Philipp Teufel und Ellen Riedl sind in Nagold als Notärzte im Einsatz. Foto: Guimouza

Lebensretter Philipp Teufel und Ellen Riedl berichten von Höhen und Tiefen der Notfallmedizin.

Nagold - Wenn es hart auf hart kommt, kann jede Sekunde den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten. Zwei Notärzte erzählen, was es heißt, Retter in der Not zu sein.

Ein Fußgänger bricht unvermittelt auf der Straße zusammen. Der Schock ist groß und die 112 eilig gewählt. Binnen weniger Minuten ist der gerufene Rettungswagen zur Stelle. Die Ärzte legen den Patienten auf eine Trage, untersuchen ihn und leiten entsprechende Maßnahmen ein. Dann der Wiederbelebungsversuch. Noch einmal. Und noch einmal. Endlich gelingt es. Es ist ein wahres Glück, ein Wunder und ein Fall, wie es ihn tagtäglich geben kann.

Ellen Riedl wusste bereits mit neun Jahren, dass sie Ärztin werden wollte. Kaum war sie 18, ließ sie sich noch zu Schulzeiten während der Sommerferien zur Rettungssanitäterin ausbilden. So war es auch alles andere als abwegig, dass sie nach dem Abitur ein Medizinstudium einschlagen würde.

Für Philipp Teufel sah es ganz ähnlich aus. Auch er ließ sich schon früh zum Sanitäter ausbilden und absolvierte darüber hinaus ein soziales Jahr als Rettungssanitäter. Nach dem Studium starteten beide als Assistenz-Ärzte in der Abteilung für innere Medizin im Nagolder Krankenhaus. Dort konnten sie die zweijährige Erfahrung im klinischen Betrieb erwerben, die für den Beruf des Notarztes Grundvoraussetzung ist. Ebenfalls Bedingung ist das Begleiten von mindestens 50 Einsätzen und einschlägige Erfahrungen in Sachen Intubation. Abschließend erfolgt eine mündliche Prüfung bei der Ärztekammer, um den Werdegang zum Notarzt abzuschließen.

"Für diesen Beruf braucht man vor allem die charakterliche Voraussetzung"

Heute sind die beiden 35-jährigen voll ausgebildete Notärzte. "Für diesen Beruf braucht man vor allem die charakterliche Voraussetzung", sagt Teufel. Denn neben dem unbedingten Willen, Menschen helfen zu wollen, brauche man auch die entsprechende Portion Mumm, wenn es darum geht, mit Misserfolgen umzugehen. Wenn Philipp Teufel von Misserfolgen spricht, meint dieser nichts Geringeres als Fälle, in denen der Tod nicht mehr zu verhindern war.

"Oft trägt man das Erlebte schon noch einige Tage mit sich herum. In solchen Fällen ist es wichtig, sich mit anderen über das Erlebte auszutauschen", berichtet Teufel. "Gut ist, wenn Freunde und Familie hinter einem stehen. Aber vor allem der Austausch mit anderen Ärzten, die diese Erfahrung auch schon gemacht haben, ist das, was einem das Gefühl gibt, verstanden zu werden und die Kraft, weiter zu machen", ergänzt Riedl. Jedoch betont sie auch, dass man im Laufe der Zeit einen Grad der Professionalität erlangt, der es einem erlaubt, mit solchen Situationen etwas souveräner umzugehen.

"Und natürlich gibt es auch viele Erfolgserlebnisse", berichtet Riedl. "Jemanden wieder zurück ins Leben zu holen, ist auch nach mehrjähriger Berufserfahrung immer wieder ein besonderer Moment." Teufel erinnert sich an einen seiner Höhepunkte: "Im Winter musste ich einmal einen älteren Mann vom Traktor holen. Er klagte über starke Schmerzen in der Brust. Wie sich herausstellte, litt er unter einer Aorta-Dissektion, also einem geplatzten Blutgefäß in der Brust. Die Sterberate in solchen Fällen ist extrem hoch. Aber heute sehe ich ihn putzmunter, wenn er ab und zu zur Visite ins Krankenhaus kommt."

"Man muss eben auf alles gefasst sein"

Um den verschiedenen Situationen stets gewachsen zu sein, muss man als Notarzt ein Allrounder sein. "Es ist eine permanente Herausforderung, sich auf allen Gebieten der Medizin fit zu halten", erklärt Teufel. "Gerade bei Krankheitsbildern, die vielleicht nicht so häufig sind aber natürlich trotzdem vorkommen können. Man muss eben auf alles gefasst sein."

Um eine möglichst kurze Anfahrtszeit zu gewährleisten, befinden sich die Ärzte während ihres Bereitschaftsdienstes im Personalwohnheim und damit in unmittelbarer Nähe zum Krankenhaus. Werden sie alarmiert, steht der Rettungswagen bereits abfahrbereit vor der Tür. Denn wenn es um medizinische Notfälle geht, zählt jede Sekunde.

"Ich hatte schon Einsätze in Fabrikhallen und Gerichtssälen"

Auch Riedl ist sich des Anspruchs ihrer Tätigkeit voll bewusst. "Man weiß nie was passiert, muss schnell die richtigen Entscheidungen treffen können und ist vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Kollegen angewiesen", weiß sie aus Erfahrung.

Mit "Kollegen" meint die Ärztin jedoch nicht nur die weiteren Mediziner vor Ort, sondern auch Polizisten und Feuerwehrleute. Immer wieder sind die Ärzte froh, wenn ihnen die Feuerwehr mit einer Drehleiter oder einer Schleifkorbtrage zur Seite steht. Auch bei schweren Verkehrsunfällen ist eine optimale Hilfeleistung der Notfallärzte oft erst dann möglich, wenn die Feuerwehr den Verletzten zuvor aus dem Autowrack befreit hat.

Als besonderes Privileg empfindet es Riedl, durch ihre Arbeit Einblicke in Orte zu erhalten, die sie andernfalls wohl nie zu Gesicht bekommen hätte. "Ich hatte schon Einsätze in Fabrikhallen und Gerichtssälen. Wo wir hinkommen, ist nie aufgeräumt. Wir sehen die Orte, wie sie wirklich sind."