Bleibt der Waldkindergarten erhalten, wenn die Murgschifferschaft die Flächen übernimmt? Foto: Gemeinde Enzklösterle

Der Poker um die Nationalparkerweiterung scheint beendet. Zum ersten Mal wurden jetzt Flächen genannt, die wohl betroffen sind. Es gibt aber auch eine gute Nachricht.

Bei der geplanten Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald ist die letzte Hürde nach Angaben von Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) genommen. Der Lückenschluss werde über einen Flächentausch mit der Waldgenossenschaft Murgschifferschaft möglich, sagte Walker bei einer Debatte im Landtag.

 

Deren Flächen lägen mehr oder weniger zwischen den beiden Teilen des Nationalparks. „Es konnte nach langen Verhandlungen nun ein wertgleicher Tausch der Flächen erreicht werden, so dass der Weg jetzt frei ist“, sagte Walker. Damit stehe der Erweiterung nichts mehr im Weg, so die Ministerin.

Flächentausch zwischen Waldgenossenschaft und Staatswald

Die Verhandlungen seien langwierig und nicht einfach gewesen, sagte Walker. Für den Lückenschluss zwischen den beiden bisherigen Nationalparkgebieten werden den Plänen zufolge Flächen der Murgschifferschaft gegen Staatswald rund um Enzklösterle getauscht. Das Land zieht sich zudem aus der Genossenschaft zurück und verkauft seine Anteile an die verbleibenden Eigner.

Die grün-schwarze Regierungskoalition hatte sich bereits im Oktober vergangenen Jahres grundsätzlich auf die Erweiterung geeinigt. Auch der Nationalparkrat hatte der Erweiterung im Februar zugestimmt. Jetzt muss noch der Landtag einer entsprechenden Änderung des Nationalparkgesetzes zustimmen.

Doch welche Flächen werden nun getauscht? Geplant war, dass große Teile des Staatswaldes rund um Enzklösterle von ForstBW an die Murgschifferschaft übergehen. Dazu sollen neben großen Waldgebieten dem Vernehmen nach etwa auch das Rotwildgehege, der Skihang, der Waldkindergarten, die Erdbeerplatte und die beliebten Wanderwege gehören. Dazu zählt unter anderem auch der erst kürzlich eröffnete Enzquellenpfad im Teilort Gompelscheuer.

Bereits früher hatte die Murgschifferschaft Bürgermeisterin Sabine Zenker zugesichert, „dass sich durch den Flächentausch nichts ändern würde – weder an der Nutzung noch an der Pflege der bestehenden Einrichtungen“. Das sei erst einmal beruhigend. Allerdings: „Eine schriftliche Zusage liegt uns bislang nicht vor, ebenso wenig wie eine konkrete Karte mit den geplanten Tauschflächen.“ Auch eine Karte habe sie bislang nicht erhalten.

Heiraten auf der Erdbeerplatte soll weiter möglich sein. Foto: Alex Kijak

Laut Medienberichten sagte Walter Dürr, der Betriebsleiter der Murgschifferschaft, man werde nun nicht kommen und den Waldkindergarten, den Skihang oder Wanderwege sperren. Auch Hochzeiten könnten auf der Erdbeerplatte weiter gefeiert werden, ebenso wenig soll das Rotwildgehege abgebaut werden. Die Gäste würden keinen Unterschied bemerken.

Umweltministerium zuständig für Erweiterung des Nationalparks

Federführend bei der Nationalparkerweiterung ist das baden-württembergische Umweltministerium. Die Verhandlungen zum Gebietstausch führt aber der Landesbetrieb ForstBW, der den Staatswald verwaltet und dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) nachgeordnet ist. Darauf weist Steffen Becker, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Umweltministerium, hin. „Dass diese sich gegenüber der Öffentlichkeit für Auskünfte unzuständig erklären, mag deren Sache sein, die Klarstellung der fachlichen Zuständigkeiten ist uns an dieser Stelle allerdings wichtig.“

Wie unzuständig sich ForstBW zu erklären scheint, zeigt die Tatsache, dass unsere Redaktion auf eine Anfrage per E-Mail bis Redaktionsschluss keinerlei Antwort erhielt. Wir fragten unter anderem nach, welche Flächen rund um die Gemeinde Enzklösterle betroffen sind.

Außerdem wollten wir Folgendes wissen: Der Bannwald Bärlochkar soll erhalten bleiben, ist das korrekt? Und dem Vernehmen nach gibt es auch eine Karte, auf der die betroffenen Gebiete eingezeichnet sind. Können Sie mir diese Karte zukommen lassen? Bis wann soll denn der Waldtausch vollzogen werden?

Zu all diesen Fragen hüllt man sich bei ForstBW weiter in Schweigen. Auskunftsfreudiger ist dagegen das Umweltministerium, das allerdings keine Details nennen kann – oder darf.

Auf unsere Frage, was das für die Gemeinde Enzklösterle bedeutet, antwortete Becker: „Das bedeutet, dass Waldflächen auf der Gemarkung von Enzklösterle den Besitzer wechseln. Die Murgschifferschaft hat explizit bestätigt, dass sie die bestehenden Verträge fortführen möchte, dies betrifft auch die Pachtverträge mit den Landwirten.“

Zudem bestätigt er, dass sich ForstBW und die Murgschifferschaft auf einen Flächentausch geeinigt hätten und dieser in Form einer Karte vorliege: „Ja, es gibt eine finale Tauschkulisse, auf die sich Murgschifferschaft und ForstBW verständigt haben. Diese Karte wird dem Finanzausschuss zugeleitet werden, der am 23. Oktober zum Waldtausch und dem damit verbundenen Verkauf der Landesanteile an der Murgschifferschaft beraten wird.“

Erst werden Abgeordnete über Nationalpark Schwarzwald informiert

Ob ForstBW die Gemeinde Enzklösterle über ihr Verhandlungsergebnis mit der Murgschifferschaft unterrichtet habe, „entzieht sich unserer Kenntnis“, teilt der Sprecher des Umweltministeriums weiter mit.

Deshalb kann er auch nicht sagen, welche Gebiete konkret rund um Enzklösterle von ForstBW an die Murgschifferschaft gehen.

„Die Regeln im Zusammenspiel Parlament/Regierung geben vor, dass zunächst die Abgeordneten (hier: Finanzausschuss) informiert werden“, so Becker. Er skizziert zudem den weiteren Verlauf: „Die Änderung des Nationalparkgesetzes wird voraussichtlich am 12. November in zweiter Lesung im Landtag beschlossen.“

Eine gute Nachricht gibt es immerhin – der Bannwald Bärlochkar soll jetzt doch erhalten bleiben.

Becker bestätigt: „Ja, wir haben uns aus der Perspektive des Naturschutzes dafür eingesetzt, dass der Bannwald auch in Zukunft ein Bannwald bleibt.“

Mit Bürgermeisterin Sabine Zenker habe es „zahlreiche Gespräche“ gegeben. Ansprechpersonen sowohl von ForstBW als auch von der Murgschifferschaft „standen und stehen zur Verfügung“.

Abschließend betont Becker: „Unserem Eindruck nach hat die Murgschifferschaft ein Interesse daran, dass die Zusammenarbeit mit der Gemeinde ebenso erfolgreich ist, wie die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen, die an die Flächen der Murgschifferschaft angrenzen.“