An vielen Stellen eine ähnliche Blütenpracht ist wie 2021 neben dem Müllerweg ist in Gaugenwald auch in diesem Jahr Ende März und Anfang April zu erwarten. Foto: Hans Schabert

Wie die wilden Narzissen auf die dortigen Wiesen kamen, ist nicht bekannt, aber wie sie erhalten werden können, wissen die Besitzer. Auch sonst weist das Dorf einige Besonderheiten auf.

So war es, soweit die Bevölkerung von Gaugenwald zurückdenken kann, und so wird es auch in wenigen Tagen wieder sein: Die Sternenblumen verkünden mit ihrer gelben Pracht auf weiten Wiesenflächen in dem Ortsteil von Neuweiler, dass der Frühling da ist. Wie seit vielen Jahren trägt der rührige Gaugenwald e.V. dazu bei, dass dies genossen werden kann.

 

Ausgeschilderter Rundweg

Fast schon Tradition ist die Ausschilderung eines Rundwegs, der für viele Besucher im Sternenblumencafé endet. Dieses wird im und bei entsprechender Witterung ums Alte Rathaus in der Zwerenberger Straße eingerichtet und öffnet am Sonntag, 30. März, ab 11 Uhr. Da aber Petrus die Dinge mitgestaltet, ist vorsichtshalber der Sonntag eine Woche später, der 6. April, als Ersatztermin ausgewiesen, denn die gelben Blüten sollten ja am Veranstaltungstag leuchten.

Achtsame Wiesenbesteller

Wie es zu der Naturerscheinung kam, weiß niemand, aber wie sie zu erhalten ist schon. Die wilden Narzissen treten zwar hier und dort als Frühlingsboten in den Höhendörfern auf. Man sieht sie, wenn auch nicht ganz so üppig, auch in Hofstett und vereinzelt in Breitenberg. Nirgendwo gibt es diese aber auf so vielen und großen Flächen in ihrer wilden Form wie in Gaugenwald. Dies liegt daran, dass hier die Wiesenbesteller auf „ihre“ Sternenblumen achten, indem sie diese sich vor der ersten Mahd zurückziehen lassen. Nur so kann die Wiederkehr im nächsten Jahr gesichert werden.

Eine der Besonderheiten Gaugenwalds ist, dass die dortige, bei der Sternenblumenblüte 2019 aufgenommene und zur Besichtigung offene, kleinste in Betrieb befindliche Kirche Württembergs im Eigentum der bürgerlichen Gemeinde steht. Foto: Hans Schabert

Im seit Jahrhunderten blühenden Gaugenwald vereinigen sich weitere Besonderheiten. So steht hier die schmucke kleine Kirche von 1689 im Eigentum der bürgerlichen Gemeinde. Der Ort wurde, anders als die meisten anderen Dörfer der Gegend, erst 1806, als das Königreich Württemberg entstand, württembergisch. Zuvor war Gaugenwald – von einem Zwischenspiel in den Armen der aufstrebenden Württemberger abgesehen – anderen Herrschaften zugeordnet, die ritterschaftlich organisiert waren. Vor allem die in Berneck residierenden von Gültlingen hatten hier das Sagen. Es handelt sich um das einzige bekannte ring- oder sternförmig angelegte Waldhufendorf.

Fast wie ein breiter Nagel

Von der Kreiszugehörigkeit stieß die Markung als Teil des Oberamts Nagold fast wie eine breiter Nagel zwischen Martinsmoos und Zwerenberg in den Bezirk Calw hinein, zu dem der Ort erst 1938 mit dem ganzen Oberamt Nagold bei Neuordnung der Landkreise kam. Deshalb wird dort traditionell teils bis heute die Nagolder Ausgabe „Gesellschafter“ des Schwarzwälder Boten gelesen.

Die lange rund 150 Einwohner zählende Gemeinde war schuldenfrei, als sie 1975 die Selbstständigkeit verlor und mit Neuweiler vereinigt wurde. Zur Zeit des Guldens verteilte sie sogar Walderlöse unter ihre Bürger. Seit 1889 hat das 1139 urkundlich belegte Dorf bis heute eine schlagkräftige Feuerwehrabteilung.

Ähnliche Naturerscheinungen

Sucht man nach der Herkunft der Sternenblume von Gaugenwald, allgemein als wilde Narzisse oder Osterglocke bekannt, stößt man auf den Ursprung in atlantisch geprägten Gebieten im Westen Mitteleuropas. Sie mag kalkarme, magere Feuchtwiesen und hohe Niederschlagsmengen. Wasser oder Ameisen sind die Samentransporteure. Die wilde Narzisse ist etwas kleiner als ihre Verwandte aus dem Gartenbeet und an der länglichen, etwas farbkräftigeren Glocke in der Mitte zwischen den sechs Blütenblättern zu erkennen. Wohl fühlt sie sich außer in Gaugenwald auch in einem Schutzgebiet im Nationalpark Eifel und in den Vogesen um Géradmer. Laut Werbung verwandelt 2025 das alle zwei Jahre stattfindende Narzissenfest vom 4. bis 6. April mit Blumencorso, Blumenskulpturen und großem Programm die Stadt in die „Perle der Vogesen“. (hms)