US-First Lady Melania Trump, US-Präsident Donald Trump, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und seine Gattin Brigitte auf dem Champs Elysée Foto: AFP

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nutzt die Präsenz von US-Präsident Donald Trump in Paris zur Demonstration neuer Stärke. Allerdings prägt auch die Erinnerung an den Terror in Nizza ein Jahr zuvor den Nationalfeiertag.

Paris - Sie genießen es, ein jeder auf seine Art. Auf dem Gesicht des französischen Staatschefs Emmanuel Macron zeichnet sich ein gelöstes Lächeln ab. Der US-Kollege Donald Trump, der an Macrons Seite die alljährlich am Nationalfeiertag fällige Militärparade verfolgt, lächelt zwar nicht. Aber das emporgereckte Kinn, die zusammengepressten Lippen verraten Genugtuung. Die Marseillaise ist verklungen. Im Tiefflug donnern Alpha-Jets über Triumphbogen und Champs-Elysées. Himmelblaue, weiße und rosa Kondensstreifen fügen sich zur pastellfarbenen Trikolore.

Die Präsidenten haben allen Grund, diesen Augenblick zu genießen. Beide dürfen sich als Gewinner fühlen. Macrons Kalkül scheint aufzugehen. Wenn er dem nur von 14 Prozent der Franzosen als vertrauenswürdig eingestuften Amerikaner die Ehre eines Empfangs am Nationalfeiertag erweist, dann nicht nur, weil vor 100 Jahren US-Soldaten in den Ersten Weltkrieg eingegriffen und maßgeblich zum Sieg der Alliierten beitrugen. Der Franzose hat weniger Historisches als Gegenwärtiges im Sinn. Er will seinem Land zu neuer außenpolitischer Größe verhelfen, auf der weltpolitischen Bühne machtvoll mitreden.

Macron will Frankreich wieder groß machen – mit Trumps Hilfe

Mit der Annäherung an den isolierten Amerikaner scheint das ehrgeizige Ziel in Reichweite. Ob als Vermittler zwischen den USA und der EU, als Washingtons Verbündeter im Syrienkonflikt und im Kampf gegen den Terrorismus: „France is back again“, wie es ein Landsmann des US-Präsidenten am Vorabend beim Empfang des Ehrengastes im Elysée-Palast formuliert hat. Womöglich wird es auch Macron sein, der dem Amerikaner eines Tages unter dem Beifall der Staatengemeinschaft eine Rückkehr zum Pariser Klimaschutzabkommen abtrotzt. Beide Seiten wollten dies am Donnerstagabend im Festsaal des Elysée-Palastes nicht ausschließen.

Das hehre Ziel vor Augen, hat Macron mit Sympathiebekundungen gegenüber dem Amerikaner nicht gegeizt. Gefragt, ob er das festliche Diner im Eiffelturm mit Trump, dessen Ehefrau Melania und der eigenen Gattin Brigitte als ein Abendessen mit Freunden empfinde, hat der Franzose nicht lange gefackelt. „Ja, das ist ein Diner unter Freunden“, hat er versichert. Dass der amerikanische Freund den Europäern nicht nur im Klimaschutz in die Parade fährt, sondern ihnen auch mit Handelskriegen droht – Schwamm drüber.

Der US-Präsident hat die ihm dargebotene Hand dankbar ergriffen. Die Einladung sei hochwillkommen gewesen, verlautet aus dem Weißen Haus. Und dann erinnert die Parade auch noch an die glorreiche Vergangenheit der USA. Amerikanische Soldaten marschieren vorneweg. Fünf in historisch-braune Uniformen gekleidete Männer führen das Bataillon an. Hinter ihnen flattert das amerikanische Sternenbanner. Trump erhebt sich, applaudiert.

An der Einladung des Amerikaners gibt es heftige Kritik

Die Festtagsstimmung dürfte den beiden Staatsmännern umso kostbarer sein, als sie diesen Tag nicht überdauern wird. Der US-Präsident muss sich an der Heimatfront heftiger Attacken wegen des Verdachts unlauterer Moskauer Wahlkampfhilfe erwehren. Aber auch Macron sieht sich Anfeindungen ausgesetzt. Verübelt wird ihm zunächst, dass er Trump an Frankreichs höchstem Feiertag überhaupt eingeladen hat. Yannick Jadot, EU-Abgeordneter und Ex-Präsidentschaftskandidat der Grünen, spricht nicht wenigen Landsleuten aus der Seele, wenn er sagt: „Der Rückzug der USA aus dem Klimaschutzabkommen ist ein krimineller Akt mit dramatischen Konsequenzen, man darf das nicht noch belohnen, indem man den Täter am Nationalfeiertag mit Pomp empfängt.“

Hinzu kommen Angriffe aus den Reihen des Militärs, dem Macron eine Budgetkürzung von einer Milliarde Euro angekündigt hat. In einer nicht salonfähigen Formulierung ließ Generalstabschef Pierre de Villiers wissen, dass er das nicht mit sich machen lassen werde. „Ich bin der Chef, ich brauche weder Druck noch Kommentare“, konterte der Präsident vor Generälen. Auf beiden Seiten ist am Freitag von einem „Vertrauensbruch“ die Rede.

Und dann heißt es sich noch dem Schrecken des Terrors zuwenden, der Frankreich ein Jahr zuvor erschüttert hat und den Nationalfeiertag noch lange überschatten dürfte. Als an jenem 14. Juli 2016 die Nacht über Nizza hereinbricht, biegt der 31-jährige Mohamed Lahouaiej Bouhlel am Steuer eines Lastwagens in die Uferpromenade ein und tötet 86 Menschen, verletzt rund 450 weitere. Ein Jahr danach huldigt Frankreichs Staatschef am Freitagnachmittag in Nizza den Opfern. Kinderchöre eröffnen die Gedenkfeier, Hinterbliebene ergreifen das Wort, eine Schweigeminute schließt sich an. Das Fernsehen überträgt den Festakt live. Spätestens jetzt ist vielen Franzosen zum Feiern nicht mehr zumute.