Derzeit befindet sich in der Stadtbibliothek VS-Schwenningen eine Wanderausstellung der Heinrich Böll Stiftung. Schwerpunkt ist das Schicksal von 20 jüdischen Kindern, die in den letzten Kriegstagen ermordet wurden.
Einer der Täter war der Schwenninger Bürger Ewald Jauch.
Den Gymnasiallehrer im Ruhestand Wolfgang Heitner beschäftigt seit Jahren die Zeit des Nationalsozialismus. Darüber hielt er nun auch seinen Vortrag, für den sich 60 Zuhörer interessierten. Er zeigte die Hintergründe auf, wie es zu den Grausamkeiten der NS-Zeit kommen konnte
Grausame Berühmtheit
Interessant für die Zuhörer, den Werdegang des Schwenningers Ewald Jauch zu erfahren. Ein arbeitsloser Kaufmann, der bereits 1932 Mitglied der NSDAP wurde. Aufgrund der frühen Mitgliedschaft erhält er eine Teilzeitstelle als Angestellter der Steuerkontrolle bei der Stadt.1939 wird er einberufen und landete als berüchtigter SS-Oberscharführer Leiter des Außenlagers Neuengamme in der Schule am Bullenhuser Damm. Das ist das Thema der Ausstellung. Jauch beteiligte sich dort aktiv bei der Erhängung von 20 jüdischen Kindern.
In einem der sogenannten Curiohaus-Prozesse wird er von einem britischen Militärgericht zum Tode verurteilt. Als Nutznießer und Gestalter des NS-Systems identifizierte Heitner verschiedene Personen, so den Bürgermeister Hermann Schneider, später NS-Kreisleiter, der aufgrund seiner Parteifreunde ohne Fachkenntnisse zum Stadtoberhaupt wurde. Fachliche Unterstützung hatte er von Hermann Riedel, Ratsschreiber und Stellvertreter des Bürgermeisters.
Parteigenossen im Amt
In der NS-Zeit ab 1933 so Heitner gab „es den Drang nach den Städtischen Fleischtöpfen“ und die Parteigenossen übernahmen die repräsentativen Ämter. Nach Heitner zeigt sich dies besonders deutlich an Beispielen wie Franz Martin, Ortsgruppenleiter später Verwaltungsoberinspektor, Beamter auf Lebenszeit ohne jegliche Qualifikation. Dazu gehört auch Karl Reichert, der Leiter des E-Werks, der das Amt des Ortsgruppenleiters und später auch des stellvertretenden Kreisleiters der NSDAP ausübte. Er galt nach Recherchen Heitners als einer der „rücksichtslosesten und brutalsten Nazis Villingens.“ Die örtliche NSDAP übernahm ab 1933 die Aufgabe jüdische Geschäftsleute, Ärzte und Anwälte zu boykottieren und denunzieren. Nach und nach wurden den jüdischen Familien die ökonomischen Grundlagen entzogen. Der Focus Heitners lag auf dem Schicksal der Kinder.
Woran Stolpersteine erinnern
in Villingen-Schwenningen gibt es viele Beispiele jüdischer Familien mit schweren Schicksalen, über die heute auf der Internetseite des Vereins Stolpersteine informiert wird. Heitner verband seinen überaus dichten Vortrag über die Machtübernahme der NSDAP in Villingen und den Schicksalen der jüdischen Kinder mit der Ausstellung der Heinrich Böll Stiftung, die noch bis Sonntag, 7. Mai, besichtigt werden kann.