Peter Schleicher improvisierte an der Stadtkirchenorgel zum Geschehen auf der Leinwand. Foto: OHG Foto: Schwarzwälder Bote

Meisterhaft: Orgelkino zum Stummfilm "The General" mit Peter Schleicher in der Stadtkirche

Kino einmal anders – das konnten die Besucher jetzt in der Stadtkirche mit einer Orgelimprovisation von Peter Schleicher zum Stummfilm "The General" von Buster Keaton erleben.

Nagold. Die 1926 gedrehte Filmkomödie von Buster Keaton spielt zur Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges und gilt als eine der teuersten Produktionen der Stummfilmgeschichte. Johnnie Gray, Lokomotivführer und Hauptprotagonist, versucht mit Hartnäckigkeit und unglaublichem Erfindungsreichtum sowohl seine von nordstaatlichen Spionen entführte Lokomotive als auch die Gunst seines Mädchens Annabelle Lee zurückzuerobern.

Schleicher erhält den ersten Orgelunterricht mit 13 Jahren

Überragend erfindungsreich zeigte sich auch Peter Schleicher auf der Orgel der Stadtkirche. Schleicher erhielt seinen ersten Orgelunterricht mit 13 Jahren. Es folgte ein Studium an der Musikhochschule Stuttgart, das er mit dem ersten Staatsexamen sowie dem Master in Orgelimprovisation und Kirchenmusik abschloss. Als mehrfacher Preisträger internationaler Wettbewerbe hat er sich schon in jungen Jahren einen Namen gemacht, Meisterkurse bei Houbart, Guillou, van Dijk und anderen runden seine Tätigkeit ab. Seit 2016 ist er Lehrbeauftragter für Improvisation und Orgelliteraturspiel an der Hochschule für Kirchenmusik in Rottenburg.

Seine Liebe zum Stummfilm entdeckte Schleicher schon während des Studiums. An Keatons "The General" reizte ihn vor allem die Kombination zwischen ernster Thematik und völlig überzogener Mimik/Gestik sowie die schauspielerische Leistung von Buster Keaton und die verrückten Stunts.

Meisterhaft gelang es Schleicher, die verschiedenen Handlungsstränge zu einem musikalisch-szenischen Gesamtkunstwerk zusammenzufassen. Kunstvoll gestaltete er die dramatische Rückentführung der Lokomotive mitten in den Wirren des Bürgerkriegs. Ein dramatischer Spannungsaufbau begleitet die stringente Verfolgungsjagd bis hin zum Höhepunkt: eine Lokomotive fährt über eine in Brand gesetzte Brücke und stürzt in die Tiefe. Marschierende Soldaten, laute Detonationen, unerwartete Wasserfluten – Schleicher war um kein Ausdrucksmittel verlegen. Expressiv und melancholisch gestaltete er dagegen das Liebesthema, karikierend und überzeichnend seine Musik bei der Darstellung des Krieges. Alles verstärkt durch sekundengenaue Überraschungseffekte, gezielt und wirkungsvoll eingesetzt.

Am Ende standen zwei Gewinner da: Johnnie Gray gelang es, seine Lokomotive und sein Mädchen zurückzubekommen, und Peter Schleicher erntete minutenlangen Applaus für sein bewegendes Meisterwerk der Stummfilmimprovisation.