Der Literaturkritiker Denis Scheck las bei den Nagolder Literaturtagen aus seiner „Bestsellerbibel“. Themen waren Franz Kafka, Oliver Kahn und ein gewisser Feuerlöscher.
Denis Scheck ist Deutschlands bekanntester Literaturkritiker – nicht zuletzt, weil er sich in seiner Sendung „Druckfrisch“ einmal im Monat die „Spiegel“-Bestsellerliste vornimmt und Bücher, die vor seinen Augen keine Gnade fanden, kamerawirksam „in die Tonne kloppt“. Kein Wunder also, dass Mario Gotterbarm, als Chef der Volkshochschule Oberes Nagoldtal Mitveranstalter der Nagolder Literaturtage, ein wenig stolz war, als er den Autor der „Bestsellerbibel“ im ausverkauften Kubus ankündigte.
Das mit um die 440 Seiten recht gewichtige Werk aus dem Piper-Verlag versammelt Schecks Kritiken von Juni 2003 bis Dezember 2023 zwischen zwei Buchdeckeln. Denis Scheck hat es aber nicht bei der Auflistung belassen, sondern auch die „Zehn Gebote des Lesens“ formuliert und einen Überblick über die zehn meistverkauften Bücher aller Zeiten verfasst. Außerdem stellte er jedem Jahrgang ein Essay voran. Und just diese Betrachtungen waren es, die er – eingebettet in launige Schilderungen seines Werdegangs – dem Nagolder Publikum vortrug.
Sind Bücher Fenster?
Scheck beantwortet in seiner „Bestsellerbibel“ die Frage, warum so viele Bücher Krimis sind und ob Bücher Spiegel oder Fenster sind. Er fragt, ob ein Buch ein Freund sein oder Werte stiften kann.
„Können Bücher Trost spenden?“ ist eines der Essays überschrieben. Denis Scheck überlässt die Antwort Dora Diamant, die in ihrem Buch „Mein Leben mit Franz Kafka“ die Geschichte der „Puppenbriefe“ erzählt. Er zitiert David Foster Wallaces Text „Das hier ist Wasser“, um zu klären, ob Bücher ihre Leser zu besseren Menschen machen können.
Zwischen den Lesungen erzählte Scheck, wie seine Liebe zu Science-Fiction-, Fantasy- und Horrorliteratur dazu führte, dass er bereits als 13-Jähriger Fuß im Literaturbetrieb fasste, indem er einen Text eines Reporters der Washington Post über die Fernsehserie „Roots“ für 2000 Mark an den „Playboy“ vermittelte und zusätzlich zu seinem Anteil noch 2000 Mark Honorar extra für die Übersetzung aushandelte. Wie er, mehr oder weniger als „Maskottchen“, am Stammtisch der literarischen Übersetzer im Bad Canstatter Weinhaus Pfund akzeptiert wurde und wie er als 16-jähriger „Ehrenstipendiat“ Wohnrecht im Schriftstellerhaus mitten im Stuttgarter Bohnenviertel erhielt.
Auf die Bücher, die er im Lauf der vergangenen zwei Jahrzehnte besprochen hat, ging der Autor in Nagold gar nicht ein. Er zitierte lediglich Oliver Kahn, der in seiner Biografie „Nummer 1“ feststellte, dass die Trennung von seiner Ehefrau „nichts mit ihrer Person“ zu tun gehabt habe – ein gefundenes Fressen für den Kritiker Scheck. Allerdings sei er dem Nationaltorhüter wenig später in einem Baden-Badener Hotel persönlich gegenüber gestanden – „und wenn Oliver Kahn sich einen halben Meter vor einem aufbaut, versteht man, wie er zum Beinamen ,Titan’ gekommen ist“. Die Begegnung verlief glimpflich: „Eins muss man Oliver Kahn lassen: Er hat Nehmerqualitäten.“
Feuerlöscher als Requisit
Scheck lobte die sportliche Reaktion des Autoren-Duos Klüpfel/Kobr, nachdem er einen „Kluftinger“-Roman wenig schmeichelhaft bewertet hatte, und streifte das offenbar etwas schwierige Verhältnis zu seiner Kollegin Elke Heidenreich, die auch noch in seiner direkten Nachbarschaft wohnt.
Abschließend beantwortete Denis Scheck Fragen aus dem Publikum. Was es denn mit dem Feuerlöscher auf sich habe, der in jeder „Druckfrisch“-Sendung auftauche, wollte ein Zuhörer wissen. Das sei einfach ein Requisit, das überall verfügbar sei, erklärt der Autor – „sehen Sie, da hinten hängt auch einer“.
Er drücke sich einfach vor jeder anderen Arbeit, erklärt er, wie er es schafft, so viele Bücher zu lesen. Ob denn nach einer schlechten Rezension schon jemand „so richtig sauer“ gewesen sein, fragte ein Zuhörerin. „Ja“, sagt Scheck und fügt hinzu: „Wenn Blicke töten könnten, hätte ich in den letzten Jahren keine Frankfurter Buchmesse überlebt.“
Nach Ende der Lesung hatten die Zuhörer noch Gelegenheit, ihre am Büchertisch der Buchhandlung Zaiser erworbenen Exemplare von „Schecks Bestsellerbibel“ signieren zu lassen.