfell“, kochte mit ihnen und gab schließlich ein Kochbuch mit ihren Rezepten heraus.

Meghan – der Sündenbock des Palastes?

“Volume II“ spart aber auch nicht mit neuen Vorwürfen: Zum Beispiel, dass das Königshaus immer wieder negative Geschichten über Meghan an die Presse weitergegeben habe, um von Schlagzeilen über andere Royals abzulenken. „Eine Geschichte über jemanden in der Familie tauchte für eine Minute auf, und sie ließen das irgendwie verschwinden“, sagt die Herzogin. Eine Freundin der Herzogin sagt, Meghan sei für den Palast ein geeigneter Sündenbock gewesen.

Besonders hart sind die Vorwürfe, die der 38-jährige Prinz gegen seinen Bruder William und dessen Mitarbeiter erhebt. Das Büro des heutigen Prinzen von Wales habe gegen Harry und Meghan gearbeitet. Sein Bruder habe ein Versprechen gebrochen. Schließlich seien die Sussexes zu der Entscheidung gelangt, ein eigenes Pressebüro zu formen.

Prinz Harry glaubt offenbar, im Palast sei nicht gut angekommen, dass er und seine Frau so wahnsinnig populär gewesen sein: „Das Problem ist: Jemand heiratet ein, soll eigentlich nur eine Nebenrolle spielen und klaut dann das Scheinwerferlicht und macht den Job besser als der, der dazu geboren wurde. Das stört die Balance.“ Dazu werden Szenen von Prinz Charles, William und Kate gezeigt – der Zuschauer soll sich selbst einen Reim darauf machen, wen Harry wohl meinen könnte.

Erneut Szenen aus Dianas Panorama-Interview

Die anderen Royals seien eifersüchtig auf die Aufmerksamkeit gewesen, die Meghan von den Medien und der Öffentlichkeit bekommen habe. Das gleiche Problem habe seine Mutter gehabt, sagt Harry – um das zu illustrieren, zeigt die Dokumentation erneut Passagen von Dianas hochumstrittenem Panorama-Interview mit dem BBC-Journalisten Martin Bashir, das 1995 mit Hilfe von Fälschungen, Täuschungen und Tricks zustande gekommen war. Harrys Bruder William forderte vergangenes Jahr, die Sendung solle endgültig im Giftschrank der BBC verschwinden. Der Sender selbst versprach, das Interview nicht mehr zu zeigen.

Meghan spricht über Suizidgedanken

Auch dass Meghan während ihrer Zeit im Palast Suizidgedanken hatte (erstmals hatte sie das im vergangenen Jahr im Interview mit Oprah Winfrey offenbart), kommt in der Doku zur Sprache. Sie habe gedacht: „All das“, die kritische Berichterstattung, der Druck im Palast, „wird aufhören, wenn ich nicht mehr da bin. Das Beängstigende daran war, dass es völlig klare Gedanken waren.“

Meghans Mutter Doria Ragland sagt, wie schwer es für sie als Mutter war, so etwas vom eigenen Kind zu hören. Harry macht sich indes Vorwürfe, er habe seiner Frau in dieser Zeit nicht genug beigestanden: „Ich bin als Institutions-Harry damit umgegangen, nicht als Ehemann-Harry.“ Er habe gedacht: Was sollen die Leute sagen, wenn wir nicht zu diesem Event erscheinen? „Wenn ich jetzt zurückblicke, hasse ich mich dafür.“

Die Herzogin sagt, sie habe sich Hilfe suchen, in eine Klinik gehen wollen – aber der Palast habe es nicht erlaubt. „Sie hatten Bedenken, wie das für die Institution aussehen würde.“ Sie hätten nicht nur keine Unterstützung vom Königshaus bekommen, bilanziert Harry – „wir bekamen das Gegenteil.“ Meghan bringt es auf diese Formel: „Ich wurde nicht zu den Wölfen geworfen, ich wurde an sie verfüttert.“

Illegal veröffentlichter Brief als Katalysator

Im Nachhinein sieht die 41-Jährige einen von der „Mail on Sunday“ veröffentlichten privaten Brief der Herzogin an ihren Vater als Auslöser für alles, was danach kam – bis zum Rückzug der Sussexes im Jahr 2020. Nachdem sie vom Palast keine juristische Unterstützung erhalten hätten, seien sie zu der Entscheidung gelangt, selbst gegen das Blatt zu klagen. Seine Familie habe das für einen Fehler gehalten. 2021 gewann Meghan das Verfahren. Der emotionale Stress dieser Auseinandersetzung habe zu Meghans Fehlgeburt im Sommer 2020 geführt, glaubt Harry. Es ist der schwerste Vorwurf gegen den britischen Boulevard, den die Sussexes bisher geäußert haben.

Bei einer Auszeit auf Vancouver Island in Kanada sei dann die Idee entstanden, in das Commonwealth-Land zu ziehen, weiterhin royale Aufgaben zu erfüllen, gleichzeitig aber finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Die Pläne, in die Prinz Charles eingeweiht wurde, sollen dann an die Presse durchgestochen worden sein. Von wem genau präzisieren die Sussexes nicht. Also sei nichts anderes übrig geblieben, als selbst an die Öffentlichkeit zu gehen und das Vorhaben anzukündigen – via Instagram.

William soll Harry angebrüllt haben

Dann erzählt Harry von dem Spitzengespräch auf Sandringham, bei dem Meghan eigenen Angaben zufolge nicht dabei sein durfte. Dabei habe sein Bruder ihn angeschrien und sein Vater habe die Dinge gesagt, „die einfach nicht wahr waren“. Seine Großmutter habe still dagesessen und zugehört. Sie sei schließlich ihren Beratern gefolgt und habe ihrem Enkel gesagt, dass es nur zwei Möglichkeiten für ihn und seine Familie gebe: „All in or all out.“ („Ganz drinnen oder ganz draußen.“) Was folgte ist bekannt: Meghan und Harry kehren dem Königshaus den Rücken, ziehen mit dem kleinen Archie erst nach Kanada und dann schließlich nach Kalifornien.

Eine skurrile Szene findet sich in der letzten Folge der Dokumentation: Da kann man dem Paar dabei zusehen, wie es sich sein eigenes Interview mit Oprah Winfrey im Fernsehen anschaut. Am Tag nach der Ausstrahlung bekommt Meghan sogar eine Kurznachricht von Beyoncé.

Sechs Folgen lang haben die Sussexes ihre Sicht auf die Umstände kundgetan, die schließlich zu ihrem Rückzug führten. Viele Vorwürfe wurden erhoben. Wie endet die Doku-Serie schließlich? Sie zeigt, dass Harry und Meghan offenbar angekommen sind in Kalifornien, im Leben eines amerikanischen „Power Couple“ nach Vorbild der Clooneys oder Obamas. 2021 kommt ihre Tochter Lilibet Diana zur Welt. Sie haben einen Freundeskreis, zu dem der Tennisstar Serena Williams genauso gehört wie der Schauspieler Tyler Parry, von dem in der Serie offenbart wird, dass er Lilis Patenonkel ist. Von der britischen Seite der Familie gehört offenbar noch Prinzessin Beatrice dazu, Harrys Cousine. Auf Meghans Seite: Ashleigh, die Tochter ihrer entfremdeten Halbschwester Samantha, die ein Buch über die Herzogin geschrieben hat. „Das ist das Zuhause von Archie, von Lili, es ist das Zuhause von uns“, sagt der 38-Jährige über Kalifornien.

Royales Beben in Großbritannien

Die Doku hat ein neues royales Beben in Großbritannien ausgelöst. Die ersten drei Folgen vom vergangenen Donnerstag sahen in den ersten vier Tagen nach Erscheinen weltweit mehr als 28 Millionen Haushalte (81,55 Millionen gestreamte Stunden geteilt durch 2,9 Stunden Dauer, wie Netflix vorrechnete).

Bislang lehnt das Königshaus es ab, die Netflix-Serie zu kommentieren. Vergangene Woche wies der Palast die Darstellung des Streamingdienstes zurück, man sei um Kommentare zu Äußerungen in der Serie gebeten worden.

Auf der Insel glaubt man nicht, dass es nach der Doku für Harry und Meghan eine Rückkehr in die Royal Family geben kann. Die meisten Kommentatoren sind sich einig, dass die Dokumentation den endgültigen Bruch zwischen Montecito und London bedeutet.

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 und unter https://ts-im-internet.de/ erreichbar. Eine Liste mit Hilfsangeboten findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/