Theater: Uraufführung des Stückes "Sünde" streift vom Klimawandel bis zum Bruttosozialprodukt vieles
An drei Tagen zeigte die Theater-AG des Otto-Hahn-Gymnasiums Nagold ihre neueste Produktion. Es ging kreuz und quer durch drei Parallelwelten, die sich am Ende allesamt auslöschen. Die einzig überlebende Vernunft bleibt trauernd zurück.
Nagold. Das Theaterstück "Sünde" von Andreas Schäfer war ein unterhaltsamer und zugleich wilder Ritt durch die Welt und ihre Vielfalt. Vor allem handelte es von Verblendungen, falschen und richtigen Theorien sowie dem Verhalten von Menschen in besonderen Situationen.
Die Theater-AG TheARTig, die von Lehrer Andreas Schäfer geleitet wird, führte an drei Abenden am Wochenende das Stück auf.
Während die Zuschauer ihre Plätze einnehmen, fängt das Stück schon an: stumm und unbeweglich sitzen einige Personen am Bühnenrand, die Köpfe von Hirngespinsten umhüllt. Als sie sich von diesen befreien, rufen sie lauthals nach ihrem eigenen Weg.
Ein Narr und ein Mädchen begegnen sich
Auf der Hauptbühne leben Feen und liebende Menschen gemeinsam in einer idealen Welt, in der den ganzen Tag getanzt und gesungen wird.
Dort begegnen sich der Narr und das Mädchen. Beide bewundern zusammen das Buch, das der Narr (Tim Schneider) erfunden hat. Wie kann man klingende Wörter in so komische kleine Zeichen verwandeln?, fragt sich das Mädchen (Emilie Caupin) über den Sinn der "Staben des Buches". Der Narr liest einen Satz daraus vor: "Wende dich hin zur Schönheit des Hässlichen." Den Satz versteht er selbst nicht, wie er sagt.
Ein anderes, in grau gekleidetes Mädchen (Hannah Burckhardt) taucht auf. Sie sucht verzweifelt nach Gott und will schon aufgeben, als sie endlich ein Zeichen des Herrn bekommt, wie sie überzeugt ist. Sie findet das Buch, das der Narr achtlos liegen gelassen hat.
Dann taucht eine andere Parallelwelt auf, die der Wissenschaftler. Zu der gehören aber auch Politiker und Juristen. Sie versuchen im Stuhlkreis ein Problem zu lösen, das nicht benannt wird. Der Mathematiker im Kreis (Timon Seick) hat eine Statistik erstellt, in der die Anzahl der Sätze im Verhältnis zur Anzahl der Wörter grafisch "signifikant beeindruckend dargestellt" ist. In der Naturwelt fächert sich währenddessen eine Fee wegen des Klimawandels Luft zu. Jetzt wird eine neue Welt sichtbar, die Sektenwelt. Hier ist das gefundene Buch des Narren zum Heiligtum geworden, Ambrosia führt die Schar ihrer Jüngerinnen, die sich "Apfelier" nennen, mit geheimnisvollen Äußerungen.
In der Welt der Wissenschaft wird derweil ein Betrug ausgetüftelt, wie man das Volk dank des Wassermonopols am besten betrügt. Die Chemiker sollen Verunreinigungen im bisher üblichen Wasser feststellen. Dann erfinden sie Verschlüsse, die die Menschen kaufen müssen, um Wasser trinken zu können.
In der Sektenwelt wird es fanatisch, Ambrosia ruft zur Mission und schließlich zur Vernichtung aller Ungläubigen auf. In die Welt der Wissenschaft dringt ein Banker ein und wirbt für Zins: der Diebstahl erscheint als Sozialleistung. Rubinette (Lena Plötz) fängt in der Sektenwelt an, Fragen zu stellen, was ihr nicht bekommt. Sie zweifelt an der Vernichtung der Ungläubigen und wird dafür von den anderen beschimpft, sie sei ein Sklave ihres Ich.
Mittlerweile ist der neue Verschluss für die Wasserflasche vollbracht. Die Sekte der "Apfelier" versucht ihre missionarische Aufgabe bei den Wissenschaftlern, und die Chemikerin unter ihnen, ist nicht ganz abgeneigt.
Die Wissenschaftler kommen in die Naturwelt, um den Feen ihre Wasserflaschenverschlüsse aufzuschwatzen, was diese nur belustigt. Das wahre Glück lasse sich in Geld messen, werden sie belehrt. Und der Mediziner tut dies auch prompt bei den Feen, wobei zuerst der Wert des Bruttosozialprodukts der Naturwelt eingegeben wird. Diese ergab Null.
Der Crash der Welten endet im totalen Chaos
Der nächste Missionsversuch der "Apfelier" findet bei den Feen statt, die das Buch aber als das des Narren erkennen.
Die Feen werden übertölpelt mit einem gefälschten Vertrag und im Handumdrehen tragen sie Kleidung, in denen sie aussehen wie Maschinen. Sie werden gezwungen, die Flaschenverschlüsse zu produzieren und in diesem Bild ist der Humor, der das Theaterstück begleitet hatte, völlig verschwunden und der Zusammenprall der drei Welten endet in der Katastrophe – die Arbeiter liegen leblos auf der Bühne. Im letzten Bild sieht man Rubinette trauern.