Nach der Schlammlawine in Afghanistan setzen Rettungskräfte am Samstag ihre Suche nach Überlebenden fort. Foto: dpa

Schreckliche Naturkatastrophe in Afghanistan: Eine Schlammlawine reißt erst eine Hochzeitsgesellschaft fort, dann begraben die Erd- und Geröllmassen fast ein ganzes Dorf unter sich. Mehr als Menschen sterben. Rettungskräfte haben die Suche nach Überlebenden aufgegeben.

Schreckliche Naturkatastrophe in Afghanistan: Eine Schlammlawine reißt erst eine Hochzeitsgesellschaft fort, dann begraben die Erd- und Geröllmassen fast ein ganzes Dorf unter sich. Mehr als  Menschen sterben. Rettungskräfte haben die Suche nach Überlebenden aufgegeben.

Kundus/Kabul - Hoffnung aufgegeben: Die Schlammlawine im Nordosten Afghanistans hat bis zu 2100 Dorfbewohner in den Tod gerissen. Einen Tag nach dem Unglück erklärte die afghanische Regierung die Suche nach Überlebenden für beendet. Die Suche sei sinnlos, man werde nur noch Tote finden können, sagte Vizepräsident Karim Chalili, nachdem er am Samstag Betroffene des Unglücks besucht hatte. Der Gouverneur der Provinz Badachschan, Schah Waljullah Adib, sagte: „Alle unsere Brüder und Schwestern unter den Tonnen von Schlamm sind tot, und wir beten für sie.“

Helfer fanden bis Samstag etwa 300 Leichen, nachdem Erd- und Geröllmassen weite Teile des Dorfes Ab-e-Barik in der Provinz Badachschan mit sich gerissen hatten. Die Behörden gingen davon aus, dass etwa 300 Familien und insgesamt bis zu 2100 Menschen unter der Schlammlawine begraben und getötet wurden. Etwa 2000 Menschen seien aus dem Katastrophengebiet geflohen, sagte Fazluddin Ayyar, Polizeichef der Provinz, der Nachrichtenagentur dpa.

Von 700 Häusern im Dorf Ab-e-Barik seien 120 zerstört worden, teilten die Vereinten Nationen mit. 580 weiteren Familien drohte, von möglichen weiteren Schlammlawinen nach viel Regen mitgerissen zu werden. Die Polizei evakuierte am Samstag einige Häuser im Gebiet.

Bundespräsident Joachim Gauck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier bekundeten ihr Beileid. „Die Bilder der verheerenden Zerstörungen durch die Schlammlawinen im Nordosten Afghanistan haben mich sehr betroffen gemacht“, schrieb Gauck dem Präsidenten Hamid Karsai in einem Kondolenztelegramm laut Präsidialamt. Minister Steinmeier (SPD) sagte laut Mitteilung: „Die Bundesregierung steht in Kontakt zu den afghanischen Behörden und wird helfen, wo immer ihr dies möglich ist, um das Leid der Betroffenen zu lindern.“

Häuser in der Gegend sind in der Regel aus Lehm gebaut

Die Erd- und Geröllmassen hatten auch eine Hochzeitsgesellschaft mit sich gerissen. „Die Schlammlawine hat als erstes eine Hochzeitsfeier getroffen“, sagte der Gouverneur des Distrikts Argu, Hadschi Abdul Wadud Saidi. „Dabei sind 250 Menschen gestorben.“ Danach habe die Lawine fast das gesamte Dorf unter sich begraben.

„Jeder hat Familienmitglieder oder Freunde verloren“, sagte Abdul Maroof Rasekh, ein Dorfbewohner, am Telefon. Schlamm und Geröll hatten sich in zwei einzelnen Erdrutschen gelöst, so dass viele Menschen verschüttet worden seien, als sie den ersten Opfern helfen wollten. Die Überlebenden harrten nun in der Kälte aus.

Häuser in der Gegend sind in der Regel aus Lehm gebaut. Wasserfluten bringen sie relativ leicht zum Einsturz. In der Region hatte es, wie jeden Frühling, tagelang, stark geregnet. Die heftigen Niederschläge verursachen regelmäßig Überschwemmungen und Schlammlawinen.

Bereits in der vergangenen Woche hatten Überschwemmungen in vier nordafghanischen Provinzen mehr als 100 Menschen das Leben gekostet. „In den vergangenen sieben Tagen sind mehr Afghanen bei Naturkatastrophen getötet worden als im ganzen Jahr 2013“, sagte der UN-Nothilfekoordinator in Afghanistan, Mark Bowden. Der afghanische Präsident Hamid Karsai äußerte sich einer Mitteilung zufolge „zutiefst traurig“ über die Katastrophe. US-Präsident Barack Obama bot Afghanistan Unterstützung an. Auch die Nato-Schutztruppe Isaf bot der Regierung in Kabul ihre Hilfe an.

Im Distrikt Argu waren im vergangenen Jahr die Taliban aktiv. Es ist unklar, wie unsicher der Distrikt derzeit ist. Die Bundeswehr war 2012 aus der Provinz Badachschan abgezogen. Das zerstörte Dorf Ab-e-Barik ist abgelegen und nur schwer zu erreichen.