Wer denkt beim Thema Wildbienen nicht automatisch an blütenreiche oder mit Obstbäumen bestandene Wiesen in sonnenwarmen Landschaften? Doch gibt es diese fleißigen kleinen Insekten auch in den Hochlagen des Schwarzwalds?
„Tatsächlich konnten wir bisher schon 80 der 494 in Baden-Württemberg vorkommenden Wildbienenarten im Gebiet des Nationalparks Schwarzwald nachweisen“, berichtet Jörn Buse, Sachbereichsleiter für wirbellose Tiere und Biodiversität im Großschutzgebiet. 17 dieser Arten stehen in Baden-Württemberg auf der Roten Liste der gefährdeten Tiere, heißt es weiter in einer Mitteilung des Nationalparks.
Eine im Nationalpark stark vertretene Gruppe sind die Hummeln – 18 der 41 in Deutschland lebenden Hummelarten sind schon gesichtet worden. „Darunter einige Raritäten wie die Große Erdhummel“, so Buse. „Hummeln sind im Nationalpark die häufigsten und damit wichtigsten Bestäuber“, sagt Sönke Birk, Fachbereichsleiter für Forschung, Monitoring und Artenschutz. Sie sind im Vergleich mit anderen Wildbienen besonders an kühle Lebensräume angepasst.
Spezielle Nistweise
Auch drei der in Baden-Württemberg gefährdeten oder stark gefährdeten Hummelarten haben die Forscher im Nationalpark schon nachgewiesen. Darunter die Vierfarbige Kuckuckshummel, die aktuell in Baden-Württemberg nur im Schwarzwald vorkommt. „Diese Art ist eine der seltenen Kuckucksbienen, die sich durch ihre spezielle Nistweise auszeichnen. Ähnlich der Brutweise des Kuckucks haben diese Wildbienen keine eigenen Nester für ihren Nachwuchs, sondern legen ihre Eier in Nester anderer, meist spezifischer Wildbienenarten“, so Buse.
Hummeln sind weltweit durch die Klimaerwärmung und Veränderungen im Blühangebot im Rückgang begriffen, so der Nationalpark weiter. Gerade kälteangepasste Hummelarten zeigen eine nur geringe Toleranz gegenüber Hitzestress. Mit dem Nachweis der Großen Erdhummel und der Heidehummel zeige sich die Bedeutung des Nationalparks für den Erhalt kälteangepasster Wildbienen. Letztere ist in Baden-Württemberg im Bestand stark gefährdet. „Und von der Großen Erdhummel ist es wohl der erste Beleg für ganz Baden-Württemberg“, sagt Jörn Buse.
Durch seine Höhenlagen ist der Nordschwarzwald zudem Lebensraum vieler seltener Wildbienenarten wie der Rotbeinigen Lockensandbiene oder der Waldschmalbiene. Während der Wald als kühler Lebensraum für kälteangepasste Arten vorteilhaft ist, benötigen sie gleichzeitig Blühpflanzen als Nahrungsquelle.
Besondere Lebensräume
Im Vergleich zu den forstwirtschaftlich genutzten Wäldern hat der Nationalpark mehr offene Flächen und lichtere Waldstandorte zu bieten. Das nützt gefährdeten Arten, die sich hauptsächlich von Heidelbeerpflanzen ernähren, wie die Heidelbeer-Sandbiene. Gerade die Grinden im Nationalpark bieten einen besonderen Lebensraum, wie für die auf Heidekraut spezialisierte, stark gefährdete Heidekraut-Seidenbiene.
„Die Seltenheit solcher geschützten Heideflächen in Baden-Württemberg zusammen mit den klimatischen Gegebenheiten der Hochlagen machen die Grinden zu einem äußerst interessanten Lebensraum. Allein neun der gefundenen Arten würden ohne diesen Lebensraum im Nordschwarzwald vermutlich nicht vorkommen“, sagt Birk.
Während die auf Heideflächen spezialisierten Arten meist in den sandigen Böden nisten, gibt es unter den Wildbienen auch Vertreter, die Totholz zum Nisten bevorzugen.
Konkurrenz
Gefahr
droht den wilden Arten auch durch die Konkurrenz domestizierter Honigbienen, die aus der Umgebung einfliegen, so der Nationalpark. Flüge über zwei oder drei Kilometer seien dabei keine Seltenheit. Diese domestizierten Honigbienen konkurrierten mit den im Nationalpark lebenden Wildbienen um Nahrungsquellen und können eine Gefahr für den Bestand seltener Arten im Nationalpark darstellen. Auch Pollendiebstahl von Honigbienen bei Wildbienen wurde schon beobachtet, wie eine jüngst veröffentlichte Arbeit aus Ostösterreich belege. Deshalb erlaube der Nationalpark grundsätzlich keine Bienenstöcke im Gebiet.