Die "Alte Post" eingerüstet? So mancher Nagolder dürfte sich schwer damit tun, sich zu erinnern, wann oder ob er das jemals gesehen hat. Nach rund 40 Jahren ist es 2021 so weit: Die "Alte Post" erfährt eine Grundsanierung. Auch dank Sanierungsmitteln des Landes.
Nagold - Mit dem Städtebauförderprogramm des Landes hat man in Nagold bereits beste Erfahrungen gesammelt. So manches Vorzeigeprojekt in der Stadt wäre womöglich nie oder zumindest nicht so zügig und in diesem Umfang in Angriff genommen worden, wenn nicht großzügige Mittel aus dem Städtebautopf geflossen wären. Das Besondere daran: Liegt ein Projekt in einem offiziell anerkannten Sanierungsgebiet, so können die vom Land zugesagten Mittel nicht nur für öffentliche Bauvorhaben sondern auch für private Projekte fließen. So manches schicke Ladengeschäft in der Innenstadt ist ein gutes Beispiel dafür. Und auch die Liste der bisher geförderten kommunalen Projekte ist lang. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Der Vorstadtplatz gehört ebenso zu den geförderten Maßnahmen wie der Gerichtsplatz, die Wachsende Kirche, der Longwyplatz, das Nagoldufer und der gesamte Riedbrunnen.
Sanierungsgebiet "Nordöstliche Innenstadt"
Auch aktuell hat Nagold wieder solch ein Sanierungsgebiet in der Mache: "Nordöstliche Innenstadt" nennt sich das Areal. Und bereits im vergangenen Jahr ist etwa eine Millionen Euro in Maßnahmen in das Gebiet geflossen. Nun sagte das Land eine Aufstockung der Mittel in diesem Jahr um weitere 1,4 Millionen Euro zu. Eine Nachricht, die der Landtagsabgeordnete des Kreises, Thomas Blenke (CDU) natürlich gerade im Wahljahr besonders gerne vor Ort beim Pressegespräch mit Nagolds OB Jürgen Großmann verkündet. Denn auch das gehört quasi zum System der Städtebauförderung (in die übrigens nicht nur Mittel des Landes sondern auch des Bundes und aus dem Finanzausgleich fließen): Jahr um Jahr können weitere Mittel beantragt und genehmigt werden. Das Sanierungsgebiet bekommt also nicht nur einen einmaligen Schub sondern meist fortlaufende Unterstützung, um sich weiterzuentwickeln.
Die ganz neuen Baustellen sind es indes nicht, die bei solch einem Pressegespräch verkündet werden. Mit Ausnahme der "Alten Post". Nagolds Schmuckstück am Vorstadtplatz hat dank neuem Eigentümer nicht nur im Restaurantbereich einen umfassende Umbau hinter sich. Der gesamte Gebäudekomplex "Alte Post" hat auch Wohnraum zu bieten – mehr als man denkt. Von 19 Wohneinheiten berichtet Nagolds OB, die sich in den oberen Stockwerken unter dem Dach des denkmalgeschützten Gebäudes befinden. Und ein Großteil davon – die Rede ist von "13 oder 14" – befindet sich mittlerweile in städtischem Eigentum. "Wir haben einen großen Teil der Wohnungen gekauft", informiert Großmann. Und fügt hinzu: "Wir wollten sichern, dass es in einer Hand ist." Der Stadt gehe es darum, zu bestimmen, "wer da wohnt, und zu welchem Preis" – auch im Hinblick auf das Thema bezahlbarer Wohnraum. Nun entscheide der Gemeinderat darüber, wer dort wohne.
Ein neuer öffentlicher Platz am OHG
Einher geht mit dieser "Bildung von Eigentum in öffentlicher Hand" (OB Großmann) eine umfassende Sanierung. Das eigentlich adrett anzusehende Gebäude hat eine Sanierung nämlich notwendiger als man denken könnte. Bei der umfassenden Grundsanierung geht es zum Beispiel auch darum, das stark angegriffene Holz des Fachwerks fachgerecht zu sanieren. Hinzu kommen energetische Aspekte der Sanierung. Sowohl die Stadt als Eigentümerin der meisten Wohnungen als auch der private Besitzer des Restaurants sollen von den Fördermitteln profitieren.
Ein weiteres Großprojekt, das mit Städtebaumitteln gefördert wird, ist die Platzgestaltung im Bereich der Stadthalle und des OHG. Aktuell sind dort noch die Bauarbeiten für die Erweiterung der Tiefgarage am laufen. Danach soll auf der Tiefgarage ein neuer öffentlicher Platz entstehen.
Nahezu abgeschlossen ist Projekt Nummer drei: Die Neugestaltung der Waldachstraße, so dass die Bereiche am neuen H&M und die Marktstraße auch gestalterisch – zum Beispiel mit gleichem Pflasterstein – miteinander verbunden werden.
Ideen und Pläne gibt es zudem für die Erweiterung und Umgestaltung der Parkierungsanlage "Nagold Ost" – besser bekannt als Weihergässle.
Neben zwei privaten Maßnahmen in der Bahnhofstraße und am Gerichtsplatz will die Stadt schließlich auch das Thema Stadtarchiv endlich angehen. Wie bereits mehrfach von der Stadt angekündigt, soll im Gebäude Bahnhofstraße 19 und 19/1 (Traube-Zentrum) in den Räumlichkeiten des ehemaligen CAP-Marktes ein modernes Stadtarchiv verwirklicht werden. "Ein ganz wichtiges Projekt", wie Nagolds OB betont. Schließlich verfüge man in Nagold über Archivgut, das bis ins Mittelalter zurückgehe. Das Problem: Seit mindestens 30 Jahren wurde kaum Archiv-Arbeit mehr geleistet – sagt der OB, durchaus auch selbstkritisch. In den neuen Räumen sollen die verschiedenen Archive der Stadt – zum Beispiel auch jene aus den Ortsteilen – zusammengezogen werden. Großmann: "Das sind wichtige Kulturgüter."
200.000 Euro für den neuen Dorfplatz
Neben der "nordöstlichen Innenstadt" erhält noch ein weiteres Sanierungsgebiet städtebauliche Mittel. 200.000 Euro fließen in den Dorfplatz in Hochdorf. Das Umfeld des Neubaus der Seniorenanlage von Martha-Maria soll zu einem zentralen Platz gestaltet werden. "Das ist ein Gesamtpaket. Das wird richtig gut", ist Nagolds OB überzeugt.
Gerade auch im Beisein des Landtagsabgeordneten Thomas Blenke lobt Großmann die Städtebauförderung als "wichtiges Instrument" – da seien sich eigentlich fast alle Parteien einig. Blenke verweist unter anderem darauf, dass das Programm seit 40 Jahren bestehe und "strukturpolitisch ganz, ganz wichtig" sei. Ein Paradebeispiel für die effektive Nutzung der Mittel ist Nagold. "Eine brutale, unglaubliche Dynamik", bestätigt Blenke der Stadt. "Ihr habt das ganz klug gemacht." Dass es sich bei den Städtebaumitteln um gut angelegte Steuergelder handelt, verdeutlicht der CDU-Politiker zudem mit folgender Statistik: "Ein Euro Städtebaumittel löst vor Ort acht Euro an Investition aus."
Umgerechnet auf die Mittel, die in diesem Jahr nach Nagold fließen sollen, wären das Investitionen von 12,8 Millionen Euro.