Lettland feiert in diesen Tagen den Beitritt des Landes zur Nato vor 20 Jahren. Die Bedrohung durch Russland ist in der Region ein zentrales Thema. Foto: dpa/Alexander Welscher

Das atlantische Bündnis sichert nach dem russischen Überfall seine Ostflanke. Einen wesentlichen Beitrag leistet dabei in Zukunft auch Deutschland.

Mit Bangen blicken die baltischen Staaten in Richtung Russland. Angesichts der imperialen Aggression ihres Nachbarn sind sie sich ihrer eigenen Verwundbarkeit sehr bewusst. So erscheint den knapp sechs Millionen Esten, Letten und Litauern die Nato inzwischen wie eine Art Lebensversicherung. „Weil wir damals die richtigen und nötigen Entscheidungen getroffen haben, leben wir heute in einem freien und sicheren Estland“, betonte Regierungschefin Kaja Kallas in diesen Tagen anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Beitritts ihres Landes. Neben Estland schlossen sich am 29. März 2004 auch Lettland, Litauen, Rumänien, Bulgarien, Slowenien und die Slowakei der Nato an.

 

Eine riesige Blamage für Wladimir Putin

Die größte Erweiterungsrunde der Allianz war eine riesige Blamage für Wladimir Putin, der schon damals im Kreml das Sagen hatte. Der Präsident, der sich gerne als überlegener Strategen feiern lässt und Macht vor allem in Einflusssphären misst, musste fast tatenlos mitansehen, wie sich die ehemaligen sowjetischen Vasallen seinem Zugriff entzogen.

Seit jener Zeit bastelt Putin geradezu verbissen an der Erzählung, dass es nach dem Zerfall der Sowjetunion eine mündliche Zusicherung der Nato gegeben habe, das Bündnis nicht nach Osten auszudehnen. Aber selbst Michail Gorbatschow betonte später, dass damals eine Nato-Expansion nicht diskutiert worden sei – zumal der Warschauer Pakt noch existierte. Es sei ein Mythos, dass er vom Westen betrogen worden sein.

Russland macht Weg frei für Osterweiterung

Geklärt wurde das Verhältnis zwischen Russland und der Nato dann im Jahr 1997 mit der Unterzeichnung der Nato-Russland-Grundakte. Darin erkennt Russland an, dass es kein Vetorecht gegen die Nato-Mitgliedschaft anderer Länder hat. Spätestens damit machte Moskau den Weg frei für die Aufnahme osteuropäischer Staaten in das atlantische Verteidigungsbündnis.

In der Grundakte verpflichtet sich die Nato auch, keine Atomwaffen und auch keine „substanziellen“ Kampfgruppen dauerhaft in den Staaten des ehemaligen Ostblocks zu stationieren. Nach dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine sieht sich das westliche Bündnis allerdings nicht mehr an die Abmachungen gebunden. So ist geplant, eine 4000 Soldaten starke Kampftruppe dauerhaft in Litauen stationieren, um die Ostflanke der Nato zu stärken. Geführt werden soll die Einheit von Deutschland. Bis spätestens 2026 will die litauische Regierung die Waffen- und Munitionsdepots, Übungsplätze sowie Unterkünfte für die Truppe und ihre Familien bauen. Dann wird Litauen zu dem nach jetzigem Stand größten Truppenstandort der Bundeswehr im Ausland.

Balten fordern mehr Geld für die Nato

Auch Lettlands Verteidigungsminister Andris Spruds würdigte die Entschlossenheit der Verbündeten beim Schutz der Nato-Ostflanke und lobte auch den dafür von Deutschland geleisteten Beitrag. Die Präsenz deutscher Truppen sei „sehr gut und sehr wichtig“, sagte er.

Allerdings fordern die baltischen Politiker ihre westlichen Verbündeten auf, angesichts der russischen Aggression selbst mehr in die Verteidigung zu investieren. Gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung haben die Balten nach Angaben der Nato im Jahr 2023 die größten Rüstungsanstrengungen unternommen. „Estland gibt inzwischen mehr als drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung aus“, sagte Kallas und rief die Nato-Verbündeten dazu auf, diesem Beispiel zu folgen.

Für die drei kleinen Staaten an der Ostsee ist ein Angriff des russischen Nachbarn mehr als eine theoretische Möglichkeit. Aus diesem Grund sorgen sie bereits jetzt vor. Zum besseren Schutz wird an der Grenze zu Russland und dessen Verbündetem Belarus die sogenannte baltische Verteidigungslinie entstehen - unter anderem mit Panzergräben, Munitionsdepots und Minenlagern.