Der ÖPNV, die Bus-Verkehre und die Schülerbeförderung – all das sind im Augenblick "offene Baustellen" im Kreis Calw. (Archivbild) Foto: Fritsch

Notvergabe wird von Gerichten kassiert. Zuschüsse für Schülerbeförderung neu geregelt. 

Der ÖPNV, die Bus-Verkehre und die Schülerbeförderung – all das sind im Augenblick "offene Baustellen" im Kreis Calw. Ein Thema, das auch den Kreistag auf dessen Sitzung im Bad Liebenzeller Kurhaus ausgiebig beschäftigte. Wobei nur bei einem Punkt Einigkeit herrschte.

Kreis Calw - Und zwar bei der Änderung der "Satzung über die Gewährung eines Zuschusses zu den notwendigen Schülerbeförderungskosten": Einstimmig sprach sich das Gremium dafür aus, dass Landkreis und Eltern je zur Hälfte die ab 1. Januar 2021 wirksamen Preiserhöhungen für Schülermonatskarten zu tragen haben werden. In der VGC-Tarifstufe 1 entspricht das einer Zuschusserhöhung von 50 Cent (auf 12 Euro; Elternanteil: nun 41,50 Euro) für den Landkreis, in der höchsten Tarifstufe von 2,50 Euro (auf 86 Euro; Elternanteil: nun 58,50 Euro).

Kreisräte irritiert über Entwicklung

Laut Sitzungsvorlage würde dies bei gleichbleibender Schülerzahl für den Landkreis insgesamt zu jährlichen Mehraufwendungen von rund 93.000 Euro führen. Allerdings wies Landrat Helmut Riegger darauf hin, dass diese neue Förderrichtlinie voraussichtlich nur bis zum kommenden Sommer gelten werde – da spätestens ab dann das sogenannte "Schüler-Abo" im Landkreis eingeführt werden soll.

Beim Thema "ÖPNV-Notvergabe zur Sicherstellung des Busverkehrs im Raum Neuenbürg – Dobel – Bad Herrenalb" gab’s zwar für die Kreisräte nichts zum Entscheiden, aber da war doch eine gewisse Irritation über die Entwicklung zu dieser Thematik in den vergangenen Monaten zu spüren.

Zur Erinnerung: Nachdem das Verkehrsunternehmen Müller-Reisen GmbH & Co. KG aus Birkenfeld sich im April von der Betriebspflicht für die sogenannten Verkehrsbündel "Birkenfeld/Straubenhardt" und "Neuenbürg/Straubenhardt" entbinden ließ, die auch die über Calwer Kreisgebiet laufenden Bus-Linien 716 und 916 Bad Herrenalb – Dobel – Pforzheim enthalten, hatte der Kreis Calw gemeinsam mit dem Enzkreis und der Stadt Pforzheim eine Notvergabe vorgenommen – bei der die Unternehmen Richard Eberhardt GmbH aus Engelsbrand und die RVS Regionalbusverkehr Südwest GmbH aus Karlsruhe zum Zuge kamen.

Oberlandesgericht weist Beschwerde zurück

Problem dabei: Ausgerechnet Müller-Reisen hat gegen diese Notvergabe Einspruch bei der Vergabekammer Baden-Württemberg eingelegt und ein Vergabenachprüfungsverfahren beantragt – weil es bei der Entscheidung zur Notvergabe nicht berücksichtigt worden war. Dem folgte die Vergabekammer – wogegen wiederum der Landkreis Calw, der Enzkreis und die Stadt Pforzheim als Aufgabenträger Einspruch beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe einlegten, weil aus ihrer Sicht im ersten Urteil nicht ausreichend berücksichtig worden war, ob ein Unternehmen, das sich von mit verbindlichen Zusicherungen "abgesicherten eigenwirtschaftlichen Linienverkehren aufgrund drohender Insolvenz entbinden lassen" hat, bereits aus diesem Grund von einem nachfolgenden Vergabeverfahren ausgeschlossen werden könne. Dies sei nach Ansicht der Aufgabenträger abweichend von der Rechtsauffassung der Vergabekammer Baden-Württemberg der Fall.

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Allerdings bestätigte das OLG Karlsruhe das erste Urteil der Vergabekammer und wies die Beschwerde der Landkreise gegen die Vergabekammer zurück – mit der Konsequenz, dass die bereits geschlossenen Not-Verträge mit der Richard Eberhardt GmbH und der RVS GmbH rechtlich keinen Bestand mehr hatte und als von Beginn an unwirksam anzusehen waren. Die Folge für die betroffenen Busverkehre: Es wurde eine "Interimsvergabe" notwendig, mit der extrem kurzfristig die Linienbündel erneut ausgeschrieben wurden – für das nun in Bezug auf die den Kreis Calw betreffenden Buslinien allein die RVS Regionalbusverkehr Südwest GmbH noch ein Angebot abgab und damit zum Zuge kam.

Dieser Interimsvertrag – wiederum per Notvergabe in Kraft gesetzt – startete am 5. Dezember und läuft bis zum 31. Januar 2021. Der dabei auf den Landkreis Calw entfallene "voraussichtliche Zuschussbedarf dieser Maßnahme" wird laut Sitzungsvorlage auf rund 44.000 Euro geschätzt. Um aber auch endlich wieder zu einem ordentlichen Vergabeverfahren für die betroffenen Linienbündel zurückkehren zu könne, soll der Zeitraum der Interimsvergabe auch dafür genutzt werden, ein – nach den Vorgaben der Vergabekammer und des OLG – verkürztes Vergabeverfahren durchzuführen, und zwar mit einem Vergabe-Zeitraum ab 1. Februar 2021 bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2022.

1,5 Millionen Euro Einsparung sollen realisiert werden

Zu guter Letzt spielte der ÖPNV, und hier der neue, ab 1. Januar 2021 gültige Nahverkehrsplan des Landkreises bei den abschließenden Haushaltsberatungen eine Rolle. Auf Wunsch der Kreisräte sollte Michael Stierle als Abteilungsleiter ÖPNV erläutern, wie die von den Kreisräten geforderten 1,5 Millionen Euro Einsparungen – gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsplan-Entwurf für 2021 – realisiert werden sollen. Man werde dafür, so Stierle, bei den neu gestalteten Wochenend-Verkehren nur noch ein Angebot bis 18 Uhr abends anbieten – und nicht wie geplant bis mindestens 21 Uhr. Stierle wies aber darauf hin, dass auch das immer noch im Rahmen des neuen Nahverkehrsplans "ein großes Plus" bei den Wochenend-Verkehren sei, weil bisher so gut wie keine Busse am Wochenende fahren würden.

Auch bei den Verkehren wochentags werde man wohl in gleicher Weise Einschränkungen bei den Abendverkehren vornehmen, wobei hier aber noch nicht klar sei, ob eine Begrenzung bis 19 Uhr ausreiche – oder doch auch hier die Angebote bis 18 Uhr zurückgeführt werden müssten. Auf Nachfrage aus den Reihen der Räte unterstrich Stierle aber, dass diese Kürzungen keine ganzen Linien betreffen würde, sondern nur die Bedienung dieser Linien zu bestimmten Zeiten – wobei darauf geachtet würde, dass die vorzunehmenden Kürzungen gleichmäßig übers ganze Kreisgebiet verteilt würden, um keine Region zu benachteiligen.