In den vergangenen beiden Länderspielen stand kein VfB-Profi in der deutschen Startelf. Jetzt macht Julian Nagelsmann Angelo Stiller und Maximilian Mittelstädt Hoffnung.
Auch Angelo Stiller und Alexander Nübel gingen am Ende durch das Spalier, das der Stab der DFB-Elf auf dem Rasen bildete. Kollektives Abklatschen und Umarmen mit den Betreuern war angesagt nach dem hart erkämpften 1:0-Arbeitssieg gegen Nordirland – auch die beiden VfB-Profis machten mit, sie strahlten sogar.
Allein: einen Teil zu diesem wichtigen Erfolg in der WM-Qualifikation am Montagabend in Belfast haben der Stuttgarter Mittelfeldmann und der Stuttgarter Keeper zumindest auf dem Platz nicht beigetragen. Denn wie schon drei Tage zuvor beim 4:0 gegen Luxemburg in Sinsheim durften sie keine Minute ran. VfB-Teamkollege Jamie Leweling musste ja wegen Adduktorenproblemen ohnehin passen, VfB-Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt wurde überraschend nicht nominiert.
Gibt es Hoffnung für die VfB-Profis?
In Belfast ergab sich nun das Bild, dass Stiller sich nicht einmal mehr warm machte – im Gegensatz zu sieben anderen Nationalspielern, die in der zweiten Hälfte an der Seitenlinie ihre Übungen absolvierten. Stiller war also keine Option für eine Einwechslung gegen die wuchtigen Nordiren.
Da drängte sich später am Abend die Frage auf, ob sich dieses Bild mit Blick auf den Taktgeber des VfB bei der DFB-Elf bald wieder ändern könnte – oder ob seine Konkurrenten Aleksandar Pavlovic und Leon Goretzka vom FC Bayern, die in Sinsheim und Belfast von Anfang an ran durften, nun die Nase vorne haben. Bundestrainer Julian Nagelsmann ging am späten Montagabend auf diese Thematik ein.
Hoffnung für Angelo Stiller
„Pavlo und Leon haben es beide gut gemacht“, sagte der Coach im kleinen Presseraum des kleinen Stadions in Belfast, das auf den royalen Namen Windsor Park hört: „Wir versuchen uns aber immer auch auf Eventualitäten vorzubereiten – bei Pavlo kann ich zum Beispiel nicht immer kalkulieren, dass er fit ist. Wenn ich immer nur auf die Säulen gesetzt hätte zuletzt, hätte ich ein Riesenproblem gehabt.“ Nagelsmann spielt damit auf die vielen Verletzungen an, die Pavlovic und andere wichtige Spieler zuletzt plagten – und ergänzte noch dies: „Deshalb orientieren wir uns an den Leistungen im Club.“
Die stimmte zuletzt bei Pavlovic und Goretzka. Nagelsmann gab aber alsbald auch eine Steilvorlage für Stiller: „Wenn andere klar besser sind als die beiden, müssen wir über die Form gehen. Wir bewerten die Leistungen der nächsten Wochen.“
Oder anders: Stiller ist in der Rolle des Herausforderers angekommen – und kann sich mit starken Leistungen beim VfB wieder in die DFB-Startelf spielen. Was ebenso zu beachten ist: Nagelsmann orientiert sich insbesondere bei seiner Aufstellung im Mittelfeldzentrum stark am Gegner und damit auf das, was jeweils auf seine Elf zukommt. In Nordirland am Montagabend war das geballte Wucht und Physis samt vieler langer Bälle der Gastgeber – Stilmittel, die eher nicht zum im Vergleich zu Goretzka und Pavlovic eher schmächtigen Stiller passten.
Am Ende war im Presseraum des Windsor-Parks auch der nicht nominierte Maximilian Mittelstädt wieder ein Thema. David Raum durfte ja jetzt zweimal den Linksverteidiger geben, in Nathaniel Brown von Eintracht Frankfurt nominierte Nagelsmann zudem einen Neuling. „Maxi hat es immer gut gemacht“, sagte Nagelsmann, aber grundsätzlich spiele er aufgrund der Ordnung beim VfB gerade ein bisschen defensiver als in der vergangenen Saison und sei offensiv nicht mehr so ganz dabei: „In den Spielen gegen Luxemburg und Nordirland haben wir ein bisschen was anderes gebraucht“. Und mit David Raum, so sah es Nagelsmann, mehr Offensivpower.
Raum sei auch ein emotionaler Leader, der zwar nicht in jeder Aktion Weltklasse sei, das aber wettmache, indem er sein Herz immer auf dem Platz lasse, ergänzte der Bundestrainer: „Das heißt nicht, dass Maxi das nicht kann, aber er ist ein anderer Spielertyp.“ Und dann sagte Nagelsmann den Satz, der Mittelstädt Hoffnung machen soll und den er schon vor ein paar Tagen so formuliert hatte: „Maxi weiß, dass die Tür nicht zu ist – die drei sollen Gas geben und dann entscheiden wir uns im November für die passenden zwei.“