Impressionen vom Narrengericht. Foto: Fehrenbacher

Zum vierten Narrengericht begrüßte Obernarr und Richter Jürgen Reichert. Bevor es zur Verlesung der Anklageschrift kam, stellten die Ankläger Ingo Maurer und Andreas Kaupp einen Antrag auf den Austausch der Geschworenen.

Den Geschworenen Narrenräten warfen sie Befangenheit in der Verhandlung gegen Rolf Buchholz vor, weshalb diese durch unvoreingenommene Bürger ausgetauscht werden sollten. Diesem Antrag wurde stattgegeben. So saßen Norbert Swoboda, die Trauerschnallen sowie „Wald- und Wiesenjurist und Hemdglonkervorstand“ Markus Kaupp als Geschworene da. „Das geht ja gar nicht, dass alle, die ich verknackt habe, dasitzen. Was ist denn das für eine Vetterleswirtschaft?“, rief Buchholz. Doch sein Einwand wurde nicht beachtet und die Anklageschrift verlesen. In der Verhandlung boten sich Angeklagter und Ankläger hitzige Diskussionen – und damit noch nicht genug schienen der Angeklagte und dessen Pflichtverteidiger sich teils uneinig zu sein.

 

So wurde dem Angeklagten Vorspiegelung falscher Tatsachen in Tateinheit mit der Anmaßung, sich als einen Geistlichen auszugeben, vorgeworfen. Er soll sich demnach im Jahr 1976 den Kleidleschlag im Kleidle des damaligen Ortspfarrers Richard Schitterer erschlichen haben. Das bestritt Buchholz nicht. Was jedoch von Seiten der Ankläger außen vor gelassen wurde, war, dass die Narrenzunft über diesen Vorgang in Kenntnis war.

Heldenhafter Einsatz

Auch soll er durch Vorspiegelung falscher Tatsachen für einen Nachteil der Mainzer Hofsänger gesorgt haben. Konkret habe Buchholz diese durch nicht wahrheitsgemäße Aussagen über Straßenverhältnisse in Lauterbach im Winter gefährdet. So seien die Sänger an der Hornberger Steige hängen geblieben und konnten nur durch den heldenhaften Einsatz von Wolfgang Öhler zu ihrem Konzert kommen. Im Zuge des Konzerts ereignete sich ein Vorfall in Verbindung mit dem Angeklagten. So sei dieser wohl ohne das Wissen der Hofsänger in deren Umkleide gegangen in einen Bajass geschlüpft. „Mit seinen Bewegungen störte er das optische Erscheinungsbild des Chores“, so ist in einer Zeugenaussage der Hofsänger zu hören. „Der Anklagepunkt zeigt die Inkompetenz des Gerichts, denn die Hofsänger können bestätigen, dass es Vertragsbestandteil war, dass ich in einen Bajass schlüpfe“, verteidigt er sich.

Auch an diesem Punkt wurden Differenzen zwischen dem Angeklagten und Verteidigern deutlich. „Wissen Sie, ich als Pflichtverteidiger mache das ja nicht zum Spaß hier“, betonte Reinke. „Ach, es ist doch ein Traum für die Anklage, die Verteidigung zerlegt sich selbst“, lautete die Antwort von Ingo Maurer.

Schwarzgeld gewaschen

Beim Anklagepunkt Geldwäsche von Schwarzgeld mithilfe der Anschaffung eines Indoor-Fitnessgeräts, brach Reinke in schallendes Gelächter aus. „Entschuldigung, wir stellen uns gerade vor, wie er in Leggings auf dem Gerät sitzt“, erläutert er. So habe der Angeklagte den Plan gehabt, den Hometrainer nach einem Jahr neuwertig wieder zu verkaufen, da er diesen nicht benutzt haben soll. „Dass ich den Hometrainer gekauft habe, um ihn nicht zu benutzen, ist schlecht recherchiert und stimmt nicht. Ich habe den schon zweimal benutzt“, sagt Buchholz. „Als der Hund auf dem Sofa saß und er etwas im Fernsehen schauen wollte“, so die Ankläger.

Im letzten Anklagepunkt wurde Buchholz vorgeworfen, Scheinselbstständigkeit zu führen, um ehelichen Pflichten zu entkommen. Eine Zeugin, welche das Gericht unkenntlich zu machen versuchte, entpuppte sich als Tochter des Angeklagten. Jedoch entkräftete diese die Vorwürfe nicht, sondern belastete ihren Vater. Buchholz verteidigt sich: „Den Anklagepunkt weise ich aufs Schärfste zurück, mein Eheleben geht zudem nur meine Frau und mich was an“, lautet die klare Aussage.

Hartes Urteil

Nachdem alle Punkte verhandelt wurden, schlugen die Ankläger ein Urteil vor, welches sich gewaschen hatte. So soll Buchholz unter anderem 500 Flaschen Wein und Bier in großen Mengen besorgen, in der Narrenmesse den Oberministranten geben, am Montag im Bajasskostüm in Schramberg auftauchen und am Pranger mit Eiern und Tomaten beworfen werden.

Richter Reichert verkündete das Urteil. Demnach sei Buchholz in allen Punkten schuldig zu sprechen, was aber auch an der schlechten Vorbereitung seiner Verteidiger lag. So muss er für Narrenräte, Obernarren und Geschworenen ein Fest organisieren und für Getränke sorgen. Die Kosten hierfür trägt er zu zwei Dritteln, den Rest bezahlen seine Pflichtverteidiger. Zudem muss er einen Ausflug mit Höhepunkt des Besuchs eines Konzerts der Mainzer Hofsänger organisieren und zu diesem Konzert ein Schild mit der Aufschrift „Rolf Buchholz und die Narrenzunft Lauterbach grüßen die Mainzer Hofsänger“ mitnehmen, welches er erst dann herunternehmen darf, wenn auch die Sänger die Zunft grüßen. Zudem wird er dazu verdonnert, eine Karnevalsveranstaltung während der hohen Tage in Mainz im Jahr 2026 zu besuchen.

In Ketten gelegt

„Aufgrund der Schwere der Tat wird er ab dem heutigen Tag über alle Fasnetsveranstaltungen hinweg in Ketten gelegt“, so lautet die letzte Strafmaßnahme des Richters.

„In meiner Eigenschaft als Richter, aber auch als Obernarr darf ich dir mit einer Kette für deine Verdienste danken“, sagte Reichert und legte Buchholz die Kette um den Hals, mit welcher er von nun an zum Obernarr ernannt wurde. Sichtlich gerührt zeigte sich Buchholz, betonte jedoch auch, dass solche Planungen und Taten nie nur von einer Person ausgehen, sondern er seit 1998 als Narrenrat und seit 2010 als Präsident immer viele um sich hatte, welche ihn unterstützt haben. „Ich werde die Kette mit Stolz tragen, wenn ich sie nicht vergesse“, betont er.

Im Anschluss spielte der Musikverein auf dem Rathausplatz zum Brezelsegen, bevor es ins Narrendorf ging.