Mit einem Forschungsprojekt hat der Nationalpark Schwarzwald untersucht, welche Tiere sich von Kadavern ernähren.
Tierkadaver sind wahre Hotspots biologischer Artenvielfalt und Lebensgrundlage für eine Vielzahl von Organismen – von Bakterien über Insekten und Pilze bis hin zu großen Räubern. Das ist ein Ergebnis eines gemeinsamen Forschungsprojekts der deutschen Nationalparks, das seit zwei Jahren läuft und über das der Nationalpark nun in einer Pressemitteilung informiert.
„Vorher hatte dieser Aspekt des Prozessschutzes selbst in Schutzgebieten wenig Beachtung gefunden“, sagt Jörn Buse, Sachbereichsleiter für Biodiversität und wirbellose Tiere im Nationalpark Schwarzwald.
In den vergangenen Monaten haben die Forschungsteams gezielt Kadaver ausgelegt und dann genauestens beobachtet, was mit ihnen passiert. „Die Insektengemeinschaft an Kadavern ist sehr vielfältig“, berichtet der Käferspezialist. „Je nach Zersetzungsstadium und Umgebungsbedingungen finden sich charakteristische Arten.“
Mehr als 60 Käferarten
Klassische Aaskäfer fressen am frischen Fleisch, während Speckkäfer trockenes Substrat verwerten. „Letztendlich schließen die Kadaververwerter den Nährstoffkreislauf ähnlich wie das Totholzkäfer oder Dungkäfer auch tun“, sagt Buse.
An den bisher im Nationalpark Schwarzwald untersuchten Reh- beziehungsweise Hirschkadavern fanden sich mehr als 60 verschiedene Käferarten, darunter der sogenannte Ufer-Aaskäfer. Dieser Kadaverspezialist wurde bisher mit keiner anderen Methode im Nationalpark nachgewiesen. „Viele Aaskäfer profitieren von einem regelmäßigen Angebot. Bis zu 6000 Arten inklusive Pilzen und Bakterien leben in unseren Wäldern davon“, erklärt Jörn Buse.
Kadaver bilden auch eine wichtige Nahrungsquelle für Wirbeltierarten. „Die ausgelegten Kadaver wurden zum Beispiel regelmäßig von Vogelarten wie dem Kolkraben, durch Mäusebussarde und Rotmilane, sowie vom Habicht und verschiedenen Singvogelarten aufgesucht“, erzählt Buse. Bei den Säugern gab es auch ein großes Spektrum an Besuchern: Fuchs, Baummarder, Iltis, Gartenschläfer, Mäuse, Wildschweine und auch der Wolf nutzten die Kadaver in verschiedenen Zersetzungsstadien.
„Wir arbeiten hier mit Wildtierkameras, die in der Regel über mindestens 30 Tage Aufnahmen von den Besuchern am Kadaver machen“, erklärt Raffael Kratzer, der das Projekt von Seiten des Wildtiermanagements im Nationalpark betreut.
Wattenmeer auch mit dabei
Für Marc Förschler, Fachbereichsleiter für Ökologische Monitoring, Forschung und Artenschutz im Nationalpark, sind solche größeren Verbundprojekte ideal, um voneinander zu lernen: „Wir bekommen durch die vielen unterschiedlichen Forschungsflächen vom Wattenmeer bis in die Alpen einen sehr guten Einblick in die ökosystemaren Zusammenhänge zwischen Wildbestand, lokalen Bedingungen und den assoziierten artenreichen Tiergemeinschaften“, sagt er.
Das Kadaverprojekt startete 2023 in den meisten deutschen Nationalparks. Das vom Bundesamt für Naturschutz geförderte Projekt enthält auch eine wissenschaftliche Begleitung der Maßnahmen, die im Nationalpark Schwarzwald gemeinsam von Fachbereich Ökologisches Monitoring, Forschung und Artenschutz sowie dem Wildtiermanagement des Fachbereichs Wald und Naturschutz realisiert wird. Ausgelegt und untersucht wird nur durch Verkehrsunfälle zu Tode gekommenes Wild. Das Projekt läuft noch bis Mitte 2027.