Ganz ungeschoren kam Landrat Frank Scherer – dann im "Büßergewand" – doch nicht davon. Die "Biehler Wäschwieber" unterzogen ihm zum Schluss einer Behandlung. Foto: Armbruster

Landrat Frank Scherer hat sich gegenüber dem Narrengericht des Ortenauer Narrenbunds verantworten müssen. Gerade so kam er noch mit einem blauen Auge davon.

Offenburg - Die Fasend macht’s möglich: Der Landrat sitzt ausstaffiert wie der Sonnenkönig auf der Bühne, spielt auf einer Gitarre zum Fastnachtshit "Schorli" während ihn die Justizministerin – mit Bollenhut, Freiburg-Trikot und Ringelsocken – mit einer Schelle begleitet und tanzt. Die Menge grölt "Schorli, Schorli, Schorli, Schorli wiss sür" – was für ein Spektakel!

Dabei war die Situation eigentlich bierernst: Der Ortenauer Narrenbund (ONB) machte Landrat Frank Scherer im Auftrag der "alt-ehrwürdigen Fastnacht" den Prozess. ONB-Präsidentin Silvia Boschert war der Auftrag im Traum eingegeben worden. Das erfuhren mehrere hundert geladene Gäste am Freitagabend in der "Narre-Burg" – einem großen Zelt auf dem Offenburger Marktplatz – vor der Verhandlung in einer kurzen Videovorführung.

Mitarbeiter setzen sich für ihren Chef ein

Das "Blaue Regiment der Schweden" der Narrenzunft Beiabsäger Hofwier führte den Delinquenten in Ketten zum Prozess – unter lautstarkem Protest einer Abordnung seiner Behörde. Des Landrats engster Kreis schwenkte Schilder, forderte lautstark "Freiheit für Scherer". Der Einsatz für den Chef half nichts: Der Landrat wurde trotzdem vor die Richterbank geführt.

ONB-Präsidentin Boschert saß dem närrischen Tribunal vor. Fast ein Dutzend Vergehen wurden Scherer vorgeworfen. Die trug Ankläger Jürgen Zapf vor. Einer war schwerwiegender als der andere: So soll Scherer in seiner Amtszeit die nördliche Ortenau sträflichst vernachlässigt, die alemannische Sprache verunglimpft und "lausig und zu laut" Gitarre gespielt haben, um nur einige zu nennen.

Bahnhof, den es gar nicht gibt, sorgt für Wirbel

Auch die Mitgliedschaft beim FC Schalke und "mangelnde Präsenz bei Brauchtumsveranstaltungen" des ONB wurden im vorgeworfen. Besonders kurios: Ein Anklagepunkt lautete auf "Vortäuschung falscher Tatsachen zum Bahnhof in Niederschopfheim". Den gebe es seit 1966 gar nicht mehr, neue Radwegweiser schilderten diesen jedoch aus, donnerte Zapf und forderte: "Schilder weg oder Bahnhof her!"

Vier Zeugen sagten – manche für, manche gegen den Angeklagten – vor Gericht aus. Joachim Haag, Personalratsvorsitzender des Landratsamts, lobte Scherer in den höchsten Tönen: "Er ist der beste Chef von allen!" Scherer selbst gab sich – ganz Sonnenkönig – in der Verhandlung sehr selbstbewusst: "Die Ortenau bin ich!" Die mit Landesjustizministerin Marion Gentges prominent besetzte Verteidigung mag ihn siegessicher gestimmt haben.

Freispruch erfolgt mit strengen Auflagen

Der Strafverteidigerin gelang einen Vorwurf um den anderen zu entkräften. "Der Landrat ist ein Ehrenmann, dem man überhaupt nix vorwerfen kann", so ihr Plädoyer. Das Intermezzo an der Gitarre diente der Beweisführung. Auch beim imaginären Bahnhof fand sich eine Erklärung: Ein vom Verkehrsministerium mit der Planung und Beschilderung des Radwegenetzes beauftragtes Kölner Büro stecke hinter dem Malheur.

Das hohe Gericht ließ sich überzeugen und sprach Scherer unter strengen Auflagen frei: So müsse er sich für die Entfernung der Bahnhofsschilder stark machen, forderte Boschert. Zudem soll Scherer Wein und Vesper für den Fasent-Auftakt des ONB-Präsidiums am 11. November spendieren. Mit diesen Auflagen schien Scherer sich gut arrangieren zu können.