Trotz der Altersunterschiede einen FFF und OFF der unbedingte Wunsch nach einem Kurswechsel in der Klimapolitik. Foto: Stähle Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Ulrich Mansfeld von der Ortsgruppe der "Oldies for Future" plädiert für nachhaltige Mobilität

Nagold. Ulrich Mansfeld gehört zu den wichtigsten Repräsentanten der Nagolder Ortsgruppe der "Oldies for Future". Was er sich von den Aktionen seiner Gruppierung verspricht, hat er uns in einem Interview verraten.

Guten Tag, Herr Mansfeld. Wie sind Sie heute hier her gekommen?

Mit dem Fahrrad. Genauer gesagt mit einem E-Bike, das mir sehr gute Dienste tut, da ich an einem bergigen Hang wohne und deswegen aufgrund meines Alters meine Muskelkraft etwas nachlässig ist. Deswegen benutze ich das E-Bike. Auch zum Einkaufen und um Besorgungen in der Stadt zu erledigen.

Seit wann schwören Sie denn schon aufs E-Bike?

Seit drei Jahren

Können Sie sich auch ein E-Auto vorstellen?

Ja

Was hat Sie bisher vom Kauf abgehalten?

Die im Moment noch nicht ausreichend entwickelte Infrastruktur des Ladesystems und die unausgereifte Reichweite.

Sind Sie in ihrer Jugend auch zum Demonstrieren auf die Straße gegangen?

Ja, klar. Auch ich hatte als junger Mensch meine "linke Phase". Gerade als junger Medizin-Student war es mir wichtig, meinen Anliegen Luft zu machen.

Um welche Anliegen geht es Ihnen bei der Protest-Aktion am Freitag?

Wir haben uns als Gruppe der "Oldies for Future" entschlossen, die Bewegung, die durch "Fridays for Future" ja schon seit Monaten im Gange ist, zu unterstützen, weil wir die Sinnhaftigkeit und die Effizienz dieses Unternehmens fördern wollen. Wir sind aufgeweckt worden durch die Fridays for Future, denn der Appell derjenigen richtet sich nicht nur an die Politik, sondern vor allem auch an die ältere Generation, der auch wir angehören. Daher fühlen wir uns verpflichtet, unsere Kinder und Enkel anzuhören und ihren Appell aufzunehmen und selber tätig zu werden, um das auszugleichen, was wir in den letzten Jahrzehnten versäumt haben.

Soviel zum Gedanken hinter der Aktion. Doch was muss am Freitag konkret passieren, damit Sie das Vorhaben als Erfolg verbuchen können?

Wir möchten Menschen aus möglichst allen Schichten dazu bewegen, sich unserer Aktion anzuschließen. Zwischen 11 und 12 werden wir im Kleb eine Veranstaltung abhalten, bei der Reden gehalten werden, Interviews gegeben werden und Musik dargeboten wird. Alles unter dem Aspekt der Klimakatastrophe und Fragen wie: Was kommt auf uns zu? Was haben wir alles verpasst zu tun, und was können wir in Zukunft alles tun? Das ist der Hintergrund. Unser besonderer Höhepunkt ist jedoch eine Aktion, durch die es um 12.30 Uhr zu einem Stillstand in Nagold kommen soll. Dazu werden mittags eigens die Kirchenglocken geläutet und der Betrieb in ganz vielen Geschäften – fast allen Einzelhandelsbetrieben der Innenstadt – für zwei Minuten eingestellt. Es wird also quasi die Zeit angehalten. Zudem planen wir, die Kunden mit Info-Blättern auf die Klimaproblematik aufmerksam zu machen. Nach dem Stillstand um halb 1 ist eine Versammlung im Kleb geplant. Wir hoffen dabei besonders auf Familien mit Kindern, denn am selben Tag ist auch Weltkindertag. Im Kleb werden dann verschiedene Veranstaltungen angeboten. Man kann beispielsweise kostenlos Stocherkahn oder Boot fahren. Man wird sich also zum friedlichen Austausch treffen, alles unter dem Aspekt der Abwehr der Klimakatastrophe. Außerdem haben wir uns entschlossen, an diesem Tag einen LindenBaum zu pflanzen. Dieser Akt um 14.30 Uhr an der Schiffsbrücke soll ein Symbol für Nachhaltigkeit sein.

Wieso keine Eiche?

Weil die bereits vorhandene Bepflanzung Linden vorsieht. Wir schließen damit eine Lücke in einer Reihe von Linden. Die Aktion ist mit der Parkverwaltung abgesprochen.

Nun möchten Sie ja mit Ihren Aktionen nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Handeln anregen. Was sind es für konkrete Handlungen, die sie von der Stadt Nagold fordern?

Wir fordern weniger von der Stadt als Verwaltung, sondern mehr von den einzelnen Bürgern. Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass die Politik sich im Kreise dreht. Es gibt zwar von Seiten der Obrigkeiten viele Aktionen, Klimakonferenzen, et cetera – wirklich wohl gemeinte Sachen. Diese sind letztlich doch wenig effektiv, denn unsere CO2-Belastung steigt trotzdem weiter an, was sich durch Temperaturanstieg und veränderte Wetterverhältnisse bemerkbar macht. Veränderung muss daher schon beim Einzelnen beginnen.

Was bedeutet das für Nagold?

Konkret für Nagold sind wir an drei Themen dran, die wir über die nächsten Monate angehen wollen. Das ist einmal die Müllvermeidung, zweitens Ernährung und drittens Mobilität. Und vor allem in Sachen Mobilität ist uns das Thema Radwegekonzeption in Nagold extrem wichtig. Sie sehen schon bei mir selber: Ich bin mit dem E-Bike unterwegs. Und gerade Nagold würde sich als E-Bike-Hochburg hervorragend anbieten. Durch die Höhenlage gibt es hier viele Menschen, die an Hängen wohnen. Und ich bin wohl nicht der einzige, dem das die Radnutzung erschwert. Hier schaffen E-Bikes einen willkommenen und nachhaltigen Ausgleich. Wenn man da die Infrastruktur verbessern würde, könnte man viel erreichen. Es gibt ein paar Stellen hier in der Stadt, die mit dem Fahrrad sehr schwierig zu bewältigen sind. Beispielsweise die Grafenwiesenstraße oder die Lange Straße. Wenn wir da nur endlich zu Potte kommen würden. Es ist planerisch schwierig – das gebe ich zu. Aber wir müssen uns Gedanken machen, wie wir von überflüssigen PKW-Fahrten wegkommen und wie wir Fahrrädern mehr Verwendung zukommen lassen können – egal ob elektrisiert oder nicht. Das Radwegenetz muss unbedingt optimiert werden. Dazu gehören natürlich auch Stellplätze oder Ladestationen für E-Bikes. Letztere sind jedoch zweitrangig. Das wichtigste sind ersteinmal die Radwege.

Haben Sie weitere Anliegen in der Pipeline? Wo besteht noch Handlungsbedarf?

Wir planen, uns künftig in Nagold für ein verpackungsfreies Einkaufen einzusetzen um Plastikmüll zu reduzieren.

Wie soll es weitergehen? Dürfen wir nun jeden Freitag OFF-Streiks erwarten?

Das sicher nicht. Wir planen nicht, die öffentliche Präsenz der jungen FFF-Aktivisten zu kapern. Wir sehen uns eher als unterstützende Kraft und werden die Vorhaben und Anliegen der jungen Generation weiter tatkräftig unterstützen.

Danke fürs Gespräch, Herr Mansfeld.

Bitte, sehr gerne.   Die Fragen stellte Noureddine Guimouza

Ab 10 Uhr trifft sich die Streik-Gesellschaft vor dem Nagolder Jugendzentrum Youz, von wo es gemeinsam zum Kleb geht. Hier folgen ab ca. 11 Uhr Reden, Gespräche und Musik. Ab 12.30 Uhr wird für zwei Minuten der Betrieb in Nagold still gelegt. Danach sind alle Interessierten zur Versammlung im Kleb eingeladen. Um 14.30 wird an der Schiffsbrücke feierlich ein Lindenbaum eingepflanzt.