So stellen sich die Planer den Bereich künftig vor: Der Bach ist größtenteils freigelegt und die Böschung zum Kulturbesen hin mit Sitzstufen abgeflacht. Foto: Montage Büro Geitz und Partner

Wild hin und her ist es jüngst im Gemeinderat gegangen. Die Gründe: Die Revitalisierung des Lauterbach, wie viel Geld eine schönere Geißhalde wert ist – und ein "Brückle".

Schramberg - Den lange erwarteten Bericht über die Pläne zum Gelände um den Lauterbach in der Geißhalde stellten Fachbereichsleiterin Petra Schmidtmann und Landschaftsarchitekt Thomas Kusche vom Büro Geiz und Partner vor. Sie gaben wieder, warum die Maßnahme nötig sei: hoher Versiegelungsgrad, Bachlauf stark eingequetscht, alles in die Jahre gekommen.

Angedacht sei, Teile des verdolten Wasserlaufs zu öffnen und so die von Ufermauern begrenzten Bachabschnitte gewässerökologisch aufzuwerten. Der Uferbereich soll entsiegelt und naturnah gestaltet sein, linksseitig in Richtung Kulturbesen soll "zur Erlebbarkeit" eine Flachuferzone mit Zugang zum Gewässer und Sitzstufen geschaffen werden. Dazu soll die Ufermauer größtenteils abgebrochen werden, jene rechtsseitig wird saniert und gerichtet, ebenso wie die Außenfläche vor der Szene 64.

Eine Million förderfähig, eine nicht

Zu den Kosten berichtete Kusche, dass alles, was der Gewässerökologie diene, nach der Wasserrahmenrichtlinie mit bis zu 85 Prozent gefördert werden könne – etwa Abbruchkosten, Erdentsorgung, Bachbettausgestaltung oder Bepflanzung. Eine knappe Million Euro sei so förderfähig – übrig blieben rund 200 000 Euro. Dazu komme eine weitere knappe Million Euro, von denen lediglich Elemente des Gewässerzugangs als "bewusstseinsbildende Maßnahmen" mit 30 Prozent gefördert werden könnten. Hier Fördermöglichkeiten zu prüfen nahm die Verwaltung als Hausaufgabe mit.

Thomas Brantner (CDU) ärgerte sich über das "Armutszeugnis", wie lange es gedauert habe, mit dem Thema voranzukommen. Schmidtmann bestätigte ihm, dass das zum 30. April 2023 auslaufende Sanierungsgebiet definitiv nicht mehr verlängert werden könne. "Was geht uns da flöten? Das bedrückt mich." Es brauche attraktiv gestaltete Gewerbeflächen, aber eine Million Euro ausgeben?

Neudeck: Nur das Förderfähige

Udo Neudeck (Freie Liste) rückte von den Plänen komplett ab: 200 000 Euro, die zur Renaturierung nach der Förderung bleiben seien völlig okay. "Aber eine Million ausgeben für die Bespaßung Weniger tagsüber da oben?" Veranstaltungen seien dort erst abends. "Wenn wir ein Industriegebiet toll herrichten und vermarkten, dann die H.A.U. – die gehört nämlich uns. Oder ihr geht an die Schiltach. Da haben die Schramberger wenigstens was davon", argumentierte er. Vor dem Konsens, das man sparen muss, brauche es diese Million nicht. Schmidtmann sagte, der Grundeigner der Geißhalde – der Stadt gehört dort "nur" der Lauterbach – habe den Plänen nur zugestimmt, wenn auch die Ufergestaltung gemacht werde.

Seit 20 Jahren spreche man davon zu handeln und nun, "wenn es was kostet", nicht mehr, ärgerte sich Jürgen Kaupp (CDU). Es gebe eine politische Entscheidung, weshalb auch das Sanierungsgebiet ausgesprochen wurde. Nun müsse man das auch durchziehen, denn ein Mehrwert sei durchaus da – "dort arbeiten viele, die das tagsüber nutzen können". Neudeck entgegnete, vor 20 Jahren sei ein Schulcampus noch weit und breit nicht ins Sicht gewesen. Pläne müsse man einer zeitlichen Stadtentwicklungs-Dynamik auch anpassen. Wie sich der neue Bachverlauf bei Hochwasser verhalte, sei noch nicht berechnet, sagte Kusche auf Kaupps Frage hin. Eine Planung würde aber erst genehmigt, wenn dies Bestandteil sei.

Blick nach vorn statt aufs Jetzt

Dominik Dieterle (CDU) verwies auf die Rolle der Pläne im Gesamtkonzept Talstadt-West von dort bis hin zum City-Center über neue Verkehrsleitung, neues Medzentrum, Parkplatzschaffung, und Busbahnhof. Es gehe nicht darum, für aktuelle Besucher der Geißhalde etwas zu schaffen, sondern für künftige, die dann auch durchaus dorthin kommen würden, war er überzeugt.

Unsicherheit Kulturbesen

Die Situation sei mit früher nicht mehr zu vergleichen, sagte auch Tanja Witkowski (SPD/Buntspecht). Aus ökologischen und Hochwasserschutzgründen könne die Fraktion mitgehen. "Den Rest brauchen wir nicht zwingend", sehe sie die Begehbarkeit des Wassers auch eher in der Innenstadt. Zudem gebe es, so Witkowski, Unsicherheiten wegen des "Bye Bye", das der Kulturbesen auf seinem Flyer kommuniziere. Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch und Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr sagten hierzu, der Verein sei sehr corona-gebeutelt und stehe nun vor einem Umbruch. Eine Person, die bisher viel getragen habe, würde sich wohl verabschieden, so Eisenlohr. "Wir sind in Gesprächen, es gibt diverse Ideen, sagte Gwosch.

Er sei grundsätzlich bei der Argumentation Neudecks und Witkowskis, so Brantner, der die "zusätzliche Million" genauer unter die Lupe nehmen wollte. Er sei davon ausgegangen, die im Plan angezeigten Straßen und Parkplätze könne man über das Sanierungsgebiet finanzieren. "Es ist ja auch nicht unsere Aufgabe, dem Eigentümer das Gebiet herzurichten", sagte er.

Mauer kostet – doch wer muss sie richten?

Der größte Batzen, so Kusche, komme von der Sanierung der Mauer entlang der Szene-64-Seite. "Die kostet richtig Geld", und bringe aus ökologisch-förderfähiger Sicht nichts. "Gibt es denn bei der zwingende Sanierungsgründe?", fragte Eisenlohr. Teilweise sei sie so stark unterspült, dass man einen Meter unter das Fundament gucken könne, so der Landschaftsarchitekt. Es bestehe die Möglichkeit, dass sie kippe. Hieraus entwickelte sich die zweite Hausaufgabe für die Verwaltung: In wessen Eigentum genau ist die Mauer – der Stadt oder des Grundbesitzers? Denn derjenige trage auch die Verkehrssicherungspflicht. Neudeck meinte, er kenne einen Eigner an der Schiltach – daher wisse er, dass Bachmauern in der Verantwortung des Eigners, nicht der Kommune stünden.

Nutzen muss im Vordergrund stehen

Ralf Rückert (Freie Liste) zögerte aufgrund der Kulturbesen-Unsicherheit ebenfalls, die große "Lösung mit Charme" zu unterstützen und schlug die Prüfung einer kostengünstigeren Lösung bei der Mauer-Sanierung vor. Thomas Brantner sah dabei nochmals eine Chance, gewisse Teilaspekte im Gebiet mit 60 Sanierungsgebiet-Prozenten anzugehen, was aber laut Fachbereichsleiterin Schmidtmann nicht mehr umzusetzen sei. Thomas Koch (ÖDP) betonte, der Nutzen für die Stadt müsse im Vordergrund stehen. Dieser sei bei 150 Metern Länge aus ökologischer Sicht gar eher überschaubar. Den Nutzenbegriff betonte auch vor dem Hintergrund eines Naherholungsorts Jürgen Winter (CDU), so habe es durchaus eine Bedeutung aufzuzeigen, "dass sich hinter dem Beton noch Natur verbirgt". Wenn ein Fluss, der zwischen zwei Mauern verlaufe, eine verliere, sei es immer schon ein Gewinn, sagte auch Reinhold Günter (SPD/Buntspecht). Mit 22 zu zwei Stimmen beauftragte der Gemeinderat, genannte Aufgaben zu prüfen und wieder ins Gremium zu kommen.

Info: "Das Brückle"

Der Szene-64-Vereinsvorsitzende Ulrich Bauknecht hatte im Vorfeld einige Räte und die Vertreter der Verwaltung angerufen, um für ein "Brückle" vor dem Haus hinüber zur Kulturbesen-Seite zu werben. Außer: "Bei mir hat er nicht angerufen – wohlwissend, was ich antworten würde", sagte Tanja Witkowski (SPD/Buntspecht) und lachte. Landschaftsarchitekt Thomas Kusche schätzte spontan, die Kosten könnten durchaus um die 80 000 Euro erreichen. Über das "Brückle" entwickelte sich im Rat eine lebhafte Paralleldiskussion zum eigentlichen Thema.

Gegen neue Brücke

Thomas Brantner (CDU) meinte, der Vereinsvorsitzende argumentiere mit dem Nutzen für Fußgänger durch kürzere Wege im Areal, Jürgen Kaupp (CDU) betonte, dass der Verein sich auch finanziell beteiligen würde. "Wie abgehoben ist das denn?", sagte Udo Neudeck (Freie Liste). 150 Meter abzukürzen seien indiskutabel. "Wer das nicht laufen will, soll gefälligst auf der anderen Seite bleiben." Er kenne den Vorsitzenden sehr gut und sei sich sicher, dass dieser davon ausgehe, die Stadt zahle die Gründung der Brücke und die "Szene" beteilige sich vielleicht noch beim Rest. Schon technisch mache die Brücke an dieser Stelle keinen Sinn, fand Reinhold Günter (SPD/Buntspecht).