Die feierliche Schlüsselübergabe fand unter Corona-Bedingungen statt und wurde live übertragen. Foto: Achim Birnbaum

Leuchtturmprojekt für das gesamte Land. Ministerpräsident spricht von architektonischem Glanzstück.

Baiersbronn/Seebach/Ruhestein - Spektakuläre Architektur, eine außergewöhnliches Projekt und eine Übergabe, die ebenso ausgewöhnlich war: Das neue Nationalparkzentrum auf dem Ruhestein ist fertig. Am Freitag fand die feierliche Schlüsselübergabe statt.

Der Neubau am Ruhestein ist in Zukunft die zentrale Anlaufstelle für die Besucher des Nationalparks. Es bietet Platz für eine Dauerausstellung, Vorträge, pädagogische Angebote, Gastronomie und Büroarbeitsplätze. Allerdings wird es wegen der Corona-Pandemie stufenweise eröffnet. Zunächst gibt es einen Testbetrieb. Ab dem 1. März soll das Zentrum für die Öffentlichkeit zugänglich sein, zunächst mit beschränkter Gästezahl. Der unbeschränkte Betrieb ist ab 1. Juni geplant.

Filme geben Einblick in die Natur des Schutzgebiets

Hochrangige Politiker gaben sich am Freitag ein Stelldichein am Ruhestein. Aufgrund der Corona-Pandemie fand die Eröffnung ohne Öffentlichkeit statt. Stattdessen gab es eine Direktübertragung im Internet, bei dem durch mehrere Filme auch ein Einblick in das Zentrum und dessen Entstehung, inklusive der Tücken der aufwenigen Architektur, in die Dauerausstellung, aber auch den Nationalpark selbst, gegeben wurde.

Von einem architektonischen Glanzlicht, perfekt an Ort und Klima angepasst, sprach Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei der Übergabe. Das Nationalparkzentrum mit seinem spektakulären "Skywalk" habe das Zeug dazu, zu einem echten Aushängeschilde für den Nationalpark und die Region zu werden. Bisher habe im Nationalpark eine zentrale Anlaufstelle gefehlt. Es komme darauf an, den Sinn für die filigrane Natur zu wecken, sagte Kretschmann. Denn in den kommenden Jahrzehnten seien engagierte Menschen notwendig, um den Klimawandel einzudämmen. Er wünsche, dass viele kommen und sich "faszinieren lassen" vom Zentrum und vom Nationalpark selbst.

Auch kleine Gesprächsrunden, charmant moderiert von Denise Burgert, gehörten zum Programm. Eine fehlte allerdings im Ministerreigen: Finanziminsterin Edith Sitzmann. Sie hatte aus Vorsichtsgründen kurzfristig abgesagt, nachdem der Partner einer Person aus ihrem Umfeld positiv auf eine Corona-Infektion getestet worden war. Sitzmann hatte im Vorfeld laut einer Pressemitteilung betont: "Acht – wie beim Mikado – übereinander gefallene Baumstämme bilden die Grundstruktur für diesen innovativen Holzbau mit einem spektakulären Tragwerk aus heimischer Weißtanne und Baubuche. Auf dem Skywalk ist man mit den Baumkronen auf Augenhöhe, vom Turm aus hat man eine herrliche Aussicht auf den Nationalpark." Laut der Pressemitteilung des Landes stammen die 6500 Quadratmeter Fichtenschindeln der Fassade aus den Wäldern des Landesbetriebs ForstBW. Hybridkonstruktionen aus Holz und Stahl sowie Stahlträger unterstützen das Tragwerk, wo besonders hohe Lasten und Spannweiten das erforderlichen machen.

"Das, was hier gebaut wurde, ist etwas ganz Besonderes", betonte Umweltminister Franz Untersteller. Der Schwarzwald wachse mehr oder weniger direkt in das Gebäude hinein. Untersteller sprach von einer spektakulären Dauerausstellung. Verkehrsminister Winfried Hermann schnitt das Verkehrskonzept an. Es sei klar, dass ein Bussystem notwendig sei, das mit seinen Linien den Nationalpark von der Bahn aus erschließe. Dabei machte Hermann deutlich, dass davon auch die Menschen, die in der Region leben, profitieren.

Wolfgang Schlund verspricht Gänsehautstimmung

Auf das Thema Arten und Artensterben ging Wolfgang Schlund, einer der beiden Leiter des Nationalparks ein. Man tue gut daran, massiv gegen das Artensterben vorzugehen. Dazu trügen auch Schutzgebiete mit ihren Möglichkeiten zur Forschung bei. Regelrecht begeistert zeigte sich Schlund von der Ausstellung: Man gehe rein, bekomme Gänsehaut und gehe mit Gänsehaut wieder raus. Sie freue sich als Schwarzwälderin, dass ein Ort geschaffen worden sei, an dem der Schwarzwald begreifbar gemacht werde, betone Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter, Kuratoriumsvorsitzende der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Drei große Herausforderungen gebe es zurzeit: Covid-19, den Klimawandel und den Verlust der Artenvielfalt.

Von einem "großartigen neuen Leuchtturm für den Tourismus in ganz Baden-Württemberg" sprach der Freudenstädter Landrat Klaus Michael Rückert, der zugleich Vorsitzender des Nationalparkrats ist. Der Nationalpark sei eine Attraktion für Gäste aus aller Herren Länder. Die Einheimischen hätten den Vorteil, dass sie ihn jeden Tag genießen könnten. Und die Gäste könne man daran teilhaben lassen. "So sind wir Schwarzwälder drauf", sagte Rückert.

Der Landrat sieht das Nationalparkzentrum auch als ein Gebäude, dass für das Bauen mit Holz begeistern kann. Das könne die Nachfrage stärken und komme damit den umliegenden Wirtschaftswäldern zugute.

Kein Wunder, dass auch der symbolische Schlüssel aus Holz ist, der von Christian Lindinger, Leiter des Amts Pforzheim des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg, zunächst an Minister Untersteller und von diesem an Nationalparkleiter Schlund übergeben wurde. Untersteller betonte, er glaube, das Zentrum als architektonisches Leuchtturmprojekt für Baden-Württemberg zu bezeichnen, sei nicht übertrieben.

Er, so Untersteller, gebe den Schlüssel nun weiter, an diejenigen, die das Gebäude nutzen - an den Nationalpark. Und dessen Leiter beendete die Übergabe mit einem Verprechen: Das Team des Nationalparks werde auf das Gebäude bestens achten und pfleglich damit umgehen.