Begeisterte Fans feierten den WM-Sieg in Nagold auf dem Anker-Beach (großes Bild) und auf dem Busbahnhof (oben), in Bad Wildbad (Mitte) und in Calw beim Autokorso durch die Innenstadt. Foto: Priestersbach (2)/Ziegelbauer/Stocker Foto: Kraushaar/Priestersbach/Ziegelbauer/Stocker

Nach dem Triumph von Rio stehen Anhänger von Jogis WM-Helden im ganzen Kreis Calw Kopf – auch im Regen.

Kreis Calw - Ob am Anker Beach von Nagold, in der WM-Scheuer in Möttlingen oder in der proppenvollen Althengstetter Halle: Der deutsche WM-Sieg hat die Fans im Kreis Calw in der Nacht auf Montag in einen kollektiven Freudentaumel gestürzt. WM-Fieber total: Nagold stand Kopf nach dem deutschen Finalkrimi gegen Argentinien. In der Stadt wurde der vierte Stern ohne Ende gefeiert. Überall krachten Böller, schwarz-rot-goldene Fahnen wurden geschwungen. Immer wieder erklang ein "Oh wie ist das schön".

Mit richtigem Copacabana-Feeling wurde es allerdings auch beim Finale nichts in der Nagolder WM-Arena auf dem Anker Beach: Vor und während dem Endspiel zwischen Deutschland und Argentinien öffnete Petrus kräftig seine Schleusen und sorgte für Abkühlung. Doch das tat der guten Laune wahrlich keinen Abbruch.

Nach 113 Minuten des Bangens brandete ein Riesenjubel auf. Über der LED-Leinwand sorgte Pyrotechnik nach Rammstein-Manier für den passenden Effekt, als Mario Götze die deutsche Nationalmannschaft in den Fußballhimmel schoss. "Regen hin und her, das kann man in Öl nicht schöner malen", schwärmte Organisator Manuel Schittenhelm und war überzeugt: "Jeder, der hier dabei war, hat eine Erinnerung für sein ganzes Leben". Der Nagolder Stadtrat Daniel Steinrode bekannte, dass er während des Fußballkrimis kurz vor einem Herzinfarkt stand – "aber jetzt ist Feiern angesagt. Dieses Team hat den Titel wirklich verdient". Nach einer lautstarken Session auf dem Busbahnhof zogen die begeisterten deutschen Fans weiter in die Tunnel und feierten den vierten deutschen WM-Sieg bis spät in die Nacht.

Sorgen um den Regen mussten sich die Fans nicht machen, die in der fast schon zum Kult gewordenen WM-Scheuer in Bad Liebenzell-Möttlingen beim Final-Krimi mit Jogis Jungs fieberten und spätestens beim siegbringenden Tor die Scheuer in ein Fußballtollhaus verwandelten. Dabei zeigten die Fans auch Größe.

Als mit Miroslav Klose der WM-Rekord-Torjäger den Platz verließ, gab es vor den Bildschirmen Standing Ovations, als Jogi Löw das Sommermärchen 2006 mit Jürgen Klinsmann ansprach, Applaus für den Bäckersohn aus Stuttgart. Jetzt war Löw endgültig ein "Schwabe". "Des bissle Bade lässt sich ertraga", so ein Fan in der Möttlinger WM-Scheuer.

Heiko Oehlschläger freute sich jedenfalls riesig über den emotionalen, aber stets friedlichen Ablauf der WM. "Das ist jetzt unser erster WM- Stern", jubelte der WM-Scheuer-Betreiber vom Gasthaus Monbachtal, während viele Fans in weiser Voraussicht schon den vierten Stern mitgebracht hatten.

Mit dem Tor von Mario Götze in der 113. Minute und dem Schlusspfiff brach auch in Althengstett der Jubelsturm los. In und um die Festhalle lagen sich die begeisterten Fans in den Armen, verdrückten so manche Freudenträne und jubelten.

Zuvor hatten mehrere hundert Fans in der Halle die Partie auf Großbildleinwand verfolgt. Für Tische war da kein Platz mehr und auch die Empore musste herhalten. Im Kollektiv fieberten und zitterten sie mit der deutschen Mannschaft. Aktionen, Spielzüge und etliche Beinahe-Tore während der Begegnung wurden bejubelt. Dabei erklangen mitgebrachte Vuvuzelas, die vor vier Jahren die Fußballwelt eroberten. Schier unerträglich stieg die Anspannung von Minute zu Minute, ehe Götze den Siegtreffer erzielte.

Einige Fans verpassten dann ihren Autos den letzten Schliff, platzierten noch die eine oder andere zusätzliche Fahne und machten sich auf den Weg zum Korso nach Calw. Schnell gerieten sie dort in den Lindwurm, der sich per Stop and Go durch die Stadt zog. Freudengesänge, Jubelrufe und Hupkonzerte bestimmten die Atmosphäre. Zahlreiche Fans säumten den Straßenrand, schwangen Fahnen und tanzten.

Mittendrin zeigte die Polizei Präsenz, musste aber nicht wirklich eingreifen. "Es gibt keine besonderen Vorfälle, die Fans feiern ausgelassen", konnte Jörn Hinrichsen, Revierleiter der Polizei in Calw, rund eine halbe Stunde nach Mitternacht feststellen.