Stand der Name von CDU-Bundesschatzmeister Helmut Linssen (Foto) auch auf einer von seinem Nachfolger Norbert Walter-Borjans (SPD) erworbenen Steuer-CD? Foto: dpa

NRW setzt im Kampf gegen Steuersünder stark auf den Ankauf von Steuer-CDs. Auf einem Exemplar soll der Name des nun unter Druck geratenen CDU-Bundesschatzmeisters Linssen stehen. Er hatte den Ankauf der Steuer-CDs 2010 erst begonnen.

NRW setzt im Kampf gegen Steuersünder stark auf den Ankauf von Steuer-CDs. Auf einem Exemplar soll der Name des nun unter Druck geratenen CDU-Bundesschatzmeisters Linssen stehen. Er hatte den Ankauf der Steuer-CDs 2010 erst begonnen.

Düsseldorf/Berlin - Helmut Linssen ist Experte in Sachen Finanzen. Von 2005 bis 2010 jonglierte er als Finanzminister in Nordrhein-Westfalen mit Zahlen. Aktuell achtet er als Bundesschatzmeister der CDU auf die Kasse. Und: Der heute 71-Jährige war der erste, der im bevölkerungsreichsten Bundesland Anfang 2010 im Kampf gegen notorische Steuerhinterzieher etwas Neues probierte: Er setzte den Ankauf einer CD mit illegal beschafften Daten von mutmaßlichen Steuerhinterziehern durch. Nun schließt sich der Kreis.

Dem Magazin „Stern“ zufolge steht auf eben einer solchen, später von seinem Nachfolger Norbert Walter-Borjans (SPD) erworbenen Steuer-CD Auch der Name Linssen. Nun steht der CDU-Politiker in der Kritik. Er soll bis 2004 Geld in Steueroasen verborgen haben. Es geht um ein Konto in Luxemburg, eine Briefkastenfirma auf den Bahamas und später in Panama. Linssen hatte in einer dürren Erklärung am Dienstag beteuert: „Ich habe keine Steuern hinterzogen.“

Am Mittwoch legt Linssen, der seit über 40 Jahren der CDU angehört und bis 2010 rund 30 Jahre im Düsseldorfer Landtag saß, in mehreren Interviews nach. Tenor: Es handelte sich um Vermögen seiner Eltern, das diese im Ausland angelegt hatten. Er selbst habe damit später keine Gewinne erzielen wollen, das Geld sogar bewusst so angelegt, dass die hohen Kosten Erträge quasi unmöglich machten. Wie genau die Bank in Luxemburg das Geld im Detail angelegt habe, weiß der Ex-Generalsekretär der NRW-CDU aber nicht, wie wer dem „Handelsblatt Live“ sagte.

Sowohl aus der Politik als auch aus der Wirtschaft und Wissenschaft hagelt es Kritik und Aufklärungsforderungen. Skepsis ist unüberhörbar. Der Berliner Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann meint: „Wer sein Geld aus Deutschland nach Panama bringt, in einen Trust, der hat ganz eindeutig steuerkriminelle Energie.“ Ein legitimer Grund für einen solchen Transfer sei nicht erkennbar.

NRW hat bislang acht CDs gekauft

Dem „Stern“ zufolge wurde ein Strafverfahren gegen Linssen 2012 eingestellt. Aufgrund von Verjährungsfristen habe er nur die Zinserträge von 2001 bis 2005 nachweisen müssen. Während Linssen bilanziert, er sei „makellos“ aus der Sache rausgekommen, könnte es laut Thielemann ganz anders gewesen sein. „Herr Linssen hat Glück gehabt: Wegen der Verjährungsfristen waren nur die Jahre 2001 bis 2005 steuerpflichtig. Damals platze die New-Economy-Blase und er hat offenbar Verluste gemacht, also nichts zu versteuern gehabt.“ Die Jahre davor seien offen. Der Wirtschaftsethiker meint: „Der Makel, der an ihm haftet, ist gravierend.“ Als Bundesschatzmeister sei er nicht mehr haltbar.

Steuerrechtsexperte Professor Joachim Englisch von der Universität Münster sagt, es gebe durchaus die Möglichkeit, Geld im Ausland so anzulegen, dass es zu einer „legalen Steuervermeidung“ komme. Damit ziehe man sich dann aber doch aus der Steuer-Solidargemeinschaft heraus.

Bohrende Fragen kommen aus der Politik vor allem von SPD und Grünen im Bund und Land NRW. Linssen müsse den Verdacht ausräumen, denn er schade nicht nur seinem eigenen Ansehen, meint etwa André Stinka, NRW-SPD-Generalsekretär.

Nordrhein-Westfalen ist in puncto Fahndung nach Steuersündern besonders energisch bei der Nutzung von Steuer-CDs. Walter-Borjans setzt auf den Ankauf wie kein anderer bundesweit. Kritiker haben ihn dafür schon als „Hehler von Düsseldorf“ bezeichnet, aber auch als „Robin Hood der Steuerzahler“ hat er sich einen Namen gemacht.

Die Kosten für die Ankäufe werden laut NRW-Finanzministerium inzwischen hälftig auf Bund und Länder umgelegt. NRW hat bislang acht CDs gekauft. Seit 2010 haben sich bundesweit 64 000 Steuersünder angezeigt, in NRW waren es allein im vergangenen Jahr etwa 4500. Über zusätzliche Milliardeneinnahmen freuen sich alle Finanzminister. Walter-Borjans - in diesem Jahr Vorsitzender der Länderfinanzministerkonferenz - will das Drohinstrument Datenkauf nicht aus der Hand geben. Ironie des Schicksals, dass sein Vorgänger Linssen hier den Anfang machte.