Das geplante Wohngebiet wird plötzlich heiß diskutiert. OB sieht keine Gefahr für VfB-Spiele.
Stuttgart - Im Neckarpark sollten nach dem Willen einer Gemeinderatsmehrheit rund 400 bis 600 neue Wohnungen entstehen - doch jetzt wird der Plan plötzlich wieder heiß diskutiert. Anlass ist die Furcht, dass die neue Nachbarschaft den Stadionbetrieb und die Veranstaltungen auf dem Wasen beeinträchtigen wird.
Die CDU-Politikerin Susanne Eisenmann (CDU) ist hin und her gerissen. Als Schulbürgermeisterin strebt sie eine spannende neue Einrichtung im Neckarpark an: ein Bildungshaus mit Kinderbetreuung und mit einer zweizügigen Gemeinschaftsschule für Kinder bis zu zwölf Jahren. Doch damit das funktioniert, müssten auf dem Areal des ehemaligen Cannstatter Güterbahnhofs 500 bis 600 Wohnungen entstehen - und gegen dieses Wohngebiet will sich der Präsident des VfB Stuttgart, Gerd Mäuser, notfalls mit einer Gerichtsklage wehren, weil er die Einschränkung des Betriebs in der Mercedes-Benz-Arena befürchtet. Dass Mäuser jetzt Fachleute für Lärmmessungen und Schallschutz hinzugezogen hat, findet wiederum das Verständnis der Sportbürgermeisterin Eisenmann. Sie versteht, dass Mäuser die vom VfB übernommene Arena auch abends uneingeschränkt nutzen möchte.
Fakten auf den Tisch
Das Lärm-Thema lässt schon seit Tagen aufhorchen. Bei einer Veranstaltung unserer Zeitung aus der Reihe "Mittendrin" wurde klar, dass weit überhöhter Lärm vom Volksfest bereits eine Gerichtsklage nach sich zog und nun Einschränkungen drohen. Zudem stellte sich heraus, dass der VfB Konsequenzen befürchtet, wenn abends Champions-League-Spiele stattfinden sollen. Im Redaktionsgespräch mit unserer Zeitung ging am Dienstag dann VfB-Chef Mäuser in die Offensive. Danach sagte Eisenmann auf Anfrage, die letzte Entscheidung über den Wohnungsbau sei im Gemeinderat noch nicht gefallen. Jetzt sollten alle Fakten und Unterlagen auf den Tisch, auch die im Auftrag des VfB ermittelten Lärmwerte bei einem Bundesligaspiel. Dann müsse man im Rathaus zu einer Gesamteinschätzung kommen.
Das Schicksal des Bildungshauses mit einem "inhaltlich richtigen und spannenden Konzept" hänge direkt an der Frage, ob es im Neckarpark Wohnungsbau in größerem Stil geben wird. Sie selbst, sagte Eisenmann, sei sich bei diesem Punkt "sehr unsicher". Der Reiz, eine neuartige Bildungseinrichtung ohne bauliche und architektonische Zwänge zu errichten, sei groß. Vorrang habe allerdings, dass der Bestand im gesetzlichen Rahmen uneingeschränkt funktionieren könne. Das münzt Eisenmann vor allem auch auf den Cannstatter Wasen. Eine Großstadt brauche so eine zentrale Veranstaltungsstätte. Verwaltung und Gemeinderat sollten sich "in aller Ruhe damit befassen, wie alles zusammenpasst".
Mäuser auf Häußlers Pfaden
Die CDU im Gemeinderat sieht sich in ihrer "kritischen Haltung" zum Thema Wohnungsbau im Neckarpark bestätigt, wenngleich sich ihre Bedenken ursprünglich eher aus der Sorge um mangelnde Wohnqualität speisten. Die großen Feste auf dem Wasen und der Stadionbetrieb dürften nicht durch Wohnungsbau eingeschränkt werden, sagte der Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz. Er fände es naheliegend, den Neckarpark zu einem reinen Gewerbegebiet und nicht zu einem Mischgebiet zu machen. Auch gegen die Ansiedlung eines Ikea-Möbelhauses hätte er nichts einzuwenden, wenn die Verkehrsproblematik gelöst wird. Die CDU würde sich gern einer neuen Generaldebatte stellen, sagte Kotz, aber im Gemeinderat sehe er keine politische Mehrheit für ein Umsteuern in Richtung Gewerbegebiet.
Tatsächlich gibt es für die größte Fraktion, die Grünen, "keine neuen Erkenntnisse". Nur Mäusers Klageandrohung sei neu, sagte Fraktionschef Peter Pätzold. Möglicherweise sei Mäuser bei dem Investor Rudi Häussler in die Lehre gegangen, der beim Stadionumbau wegen Lärms im Carl-Benz-Center zeitweilig auch mit einer Klage gedroht habe. Die Planer der Stadt hätten zum Schutz des künftigen Wohngebiets vor Lärm schon mit Änderungen des Rahmenplans reagiert, sagte Pätzold. Außerdem gebe es am Veielbrunnen schon heute ein Wohngebiet. Gleichwohl werde das Thema in nächster Zeit sicher noch einmal im Umwelt- und Technik-Ausschuss des Gemeinderats aufgerufen, glaubt Pätzold.
OB Wolfgang Schuster (CDU) gab auf Anfrage auch Entwarnung. Es gebe keinerlei Gefahr, dass VfB-Spiele nicht stattfinden könnten oder dass der Verein sich einschränken müsse. "Durch die Sportanlagen-Lärmschutzverordnung sind Fußballvereine sehr privilegiert", sagte Schusters Sprecher Markus Vogt. Der OB stelle sich den Neckarpark als "young city" vor - als Stadtviertel, in dem junge Leute Wohnen und Arbeiten miteinander verbinden.