Weleda ist für die Herstellung von naturkosmetischen Produkten bekannt. Foto: dpa/Marijan Murat

Hochwertige Cremes und alternative Heilmittel: Vor über 100 Jahren von Rudolf Steiner gegründet, hat Weleda heute mit Verlusten zu kämpfen. Schuld daran ist neben der Inflation ein Gesetz zu homöopathischen Heilmitteln aus Frankreich.

Einst Vorreiter in der Herstellung von Naturkosmetik und von alternativen Heilmitteln, hat das Unternehmen Weleda heutzutage mit wirtschaftlichen Sorgen zu kämpfen. Die Aktiengesellschaft hat ihren Hauptsitz in der Schweiz in Arlesheim bei Basel – und mit 952 Mitarbeitern eine ihrer europäischen Niederlassungen in Schwäbisch Gmünd.

 

Obwohl das Unternehmen 2021 noch mitteilte, gut durch die Coronakrise gekommen zu sein, vermeldete die Weleda AG im Jahr 2022 einen Umsatz von 413,8 Millionen Euro und damit einen Rückgang um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Inzwischen hat man Konsequenzen gezogen, die auch das Personal in Schwäbisch Gmünd unmittelbar betreffen.

Auch Personalabbau in Frankreich

Auf Anfrage unsere Zeitung teilte ein Sprecher mit, dass in diesem Jahr eine zweistellige Zahl an Stellen in Baden-Württemberg abgebaut werden solle. Wie hoch die Zahl ist, sei noch Gegenstand von Gesprächen zwischen Betriebsrat, Personalabteilung und Geschäftsleitung. Auch am Hauptsitz in der Schweiz wurden seit letztem Jahr Mitarbeiter in Zwangsurlaub geschickt. Zudem wurde dieses Jahr die Herstellung vor allem von anthroposophischen Arzneimitteln am Standort in Huningue in Frankreich eingestellt und bis Ende März insgesamt 129 Stellen abgebaut.

Weleda wurde vor mehr als 100 Jahren vom Begründer der Anthroposophie Rudolf Steiner ins Leben gerufen, der nicht unumstritten ist. Insbesondere die alternative Heilkunde und Homöopathie als Teil der Philosophie Steiners findet in der Wissenschaft nur wenig Anerkennung. Die Wirksamkeit vieler medizinischer Produkte geht laut Untersuchungen nicht über den Placeboeffekt hinaus. So ist etwa im Jahr 2022 eine Gruppe von Wissenschaftlern von der Donau-Universität Krems zusammen mit weiteren Experten zu dem Ergebnis gekommen, dass die Wirkung von homöopathischen Mitteln „erheblich überbewertet“ werde. Dennoch sind die Deutschen einer Allenbach-Umfrage vom März dieses Jahres zufolge der alternativen Heilkunde gegenüber eher positiv gestimmt und sehen sie als Ergänzung zur Schulmedizin.

Neues Gesetz in Frankreich

Der Rückzug aus dem Geschäft in Frankreich war für Weleda vor allem wegen einer Gesetzesänderung im Jahr 2021 eine große Niederlage. Das französische Gesundheitsministerium sah keinen Beleg für die Wirksamkeit der Mittel und hat deshalb die Zuschüsse für die alternative Medizin eingestellt. Nach der Gesetzesänderung sei es zu einem Umsatzrückgang von 70 Prozent bei Arzneimitteln für Weleda Frankreich gekommen, sagt Unternehmenssprecher Tobias Jakob. „Deshalb haben wir dort die Arzneimittelherstellung eingestellt und den Standort neu strukturiert“, erklärt er. Der Sprecher betont, dass Weleda keine homöopathischen, sondern anthroposophische Arzneimittel herstelle. „Die anthroposophische Medizin versteht sich mehr als integrative Medizin“, sagt Tobias Jakob. Zudem werden die Arzneimittel in Deutschland und der Schweiz auch weiterhin hergestellt, solange sich in diesen beiden Ländern die Gesetzeslage nicht ändert. Anders als bei der Naturkosmetik sei in diesem Geschäftsfeld 2022 sogar ein globales Wachstum von sieben Prozent zu verzeichnen gewesen. „Auch in Deutschland sind wir mit den Arzneimitteln letztes Jahr gewachsen“, sagt Jakob.

Sozialverträglicher Stellenabbau

Wie die Zukunft für die Mitarbeiter in Schwäbisch Gmünd aussieht, ist allerdings erst einmal ungewiss. Bis Jahresende 2022 hatte das Unternehmen weltweit 2456 Mitarbeiter – die Personaleinsparungen noch nicht mitgerechnet. „Unser Ziel ist es, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Die Stellen werden so weit wie möglich über Verrentung, Beendigung von befristeten Verträgen, Nichtbesetzung von frei werdenden Stellen und freiwilliges Ausscheiden in Verbindung mit einer Abfindung reduziert“, sagt Unternehmenssprecher Jakob. Mit dem Stellenabbau würden demnach auch Umstrukturierungen im Unternehmen einhergehen, etwa im Bereich Marketing und Vertrieb.

Rückzug aus dem russischen Markt

Ob es in Zukunft noch weitere Einsparungen und einen weiteren Personalabbau geben soll, dazu äußerte sich das Unternehmen zunächst nicht. „Es ist zu früh, Aussagen für die Zukunft zu treffen“, sagt Sprecher Tobias Jakob. Schuld an den aktuellen Verlusten sei auch die hohe Inflation. Diese habe eine Auswirkung auf das Kaufverhalten der Konsumenten. „Diese Entwicklung ist vor allem im Bereich von Bioprodukten festzustellen“, sagt er.

Der Naturkosmetikmarkt sei in Deutschland im vergangenen Jahr um 3,5 Prozent geschrumpft, während der Kosmetikmarkt insgesamt leicht gewachsen sei. Zudem würden steigende Einkaufspreise für Rohstoffe das Unternehmen zusätzlich unter Druck setzen. Die Aussicht auf eine positive Entwicklung Anfang 2022 sei durch den Ausbruch des Ukraine-Krieges zunichtegemacht worden, da man sich beispielsweise auch aus dem russischen Markt zurückgezogen habe, sagt Weleda-Sprecher Tobias Jakob.