Verwaist liegt er da – der große Schulhof der Zellerschule. Auch die Grundschüler müssen von zuhause aus lernen. Foto: Fritsch

Einrichtungen kommen im Lockdown zurecht, beklagen aber viele Probleme. Oft fehlt es an Endgeräten.

Die Grundschulen in Nagold setzen während des Lockdowns auf eine Mischung aus analogem und digitalem Fernunterricht. Es fehlen allerdings die dringend benötigten Endgeräte, auf die Lehrer und Schüler noch warten müssen.

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Nagold - Die Grundschulen in Baden-Württemberg bleiben weiter geschlossen. Aufgrund der Infektionszahlen sind frühestens im Februar Lockerungen zu erwarten. Die Nagolder Grundschulen setzen daher auf Fernunterricht, der mal mehr mal weniger digital erfolgt.

An den Grundschulen werden Lernpakete ausgegeben. Das Unterrichtsmaterial wird in der Schule abgeholt oder per Mail zugeschickt und von den Kindern dann zu Hause bearbeitet. Die Grundschulen in Vollmaringen, Emmingen, Hochdorf und Iselshausen, sowie die Lembergschule bieten zusätzlich noch digitale Lernhilfen, beispielsweise in Form von Lehrvideos oder Videokonferenzen an.

"Schreiben erlernt man durch differenzierte Strichführung mit dem Stift nicht durch einen Tastendruck", nennt Jochen Morlock, Leiter der Wiestalschule Emmingen als Beispiel, weshalb der Schwerpunkt des Fernunterrichts auf dem Übungsmaterial liegt. "Das ist auch gar nicht anders leistbar", meint Petra Brauer, Rektorin der Lembergschule. Das Problem: Es gebe zu viele Kinder, die gar keine Endgeräte zu Hause hätten. Vor allem bei den jüngeren bestehe zusätzlich das Problem, dass sie ohne Unterstützung der Eltern oft mit der Technik nicht zurechtkommen.

Bei der Zellerschule gibt es zusätzlich zu den Arbeitsmaterialien auch Unterricht in Form von Videokonferenzen. Dieser ist zwar an den regulären Stundenplan angelehnt, fällt aber kürzer aus, da Fächer wie Sport oder Musik ausfallen. Schulleiter Ulrich Schubert zufolge kommen die Kinder an der Zellerschule mit der Technik gut zurecht. Die Rückmeldung von den Eltern sei bisher gut.

Lehrer haben weiterhin alle Hände voll zu tun

Die Lehrer versuchen während der Schließung Kontakt zu halten und für Schüler und Eltern erreichbar zu sein, entweder per Telefon, E-Mail oder eben in Online-Videokonferenzen. Die Lehrkräfte haben daher auch weiterhin alle Hände voll zu tun. "Sie müssen die Notbetreuung stemmen, das Unterrichtsmaterial für die nächste Woche vorbereiten, das Material der vergangenen Woche korrigieren und auch noch Anfragen bearbeiten", erklärt Almut Sekulic, Schulleiterin der Grundschule Hochdorf und kommissarische Schulleiterin der Grundschule Iselshausen. "Das erfordert ein hohes Maß an Arbeitseinsatz und Flexibilität." Auch Brauer stellt klar: "Die Lehrer tauchen nicht einfach ab, nachdem montags das Unterrichtsmaterial ausgegeben wird."

Gerade der Kontakt mit den Lehrern ist für die Entwicklung der Grundschüler von entscheidender Bedeutung. Selbstständiges Lernen sei in dem Alter noch schwierig, sagt Irene Breitling, Rektorin der Grundschule Vollmaringen. "Die persönliche Zuwendung ist wichtig. Sie brauchen jemanden in der Nähe, der für sie da ist." Die Lehrer achten beispielsweise darauf, wie sich ein Kind verhält, wenn es montags vorbeikommt, um sein Lernpaket abzuholen. "Sie können sich noch nicht so gut verstellen. Man kann ihnen in die Augen sehen und erkennen, wie es ihnen geht", erzählt Breitling. Trotz all der Mühen, die sich die Grundschulen machen, die Eltern zu Hause sind besonders gefragt. "Die größte Herausforderung stellt der Lockdown wohl für die Eltern dar. Man mutet den Familien einiges zu", sagt Sekulic.

Besondere Aufmerksamkeit gilt den Kindern, die womöglich im Fernunterricht "abgehängt" werden. "Wir haben besonders die schwachen Kinder oder die Kinder aus schwierigen häuslichen Verhältnissen im Blick und versuchen gezielt, diese durch häufigere Kontaktaufnahmen zu erreichen", erklärt Morlock. Wenn es das Kindeswohl erfordere, beispielsweise, weil zu Hause die Bedingungen zur Teilnahme am Fernunterricht erschwert sind, können Schüler auch in die Notbetreuung, erklärt Schubert. An der Lembergschule befinden sich derzeit 44 von 213 Schülern in Notbetreuung. Und es werden jede Woche mehr, gerade weil mit zunehmender Dauer der Schulschließung immer mehr Kinder gefährdet sind "abgehängt" zu werden.

Schule ist allerdings mehr als Mathe- oder Deutschunterricht. In Zeiten von Corona fehlt auch das Miteinander. "Zwischenmenschliche und soziale Kontakte prägen nicht nur das Lernen maßgeblich sondern auch die Persönlichkeitsentwicklung, das Heranwachsen der Kinder", sagt Morlock. Generell könnte die Corona-Krise für die weitere Entwicklung der Kinder nicht ohne Auswirkungen bleiben. "Ich befürchte auch zunehmende psychische Folgen in einer Umgebung der Distanz, fehlenden Zuversicht, wankenden Sicherheit. Da hilft in den Arm nehmen, Mut machen, lachen und kreativ werden", sagt er. Allerdings kann die Schulschließung auch eine positive Folge haben, wie Sekulic erklärt: "Die Schüler freuen sich wieder, in die Schule kommen zu können. Sie merken, wie viel ihnen das wert ist. Das war bereits nach dem ersten Lockdown schon der Fall."

"Die meisten Eltern und Kinder ziehen mit"

Trotz der Schwierigkeiten funktioniere der Fernunterricht an den Nagolder Grundschulen, wie die befragten Schulleiter angeben. "Die meisten Eltern und Kinder ziehen mit. Die Lehrer sind motiviert. Den Umständen entsprechend, kann man schon sagen, dass es funktioniert. Es kann den Präsenzunterricht aber nicht ersetzen", so Petra Brauer.

Problematisch ist allerdings der Stand der Digitalisierung. So wird von einigen Schulleitern die schwächelnde Infrastruktur, wie fehlendes W-Lan oder schlechte Internetanbindung bemängelt. Alle Grundschulen warten zudem weiterhin auf die Endgeräte für Lehrer und Schüler. Wären diese frühzeitig angekommen, hätte man mit den Kindern die Bedienung vorher üben können, so Brauer. Leih-Tablets für Kinder, die zu Hause keins haben, gibt es noch nicht. "Da gibt es bundesweit Lieferengpässe. Es kann aber sein, dass die Geräte noch im Januar ankommen", sagt Schubert. Und Rektorin Sekulic meint dazu: "Wir sind soweit gut vorbereitet und unsere Lehrkräfte hatten bereits Schulungen. Wir warten eigentlich nur noch darauf, den nächsten Schritt machen zu können."