Theoretisch liegen die Fernwärmerohre zur Verlegung bei der alten Kläranlage in Bad Rippoldsau bereit, doch ob sie in diesem Jahr noch zum Einsatz kommen, ist derzeit fraglich. Foto: Kern

Der Ausbau des Nahwärmenetzes in Bad Rippoldsau soll merklich an Tempo zulegen. Diese Forderung der Gemeinde wurde in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats deutlich formuliert.

Annähernd zwei Stunden hatte Projektentwickler Jörg Dürr-Pucher, Geschäftsführer der Firma „Clean Energy“ aus Radolfzell, den Stand der Dinge erläutert und war ob der Verzögerung in Erklärungsnot geraten. „Wir haben eine Blutspur der Planung hinter uns,“ bezog sich Dürr-Pucher auf die geplatzten Landeszuschüsse aufgrund der novellierten Förderkulisse im September vergangenen Jahres.

Mit der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) erfolge eine Investitionskostenförderung in Höhe von maximal vierzig Prozent der Investitionen in Erzeugungsanlagen und Infrastruktur. Das sind laut Dürr-Pucher 13 Prozent mehr als vorher. „Der große Nachteil der Verzögerung der Projektentwicklung bringt den Vorteil der stabilen kommunalen Finanzierung“, argumentierte er. Der Zuschuss müsse nicht vorfinanziert werden. Nötig sei jedoch die vorherige behördliche Unbedenklichkeitsbescheinigung.

Baubeginn auf September terminiert

Wenn im Mai klar sei, was gefördert werde, könne die Ausschreibung zeitnah erfolgen. Noch in dieser Woche soll der BEW-Antrag abgegeben werden. Den voraussichtlichen Baubeginn terminierte der Projektentwickler auf September – dann aber ist es nicht mehr weit bis zum Winter. Um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, soll bei der Kirche mit einer Containerlösung eine Art Notheizung installiert werden.

Das erregte nicht nur das Missfallen von Bürgermeister Bernhard Waidele, der sagte, dass nach drei Jahren Vorlaufzeit kein Provisorium mehr gewünscht sei. „Bei der Infoveranstaltung letztes Jahr hieß es, dass Sie das hinkriegen und jetzt soll ein Notbehelf geschaffen werden“, kritisierte Jasmin Kern (FWV) und betonte, dass die Kosten nicht vollständig der Kommune zugeschlagen werden können. Die Bestellung und Lieferzeit der Holzkessel sei das Problem, meinte Dürr-Pucher.

Bürgermeister will mit der Umsetzung beginnen

Warum ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn nicht genehmigt werde, wollte Waidele wissen und setzte nach: „Suchen Sie Wege, wie wir zeitnah in die Umsetzung gehen und förderunschädlich mit der Maßnahme beginnen können.“ Ersteres sei darin begründet, dass das Gesamtprojekt geprüft werden müsse, meinte Dürr-Pucher und was Letzteres angehe, bestehe die Herausforderung darin, herauszufinden, ob Abkürzungen möglich sind.

Der erste Bauabschnitt soll in der Fürstenbergstraße von der alten Kläranlage bis zum Kurhaus erfolgen. Unter den Nägeln brennt der Gemeinde auch die Hansjakobstraße und der Gaisbachweg, wo aufgrund der Straßensanierung eine Vorwegnahme der Rohrverlegung erfolgen soll.

1,24 Millionen Euro Baukosten

Waidele verhehlte seinen Ärger nicht ob der seiner Meinung nach überbordenden Bürokratie, die das größte Hemmnis darstelle. „Erst in der Umsetzung haben die Bürger was davon,“ betonte er. Dürr-Pucher versicherte, dass er hochmotiviert sei, das Projekt voranzutreiben.

Der Bau der Heizzentrale und eines Kernnetzes über eine Strecke von 1450 Metern ist die Basis des geplanten Nahwärmenetzes in Bad Rippoldsau. Die Baukosten sind Stand Juli 2022 auf 1,24 Millionen Euro angesetzt. Laut Projektentwickler sind bisher neben den Großabnehmern wie dem Altenheim auch 38 private Wärmelieferverträge abgeschlossen worden. Mit eingeplant ist die Verlegung der Leerrohre für den Breitbandausbau und der Austausch alter Wasserrohre.