Bei der Übergabe der Unterschriften für das Bürgerbegehren „Naturbad“ im Ratssaal: Technischer Beigeordneter Thomas Schmitz, Diether Lützelschwab und Maria Brokatzky, Vertrauenspersonen der IG, und Bürgermeister Dirk Harscher (von links). Foto: Anja Bertsch

Ein Naturbad für Schopfheim – ja oder nein? „Nein“, signalisieren etwa 2700 Menschen mit ihrer Unterschrift – und führen die Stadt damit wohl zum nächsten Bürgerentscheid.

Klares Signal aus der Bürgerschaft: 2653 Unterschriften gegen die Naturbad-Pläne hat die Interessengemeinschaft (IG) Sport- und Familienbad in den vergangenen knapp vier Wochen gesammelt – mehr als doppelt so viele, wie sie gebraucht hätte, um einen Bürgerentscheid durchzusetzen.

 

Unterschriften-Übergabe an Bürgermeister Harscher

Am Donnerstagvormittag übergaben Maria Brokatzky und Diether Lützelschwab als Vertrauenspersonen der IG die Unterschriften im Ratssaal an Bürgermeister Dirk Harscher: etwa 180 Listen, die der Unterstützerkreis der IG im privaten Umfeld, auf dem Marktplatz, im Schwimmbad und in Geschäften gefüllt hatte.

Tatsächlich dürften dabei noch einige Unterschriften mehr zusammengekommen sein: Die 2653 seien der von der IG bereits geprüfte Stand der Dinge, erklärte Brokatzky; darüber hinaus habe es einige Nachzüglerlisten gegeben, so dass insgesamt etwa 2700 Unterschriften zusammengekommen sein dürften.

„An den Bürgern vorbei entschieden“

Entsprechend gestärkt sieht sich die IG in ihrem Anliegen – für Erhalt und Sanierung des Freibads in bisheriger Betriebsweise und gegen eine Umwandlung in ein sogenanntes Naturbad: „Dieses Ergebnis ist ein überwältigender Beweis dafür, wie sehr der Stadtrat mit seinem Beschluss vom 14. Juli danebenlag und an den Bedürfnissen und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger vorbei entschieden hat“, heißt es in einer Mitteilung.

Vor Ort bemühten sich beide Seiten, die Übergabe der Unterschriften sachlich über die Bühne zu bringen und nicht in die inhaltliche Debatte einzusteigen. „Für einen Schlagabtausch ist heute nicht der richtige Ort“, betonte Bürgermeister Dirk Harscher – um dann im ein oder anderen Halbsatz doch die „katastrophale Finanzlage der Kommunen“ inklusive Schopfheim zu erwähnen, die die Stadt dazu zwinge, die Kosten für die Sanierung des Freibads zu deckeln und den Weg in Richtung Naturbad einzuschlagen.

„Schwimmbad ist uns eine Herzensangelegenheit“

„Ich hätte nie geglaubt, dass ich mal in diesen ehrwürdigen Räumen für unser Schwimmbad kämpfen muss“, hinterlegte wiederum Maria Brokatzky bei der Übergabe und betonte, dass das Schwimmbad ihr und ihren Mitstreitern eine „Herzensangelegenheit“ sei. „Wir wollen das Beste für unser Bad – und sind deshalb nicht damit einverstanden, dass es aus vermeintlicher Kostenersparnis zu einem Naturbad umgebaut werden soll.“

Wie geht es nun weiter?

Der Ball liegt nun bei Stadt und Gemeinderat: Zunächst muss das Bürgerbegehren auf seine Zulässigkeit geprüft werden. Gültig sind nur Unterschriften von wahlberechtigten Schopfheimern. „Damit fangen wir gleich heute Mittag an“, kündigte Wahlleiter Gregor Hodapp an.

Dabei dürfte sich durchaus die ein oder andere Unterschrift von Menschen jenseits der Schopfheimer Grenzen finden, die mit ihrem Autogramm einfach ihre Unterstützung für das Schopfheimer Freibad bekunden wollten, räumte Broktatzky ein. An der Zulässigkeit dürfte das aber nichts ändern, da es jede Menge Unterschriften-Puffer gibt: Tatsächlich hätte die IG nur gut 1100 Unterschriften (sieben Prozent der Wahlberechtigten) benötigt, um den Weg zu einem Bürgerentscheid freizumachen.

IG-Appel: „Den Bürgerentscheid verhindern“

Dazu muss es freilich nicht kommen: Um einem Bürgerentscheid abzuwenden, kann der Gemeinderat den Beschluss, gegen den sich das Begehren wendet – den Grundsatzentscheid für ein Naturbad – eigeninitiativ ändern. „Es liegt nun in der Verantwortung des Stadtrates, einen kostenintensiven Bürgerentscheid abzuwenden, indem er seinen Beschluss ... zurücknimmt und die Sanierung unseres Freibades unter Einbezug der Bevölkerung und insbesondere auch der Badnutzer neu angeht“, schreibt die IG in diesem Sinne.

„Nochmal über die Bücher gehen“

„Wir hoffen, dass Stadt und Gemeinderat das Signal aus der Bevölkerung zum Anlass nehmen, nochmal über die Bücher zu gehen und das Thema neu aufzurollen – gemeinsam mit den Bürgern“, appellierte Maria Brokatzky auch bei der Übergabe nochmals, und sprach damit einen Kritikpunkt abseits der inhaltlichen Kontroverse pro/contra Naturbad an: Die Bürger seien von der Entscheidung völlig überrumpelt, ihnen sei das Naturbad förmlich „über Nacht vor die Füße geklatscht“ worden.

Gemeinderat ist am Zug

Ob der Gemeinderat sich auf eine Rücknahme des gerade erst gefällten Beschlusses einlässt, entscheidet sich in der Sitzung am 10. November. Das Signal der Rathausspitze ist jetzt bereit klar: „Die Verwaltung bleibt bei ihrer Linie pro Naturbad und wird entsprechend in die Debatte hineingehen“, betonte Bürgermeister.

Bürgerentscheid wohl im März

Bleibt auch der Gemeinderat bei seinem Beschluss, muss ein Bürgerentscheid durchgeführt werden. Dieser muss innerhalb von vier Monaten nach Feststellung der Zulässigkeit stattfinden – es sein denn, Rathaus und IG einigen sich auf eine Verlängerung der Frist. In die Abwägung einfließen könnte da zum Beispiel der Umstand dass zum Ablauf der Frist am 8. März Landtagswahl ist. Gelegenheit, mehr Bürger an die Urne zu ziehen und gleichzeitig den (finanziellen) Aufwand geringer zu halten, wie Maria Brokatzky argumentierte? Oder eher Grund für eine Terminverschiebung, weil das zeitgleiche Abwickeln gleich zweier Wahlen an einem Tag schwer zu stemmen ist, wie die Verwaltung andeutet? Die Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Info Bürgerentscheid

Mehrheit und Quorum: Kommt es zum Bürgerentscheid, geht zum einen darum, welche Seite die Mehrheit der Stimmen auf sich vereint. Damit das Ergebnis rechtsgültig ist, muss diese Mehrheit aber auch mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten insgesamt entsprechen – dem sogenannten Abstimmungsquorum. Die Entscheidung ist also nur bindend, wenn das Thema ein Mindestmaß an Wahlberechtigten hinterm Ofen vor- und zur Wahlurne hinlockt.

Beispiel Hebelschule:  Beim Bürgerentscheid über den (Nicht-)Verkauf der Hebelschule vor fast genau zwei Jahren hätte die BI beispielsweise mindestens 3100 Stimmen für einen Erfolg benötigt – und erreichte diese nicht.    Da sich die Zahl der Wahlberechtigten (damals etwa 15 500) seither nicht groß geändert haben dürfte, dürften die Anforderungen dieses Mal ähnlich sein.