In der Westtürkei bebet wiederholt die Erde. Anwohner stehen vor einem zerstörten Haus in Canakkale. Foto: AP

Mittelschwere Erdstöße am Montag und Dienstag beunruhigen die Bevölkerung. Auch die griechische Insel Lesbos ist betroffen. Seismologen schließen nicht aus, dass ein schweres Beben folgt.

Istanbul - An den Dardanellen bebt die Erde. Nicht nur die Einwohner sind beunruhigt. Auch Seismologen mahnen zur Wachsamkeit: Das Hauptbeben könnte noch bevorstehen. Am Dienstagmorgen gegen halb sechs Uhr wurden zahllose Menschen in der westtürkischen Provinz Canakkale unsanft aus dem Schlaf gerissen: Ein heftiger Erdstoß erschütterte die Region an den Dardanellen. Viele Bewohner hatten allerdings ohnehin keine Ruhe gefunden. Denn bereits am Montag wurde die Region um die Meerenge von einer Bebenserie heimgesucht. Einige ältere Gebäude stürzten ein. Nach Angaben der Behörden in der Türkei wurden bisher zwölf Personen leicht verletzt.

Auch auf der griechischen Insel Lesbos schreckten die Beben die Bevölkerung auf. Die Epizentren der Erdbeben lagen etwa 50 Kilometer nordwestlich der Insel, teils unter dem Meeresboden, teils auf dem türkischen Festland in der Nähe der Ortschaft Ayvacik. Aber nicht nur die Bewohner der Region sind alarmiert. Die Bebenserie bereitet auch den Fachleuten Sorge.

Die Beben kommen aus einer der aktivsten Bruchzonen

Am Montag erschütterten mehr als ein Dutzend Beben die Region. Zwei von ihnen erreichten die Stärke von 5,3 Grad auf der Richterskala. Der Erdstoß vom Dienstagmorgen war mit einer Stärke von 5,2 Grad für ein Nachbeben ungewöhnlich heftig. Ihm folgten dann bis zum Dienstagmittag weitere 13 Beben mit einer Stärke von drei bis 4,2 Grad.

Der griechische Seismologie-Professor Kostas Papazachos spricht von einem „sehr schwierigen Phänomen“. Im Fernsehsender Skai TV sagte Papazachos, er sei „beunruhigt“ – nicht nur wegen drei schwerer Erdbeben in so kurzer Folge. „Die Beben kommen aus einer der gefährlichsten und aktivsten Bruchzonen, die wir im östlichen Mittelmeer kennen“, erklärte der Wissenschaftler. Papazachos erinnerte daran, dass diese Bruchzone in der Vergangenheit zahlreiche schwere Beben auslöste: „In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten wir hier vier Erdstöße mit einer Stärke von mehr als 6,5 Grad.“ Der Seismologe schließt nicht aus, dass es in den nächsten Tagen weitere heftige Beben geben könnte und rief die Bevölkerung zur Vorsicht auf.

Ankaras Bürgermeister äußert obskure Verschwörungstheorie

Derweil treiben Ankaras Bürgermeister Melih Gökcek obskure Verschwörungstheorien um, wie die Nachrichtenagentur AFP meldet. Gökcek hat angedeutet, dass eine ausländische Verschwörung hinter den tektonischen Erschütterungen stecken könnte. „Es gab ein Schiff, das seismische Forschung in der Gegend betrieb. Was dieses Schiff erforschte und aus welchem Land es stammte, muss dringend geklärt werden“, forderte der Politiker der regierenden AK-Partei am Dienstag im Kurzmitteilungsdienst Twitter. „Der Schlag gegen die Türkei in diesem Moment wird ein Erdbeben nahe Istanbul sein, um die türkische Wirtschaft zu treffen“, warnte Gökcek, der mehr als 3,7 Millionen Abonnenten bei Twitter hat.

Der Politiker, der die türkische Hauptstadt seit 1994 regiert, teilte ein Video auf Twitter, wonach es Instrumente gibt, um künstlich Erdbeben zu verursachen. Später forderte er, Schiffe und U-Boote mit großen Apparaturen zu beschlagnahmen. Gökcek sorgt immer wieder mit skurrilen Äußerungen für Aufsehen. So warnte er nach dem gescheiterten Militärputsch, der islamische Prediger Fethullah Gülen, der für den Putschversuch verantwortlich gemacht wird, hypnotisiere Menschen und bringe sie mittels Geistern in seine Gewalt.