Betreiben seit fünf Jahren den Inzlinger Landmarkt: Stefan und Nadine Berger. Foto: Tim Nagengast

Vor fünf Jahren hat Stefan Berger gemeinsam mit seiner Frau Nadine den Landmarkt übernommen. Dieser Mut hat sich ausgezahlt, auch wenn die Zeiten manchmal hart waren.

„Solli, Christa!“, „Guten Tag, Frau Wuchner!“: Stefan Berger kennt die meisten seiner Kunden im Landmarkt, sehr viele davon auch mit Namen. Auf rund 80 Prozent beziffert der Landmarkt-Inhaber die Stammkundenquote. Und dieser Kundenstamm sei gottlob stabil, freut sich der 36-Jährige. Überhaupt kommt ihm das Wort „stabil“ im Gespräch mit unserer Redaktion sehr häufig über die Lippen. „Ja, es läuft besser, wir sind stabil“, sagt Berger.

 

Doch der Weg hin zu dieser Stabilität sei durchaus steinig gewesen, räumt er ein. Nicht nur einmal habe es Momente gegeben, an denen er sich gefragt habe: „Kann das so weitergehen?“

Dass der Landmarkt den Sprung vom zunächst integrativ geführten Laden hin zum privat geführten Supermarkt geschafft hat, kann für das Dorf als Glücksfall bezeichnet werden, der zunächst so nicht abzusehen war. Zu gut ist den Inzlingern noch die Zeit des Leerstands vor rund zehn Jahren in Erinnerung, als Familie Drechsle ihren Frischemarkt geschlossen hatte und sich zunächst niemand fand, der die Geschäftsräume des einzigen Vollsortimenters im Waieland übernehmen wollte.

Sozial-integratives Projekt war gescheitert

Als das Katholische Bildungswerk anno 2017 den Landmarkt eröffnete, waren die Erwartungen groß – und die Freude im Dorf ebenfalls. Doch von Freude allein kann kein Geschäft dauerhaft überleben. Nach drei von einigen Aufs und Abs geprägten Jahren musste der Träger sich selbst eingestehen, dass sein ambitioniertes Ladenprojekt in Inzlingen ein Drauflegegeschäft und letztlich gescheitert war.

Einer, der dies anders sah, war Stefan Berger. Als zunächst einfacher Angestellter und später Leiter des Landmarkts ergriff er jetzt die Chance, das Geschäft zu übernehmen und all das zu verändern, was aus seiner Erfahrung heraus nötig wäre, um das Lädeli rentabel zu machen.

Familie und Geschäft passen unter einen Hut

Haben Sie das je bereut, Herr Berger?

„Nein.“ Berger schüttelt den Kopf und strahlt dabei. „Obwohl wir damals am Anfang schon recht blauäugig waren. Aber so, wie es jetzt ist, läuft es für uns perfekt.“ Mit Ehefrau Nadine und Söhnchen Alexander lebt er im Dorf, kann den Dreijährigen morgens in den Kindergarten bringen, geht dann ins Geschäft, macht dort mit seiner Frau und drei Aushilfen alles selbst und kann sich so auch gewisse Freiheiten schaffen. „Wenn ich wegen des Kleinen mal weg muss, ist das kein Problem. Dann macht Nadine hier eben weiter. Oder umgekehrt. Wir beide können uns im Geschäft bestens vertreten. das ist optimal für uns. So kann ich zum Beispiel meinen Sohn viel mehr erleben als jemand, der nach auswärts pendelt und ausschließlich abends daheim ist. Nadine und ich können uns die Familienarbeit prima aufteilen.“

Dabei gab es schwere Zeiten für den Landmarkt auch unter Bergers Regie. Besonders der Anfang im Dezember 2020 habe zunächst „voll reingehauen“, berichtet der ursprünglich aus Steinen stammende Einzelhandelskaufmann. Er habe den Landmarkt ja während der Corona-Zeit und obendrein „als Ganzes“ übernommen: mit Personal, mit Warenbestand.

Das Blatt hat sich zum Positiven gewendet

Doch kaum, dass der Geschäftsbetrieb nach einigen Sortimentsanpassungen und weiteren Veränderungen an Fahrt aufgenommen hatte, brach 2022 der Ukrainekrieg aus. „Plötzlich wurde alles deutlich teurer: die Preise allgemein, Energie, einfach alles“, erinnert Berger sich an „harte Zeiten“. Da seien manche Kunden weggeblieben, andere hätten den Cent dreimal umdrehen müssen, während seine eigenen Fixkosten weiter gestiegen seien.

Doch das Blatt hat sich zum Positiven gewendet. Erfolgreich haben Bergers das Ruder herumgerissen, das Sortiment konsequent dem örtlichen Bedarf angepasst, die Öffnungszeiten ebenso, aber genauso weggestrichen, was mehr Arbeit als Ertrag brachte. Dazu gehörte beispielsweise die Postagentur, die bis Ende Februar im Landmarkt integriert war.

Der Landmarkt spielt eine wichtige Rolle für die Nahversorgung im abseits der Hauptverkehrsströme gelegenen Inzlingen. Foto: Tim Nagengast

Blitzableiter für verärgerte Postkunden

Weil er von Teilen der Bevölkerung als „de Pöschtler“ wahrgenommen worden sei, habe er zunehmend als Blitzableiter fungieren müssen, berichtet Berger. Gab es bei Päckchen und Briefen irgendwo im Dorf wieder einmal Zustellprobleme, standen Kunden bei ihm im Laden und beschwerten sich darüber. Am Ende habe er gefürchtet, wegen offensichtlicher Servicemängel der Post eigene Kunden zu verlieren und daher den Agenturvertrag mit dem Gelben Riesen gekündigt. Nach all diesen Veränderungen findet der Kunde in Bergers Inzlinger Landmarkt heute auf rund 200 Quadratmetern Verkaufsfläche eine erstaunlich große Auswahl an Dingen des allgemeinen Bedarfs vom Preiseinstiegs- bis zum Premiumsegment. Dazu kommen Waren von regionalen Beschickern, worauf Bergers sehr großen Wert legen.

Kunden können gerne Wünsche äußern

Ansonsten freuen sich Nadine und Stefan Berger immer, wenn Kunden direkt auf sie zukommen und ihnen sagen, was sie sich noch im Sortiment wünschen. „Wir sind flexibel. Sagt uns, was Ihr gerne bei uns kaufen würdet. Schreiben Sie das in der Zeitung“, sagt der Landmarkt-Inhaber, ehe er den Reporter verabschiedet und gleichzeitig den nächsten Kunden begrüßt. Mit Namen natürlich.